GUTE UMGANGSFORMEN

So funktionieren die Basics!

Geht es Ihnen auch so, dass sie sich über manche Dinge oft und über eine lange Zeit unterschwellig ärgern und denken: „Das sollte ich unbedingt mal wieder in Ruhe schulen, wenn ich mehr Zeit habe“? Dafür sind die warmen Sommertage, an denen Sie Ihr American Quarter Horse nicht unbedingt schweißtreibend trainieren wollen, ideal. 

Vorweg: Die Toleranz, Dinge so zu akzeptieren, wie sie laufen, ist oft außerordentlich groß. Auch und vor allem, wenn es um unsere zuverlässigen AQHs geht.

Abläufe wie die Begrüßung des Pferdes, das Aufhalftern in der Box, Rausführen aus dem Stall, ruhiges Stehen beim Anbinden, Hufe auskratzen, Auftrensen oder Aufsteigen begegnen uns jeden Tag und sollten Routine sein. Es ist angenehm, wenn diese Dinge im Großen und Ganzen reibungslos klappen. So gelingt schon während der Vorbereitungszeit bis zum eigentlichen Reiten das Gefühl von Zusammenarbeit zwischen Mensch und Pferd. 

Oft sind es aber gerade diese Basics, die man gern – meist mangels Zeit – etwas schleifen lässt. Und täglich ärgert man sich doch ein winziges Bisschen, weil das Pferd angeblich mal wieder nicht mitarbeiten möchte oder keine Rücksicht darauf nimmt, dass man es heute eilig hat. Die Grundlage für eine negative Gedankenschleife ist geschaffen. Die Grundstimmung sinkt und man stellt sich im Laufe der gemeinsamen Pferdezeit auf ein dezentes Gegeneinander statt Miteinander ein.

Die Begrüßung

Wie es oft abläuft:

Ich komme in den Stall, nehme das Halfter, gehe in die Box. Meine Gedanken sind irgendwo zwischen dem, was ich davor getan habe und was ich noch erledigen sollte. Das Pferd beachtet mich nicht, frisst weiter. Schon kommen die ersten negativen Gedanken: Der/die hat heute wohl wieder keine Lust, das merk ich schon an seiner ignoranten Reaktion. 

Alles, was ab jetzt nicht läuft, wird auf die vermeintliche Unlust meines AQHs geschoben. Der gedankliche Kreislauf „Gegeneinander“ ist gestartet.

Wie es ablaufen könnte:

Ich komme in den Stall. Nehme mir vor, die Zeit, die ich habe, nur für mich und mein Pferd zu nutzen. An der Box warte ich, bis mein Pferd mich bemerkt (evtl. kurz rufen) und zu mir kommt. Pferde sind in der Regel neugierig. Es dauert meist nicht lange, bis sie kommen. Falls nicht, muss ich mir überlegen: Wie kann ich mich interessant machen? Klar zieht Futter fast immer. Anfangs kann das bei hartnäckigen Fällen auch ein guter Plan sein. Oft reicht es aus, sich diesen Moment zu nehmen, um sein Pferd bewusst zu begrüßen. Sich einen Eindruck zu machen, wie es ihm geht, ob etwas auffällt. Eine kleine Krauleinheit an der Lieblingsstelle wird ihm positiv im Gedächtnis bleiben für die nächste Begrüßung. Es ist eine Routine, die mich selbst auch zur Ruhe bringt. Diese paar Minuten sind ein guter Start und die Pferde genießen unsere Aufmerksamkeit. Sie spüren, ob wir präsent sind.

Das Aufhalftern

Wie es oft abläuft:

Das Halfter wird achtlos über den Kopf gezogen. Das Pferd hält dabei nicht still, nimmt den Kopf hoch oder lässt nicht vom Futter ab. Es braucht mehrere Versuche, das Halfter anzuziehen und zu schließen, was unterm Strich wieder Zeit kostet und nervt.

Wie es ablaufen könnte: 

Ich stelle mich links neben mein Pferd – das im besten Fall nach der Begrüßung schon freiwillig bei mir steht. Das Halfter sollte vorbereitet, nicht verdreht oder falsch herum sein. Den Strick lege ich über den Pferdehals. So kann das Pferd – falls es weglaufen möchte – gehalten werden. Den Kopf des Pferdes durch einen leichten Impuls mit der Hand am Genick absenken lassen und schon kann ich das Halfter problemlos überstreifen. Eine Methode, die für Pferd und Mensch sehr angenehm ist.

