Abschwitzen – Wie geht das eigentlich?

Wer kennt das nicht: Obwohl es draußen kalt ist, dampfen vor allem dickpelzige Pferde. Schon nach einigen Runden Training sind sie häufig nass geschwitzt. Wie kann man übermäßiges Schwitzen vermeiden und was hilft effektiv beim Abschwitzen?

Mit Abschwitzen wird das Abkühlen des Pferdes im Anschluss an eine anstrengende Tätigkeit bezeichnet. In der Regel schwitzen Pferde zuerst am Hals, zwischen den Hinterbacken und in der Sattel- bzw. Gurtlage.
Wenn das Pferd schwitzt, benetzt Feuchtigkeit die Hautoberfläche, um Verdunstungskälte entstehen zu lassen und den Körper damit wieder abzukühlen. Dabei werden etwa 85 Prozent der Wärme durch die Verdunstung abgegeben. Im Sommer ist Schwitzen zur Kühlung also durchaus sinnvoll. Im Winter können Abschwitzen und Trocknen des dicken Fells aber mehrere Stunden dauern und die Pferde unter ihre Kerntemperatur fallen. Durch diese Störung der Thermoregulation werden die Abwehrkräfte geschwächt, sodass Erkältungserreger leichtes Spiel haben. In zugigen Ställen drohen zudem Muskelverspannungen.

Schweißbildung begrenzen & Abschwitzen erleichtern

Instinktiv bewegen sich Pferde mit Winterfell weniger und langsamer, um nicht ins Schwitzen zu kommen. Möchte man sein Pferd aber auch im Winter intensiv trainieren, sollte man eine Schur erwägen, um gesundheitliche Risiken durch übermäßiges Schwitzen wie Unterkühlung und Muskelkrämpfe beim Abschwitzen sowie Kreislaufprobleme während des Trainings zu vermeiden. Nachteil: Durch das Scheren wird die natürliche Schutzfunktion des Fells reduziert. Konsequenz: Alles, was über einen Streifenschnitt hinausgeht, muss durch konsequentes Eindecken kompensiert werden.
Um die Schweißbildung grundsätzlich einzuschränken, sollten das Pferd besser mehrmals die Woche moderat gearbeitet werden, anstatt ein- bis zweimal eine lange Trainingseinheit zu fordern. Auch mentaler Stress wirkt sich auf die Schweißproduktion aus. Vermieden werden sollte deshalb, dass sich das Pferd beim Training verspannt und so schneller ins Schwitzen kommt. Auch das lange Ausführen einer Übung ist ungünstig, wenn diese das Pferd geistig sehr fordert. Prinzipiell gilt es, das Training so aufzubauen, dass schweißtreibende Lektionen nicht am Ende stehen: Empfohlen wird anfangs eine Schrittphase mit Gymnastik, um das Pferd zu lösen, dasselbe im Trab, anschließend Galopparbeit gefolgt von ruhiger Trabarbeit und schließlich lockeres Schrittreiten. Die Schrittphase sollte eingeleitet werden, bevor das Pferd wirklich ins Schwitzen kommt. Weil man unterm Winterfell Schweißbildung meist erst bemerkt, wenn es zu spät ist, sollte man zwischendurch immer wieder anhalten und ins Fell greifen. Fühlt sich die Haut feucht an, sollte eine Schrittpause eingebaut werden.
Das ausgiebige Trockenreiten am langen Zügel zum Schluss ist eine bewährte Methode, das Abschwitzen zu unterstützen. Das Pferd weiß dann, dass das Training zu Ende ist und kann sich körperlich wie mental entspannen. Für ein effektives Abschwitzen im Winter empfiehlt es sich, das Pferd mindestens 15 Minuten trocken zu reiten. Ideal ist es, wenn sich das Pferd nach dem Training ausgiebig wälzen kann. Das Material, das im Fell hängenbleibt, saugt die Feuchtigkeit zumindest teilweise auf und kann danach einfach ausgebürstet werden. Eine andere sehr bewährte Methode ist das Abreiben mit Stroh oder einem Frotteehandtuch, das nicht nur Feuchtigkeit aufnimmt, sondern auch die Durchblutung fördert. Meist reichen diese Maßnahmen aber nicht für eine vollständige Felltrocknung aus, sodass weitere Hilfsmittel zum Einsatz kommen.