Das Absenken des Kopfes wird erst mit Halfter trainiert. Ich lege meine Hand, die näher am Pferd ist, auf das Pferdegenick und wirke mit leichten Impulsen nach unten ein. Senkt das Pferd nur minimal den Kopf ab, lässt es in der Muskulatur los, belohne ich sofort diese erste Reaktion, indem ich den Impuls aussetze. Das wiederhole ich, bis es mehr und mehr in die Entspannung geht und den Kopf immer weiter nach unten absenkt. Reagiert das Pferd nicht, setze ich am Strick leichte Impulse nach unten oder ich bewege den Kopf am Halfter leicht nach rechts und links, bis wieder eine Entspannungsreaktion kommt. Hat das Pferd den Ablauf verstanden, kann das vor dem Aufhalftern genutzt werden. Nach einiger Zeit schlüpft das Pferd schon selbst mit der Nase ins Halfter, wenn man es ihm hinhält. 

Das Rausführen  aus dem Stall

Wie es oft abläuft:

Das Pferd drängelt aus der Box, ich werde zur Seite geschoben, nicht beachtet. Es reagiert mäßig auf meine Impulse am Strick. Nimmt seine Nase an alle Futterdosen, Decken oder sonstige Dinge, die auf dem Weg zum Anbindeplatz stehen.

Wie es ablaufen könnte:

Ist das Pferd aufgehalftert, brauche ich – wie immer – erst seine Aufmerksamkeit. Ich achte darauf, dass es ruhig neben mir steht. Drängelt es, schicke ich es so lange zurück, bis es ruhig neben mir steht und mich beachtet. Dann führe ich es aus der Box, indem ich voraus gehe. Je nach Pferd halte ich anfangs den Strick relativ kurz, damit ich schnell und direkt einwirken kann, wenn es Ablenkung findet. Ich stoppe zwischendurch und achte darauf, dass mich das Pferd beachtet. Läuft es auf, schicke ich es wieder zurück und pausiere kurz.

Das Anbinden

Wie es oft abläuft:

Das Pferd steht angebunden, ist ungeduldig, läuft hin und her. Ich korrigiere es ständig. Ich rege mich auf, das Pferd ist genervt. Stehenbleiben tut es trotzdem nicht.

Wie es ablaufen könnte:

Wenn ein Platz zum Anbinden vorhanden ist, an dem sich das Pferd nicht verletzen kann oder andere Pferde behindert, wird es dort für eine gewisse Zeit alleine angebunden. Wichtig ist, dass es nicht zu lang angebunden ist oder sich der Strick lang ziehen kann. Man schenkt ihm keine Beachtung bzw. beobachtet es im besten Fall so, dass es einen nicht bemerkt. Je nach Pferd – das kann schon mal eine Stunde dauern – wird es irgendwann bemerken, dass es gegen sich selbst arbeitet. Ist es unruhig und läuft, bekommt es Druck am Halfter. Steht es still, ist kein Druck am Halfter. Es erzieht sich somit selbst, ohne unsere Beteiligung. Steht es längere Zeit ruhig, gehe ich hin, lobe es und bringe es in den Stall oder auf die Koppel. Diesen Ablauf so lange wiederholen, bis das Pferd es akzeptiert, ruhig zu stehen. Ein Lerneffekt ist nur gegeben, wenn man selbst durchhält und wirklich wartet, bis es ruhig wird und steht. 

Dieses Training lohnt sich. Ein ruhig stehendes Pferd ist nicht nur täglich beim Putzen und Satteln eine Wohltat, sondern auch, wenn Termine wie Hufschmied, Tierarzt, Osteopathen anstehen oder das Pferd transportiert werden sollte. Wichtig: Diese Übung eignet sich nur für Pferde, die prinzipiell das Anbinden kennen und nicht für junge Pferde, die noch nie angebunden waren!

Das Auftrensen

Wie es oft abläuft:

Ich komme mit der Trense, nehme das Stallhalfter ab und mein Pferd versucht wegzulaufen. Ich muss es halten und versuche, in dieser Unruhe aufzutrensen, aber der Kopf geht hoch usw.

Wie es ablaufen könnte:

Ich nehme das Stallhalfter runter, indem ich den Kopf des Pferdes absenke (s. o.). Die Zügel meiner Trense habe ich davor schon so über den Pferdehals gelegt, dass ich im Fall eines Loslaufens das Pferd damit halten kann. Bei jedem Auftrensen sollte auf das Stehenbleiben, nachdem das Halfter abgenommen wird, Wert gelegt werden. Meine rechte Hand lege ich auf den abgesenkten Kopf zwischen die Pferdeohren und halte die Trense am Genickstück fest. Meine linke Hand liegt unter dem Gebiss, dass ich ans Pferdemaul führe. Mit dem Daumen der linken Hand greife ich – wenn nötig – vorsichtig ins Pferdemaul und drücke etwas nach unten auf die Laden (der zahnlose Teil im Pferdemaul), bis das Pferd sein Maul öffnet und ich das Gebiss einlegen kann. Gleichzeitig geht die rechte Hand etwas hoch und ich lege das Genickstück vorsichtig hinter die Pferdeohren.

Das Satteln

Wie es oft abläuft:

Das Pad wird aufgelegt, anschließend folgt unsanft der Sattel. Der Sattelgurt wird festgezogen, soweit es geht. Das Pferd läuft dabei unruhig hin und her, beißt in die Anbindestange, legt die Ohren an o. ä.

Unschöne Reaktionen beim Satteln?

Ihr Pferd wird zappelig, wenn es den Sattel sieht und/oder zeigt Auffälligkeiten beim Gurten, es beißt zum Beispiel in den Strick, die Anbindestange, in Richtung Gurtlage? Dies muss nicht unbedingt und immer Unwille sein, sondern kann auf ein echtes Problem, nämlich Gurtzwang hinweisen. Dafür gibt es verschiedenen Ursachen, die in einem ausführlichen Beitrag der Juniausgabe des QHJ erläutert wurden! 

Wenn das Pferd sich verspannt oder sonstigen Unwillen schon beim Auflegen des Sattels zeigt, sollte die Passform des Sattels überprüft werden!

Wie es ablaufen könnte:

Die Unterseite des Pads mit der Handfläche auf spitze Gegenstände kontrollieren. Pad so weit vorne auf den Pferderücken legen, dass es nachher mit dem Sattel zusammen in Fellrichtung etwas nach hinten gezogen werden kann. Läuft das Pferd hin und her, diesen Vorgang so oft wiederholen, bis es stehenbleibt. Danach den Sattel vorsichtig auflegen – auch unser Pferd mag es, wenn wir achtsam mit ihm umgehen! Sollte es wieder hin- und herlaufen, ebenfalls den Sattel ein paar Mal auflegen und wieder abnehmen, bis es stehen bleibt.

Das Pad sollte gleichmäßig unter dem Sattel liegen. Den Gurt ebenfalls vor dem Anlegen mit der Hand abfahren und auf spitze Gegenstände kontrollieren. Generell sollte der Gurt anfangs nicht zu fest gezogen werden. Beim Schließen des Gurtes kann auf die Atmung des Pferdes geachtet werden. Es ist angenehmer für das Pferd, den Gurt zu schließen, wenn es ausatmet.

Sorgfalt macht das Leben leichter

Sorgfalt bei den täglichen Handgriffen ist kein größerer Zeitaufwand, sondern achtsamer Umgang mit unserem Pferd.

Es gibt noch viele weitere Beispiele, die mit Geduld geschult werden sollten, weil sie für das Pferd nicht selbstverständlich sind.

Deshalb: Nutzen Sie die Gelegenheit und werfen Sie einen Blick auf die täglichen Routineabläufe. Investieren Sie immer wieder Zeit in die Dinge, die momentan nicht so reibungslos klappen. Seien Sie kreativ, sammeln Sie Ideen, tauschen Sie sich mit Stallkollegen aus, überlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie ihrem Pferd vermitteln können, was Sie von ihm erwarten. Dann macht der Alltag mit unseren AQHs noch mehr Spaß! 

Text: Gabi Kelch, Foto: J. Graf