Abschwitzdecken

Durch die anschließende Verwendung einer Abschwitzdecke trocknet das noch feuchte Fell schneller, sodass ein zu starkes Auskühlen der Muskulatur vermieden wird. Doch was zeichnet eine gute Abschwitzdecke aus? Ausschlaggebend für einen zügigen Trocknungsvorgang ist das eingesetzte Material der Abschwitzdecke. Dies sollte einen schnellen Feuchtigkeitstransport ermöglichen, d. h. die Nässe aus dem Fell rasch nach außen leiten. Die Feuchtigkeit wird an die Oberfläche der Decke befördert, um dort zu verdampfen. Bei vielen Materialien ist dies daran zu erkennen, dass sich an der Oberfläche des Außenmaterials kleine Tropfen bilden. Um das Abschwitzen zu beschleunigen, gibt es einen einfachen Trick: Vor dem Eindecken das feuchte Fell mit einem Striegel durchbürsten. Dadurch werden verklebte Haare gelöst und die Feuchtigkeit kann besser nach außen geleitet werden. Abschwitzdecken aus dünnem Vliesmaterial transportieren zwar die Feuchtigkeit schnell aus dem Fell, bewahren aber die Muskulatur nicht vor einem zu schnellen Auskühlen. Hier kann man sich mit einer zusätzlichen Lage Stroh unter der Decke behelfen. Besser ist es aber, gleich eine Abschwitzdecke zu verwenden, die entweder aus einem dickeren Vliesmaterial besteht oder aus einem doppellagigen Material-Mix hergestellt ist. Viele Pferde schwitzen auch im Halsbereich sehr stark. Hier empfiehlt sich auf jeden Fall eine Abschwitzdecke mit einem ausreichend großen Halsteil, um die Halsmuskulatur vor Verspannungen zu schützen.
Wer sein Pferd nach dem Reiten sofort wieder nach draußen lassen möchte, weil es im Offenstall oder in einer Paddockbox gehalten wird, darf jedoch keine üblichen Abschwitzdecken verwenden. Bei Regen oder Schnee saugen sich diese Decken binnen kürzester Zeit mit Nässe voll, sodass der Feuchtigkeitstransport von innen nach außen nicht mehr funktionieren kann. Für derartige Einsätze bietet der Markt spezielle wasserdichte Abschwitzdecken, die auch als Regendecken mit Abschwitzfunktion bezeichnet werden. Wichtig: beim Kauf unbedingt auf eine hohe Atmungsaktivität des Außenmaterials achten.

Solarien & Heizstrahler

Eine komfortable Lösung ist das Solarium. Unter dem Infrarot-A-Licht wird das Pferd nicht nur besonders gut und schnell trocken, sondern entspannt sich auch wunderbar. Wärme regt die Durchblutung an, lockert verkrampfte Muskeln und beugt Muskelkater vor. Allerdings sind Pferdesolarien nicht billig und kosten je nach Ausführung und Ausstattung zwischen 1.000 und 6.000 Euro. Eine preiswerte Alternative ist ein Minisolarium für unter 300 Euro in Form eines geeigneten Heizstrahlers. Solche Geräte erwärmen z. B. eine Fläche von etwa 16 Quadratmetern und verbrauchen laut Hersteller circa 4 Cent pro Stunde. Heizstrahler, die von allen Seiten strahlwassergeschützt sind, können auch in Feuchträumen und im Außenbereich genutzt werden.
Solarium noch Heizstrahler müssen korrekt eingestellt werden, mahnen Tierärzte, sonst kann es dem Pferd beispielsweise schnell zu heiß und unangenehm werden. Deshalb sollte man stets den Mindestabstand beachten, den der Hersteller angibt. Meistens liegt der zwischen 60 und 80 Zentimetern. Die Dauer der Anwendung sollte zwischen zehn und 20 Minuten liegen. Um eine optimale Wirkung zu erreichen, müssen sich die behandelten Areale um mindestens fünf Grad erwärmen. Aber Vorsicht! Erwärmungen um mehr als zwölf Grad sind hingegen für das Pferd bereits schmerzhaft.
Angenehm aufgeheizt sollte man das Pferd aber keinesfalls ungeschützt Niederschlägen, Kälte oder Zugluft aussetzen. Hier gilt: immer noch eine Zeitlang eindecken, damit die Wärme allmählich entweicht und die Muskeln langsam abkühlen. Gerade im Winter kann die Thermoregulation des Pferdes durch eine Wärmebehandlung durcheinander geraten.
Außerdem wichtig: nach Entfernen der Decke das Fell nochmal aufbürsten, sodass sich die Haare wieder aufstellen können und sich eine isolierende Luftschicht bilden kann.

Text: Birgit van Damsen, Foto: Adrian Bozai