Gesunde Hufe

Alles für die Füße – so bleiben Hufe belastbar

Unsere American Quarter Horses brauchen eine stabile, zuverlässige Basis, um ihre vielen einzigartigen Fähigkeiten und Talente voll ausspielen zu können. Ihre Hufe sind deshalb von großer Bedeutung. Die Sorge darum teilt man sich mit Profis: Während die eigentliche Hufversorgung von klassischen Hufschmieden oder einem Vertreter der vielen alternativen Richtungen übernommen wird, ist die tägliche Pflege und alles, was sonst noch dazu gehört, Aufgabe des Besitzers und/oder Reiters. Ein gutes Zusammenspiel aller Beteiligten, ein sinnvolles Ineinandergreifen aller Facetten bringt gesunde, belastbare Hufe hervor.

Im umgekehrten Falle aber können Mängel im Hufmanagement, ebenso aber auch diverse Gesundheitsstörungen die Hufgesundheit ernsthaft in Frage stellen.

Hufe gesund erhalten – mit ganzheitlicher Sichtweise
Richten Sie Ihr Augenmerk auf die Faktoren, die wohl am wichtigsten sind:
• Erhalt des Hufmechanismus,
• Fütterung,
• korrekte tägliche Hufpflege,
• professionelle Hufversorgung mit besonderem Augenmerk auf dem
• Erhalt eines Gleichgewichts zwischen Abrieb und Neu-
bildung und immer auch die
• Vermeidung erwiesen schädlicher Einwirkungen.

Dabei ist sich der Pferdefreund bewusst, dass seine Aufmerksamkeit gleichermaßen allen Aspekten gelten muss, durch die sich die Hufgesundheit positiv beeinflussen lässt. Sie bedingen sich auf vielfältige Weise gegenseitig und müssen individuell zum passenden Gesamtpaket zusammengestellt werden. Grundlage sind die beiden Faktoren, durch die der Huf als Ganzes gut versorgt wird, was wiederum die Bildung von belastbarem, gesundem Hufhorn erst ermöglicht: Hufmechanismus und Fütterung.

Hufmechanismus und Fütterung
Der Pferdehuf hat zahlreiche Aufgaben zu erfüllen: Er ist Last-Träger, Stoßdämpfer und Impuls-Überträger, übernimmt aber auch weniger offensichtliche Funktionen als Wahrnehmungsorgan oder als Mini-Pumpe im Blutkreislauf. Dies alles und mehr erfordert eine gewissen Flexibilität: Die Hornkapsel ist dehnbar, kann sich unter Druck spreizen – oder vielmehr, gespreizt werden – und passiv wieder zusammenziehen.
Unter dem Hufmechanismus versteht man Bewegungen der Hornkapsel im Rhythmus von Be- und Entlastung (Auf- und Abfußen). Dies wird ermöglicht durch geschickt kombinierte anatomische Strukturen: Die Hufwand umschließt den Huf nicht vollständig, sondern ist im hinteren Bereich offen. An der Hufunterseite befinden sich Sohle und Strahl, Strukturen, die nur mittelbar Kontakt zur Hufwand haben. In der Abfolge von Belastung und Entlastung kommt es jetzt zu einer ganzen Reihe von unterschiedlich deutlichen Formveränderungen in Teilen des Hufes. Besonders eindrücklich ist dabei wohl die Weitung im Bereich der Trachten – wobei nach wie vor sowohl das genaue Ausmaß als auch die verschiedenen Auswirkungen des Hufmechanismus lebhaft diskutiert werden.
Die Verformbarkeit der Hornkapsel hat zwei Hauptaufgaben: Zum einen wird so ein Teil der auftreffenden Bewegungsenergie umgewandelt – die Hornkapsel wirkt also wie ein kleiner Stoßdämpfer, was den restlichen Trageapparat entlastet. Außerdem wird durch die rhythmische Verformung wohl auch der Rückfluss des Bluts aus dem Hufbereich unterstützt. Wir wissen, dass selbst eine nur teilweise Fixierung – etwa durch die Hufnägel beim klassischen Beschlag – diese Eigenschaft des gesunden Hufs beeinflusst und/oder beeinträchtigt wird. Eine wichtige Aufgabe der Hufversorgung – sowohl der professionellen Hufbearbeitung samt Nutzung eines Hufschutzes als auch der täglichen Pflege – muss deshalb sein, den Hufmechanismus in seiner physiologischen Funktion angemessen zu erhalten. Positiv wirkt sich außerdem aus, wenn das Pferd auf unterschiedlichem Geläuf unterwegs sein kann, wobei der Hufmechanismus vor allem bei härterem Geläuf und auf strukturiertem Boden besonders ausgeprägt arbeitet.
Während ein wie geschmiert arbeitender Hufmechanismus (auch) für eine gute Durchblutung des Hufes sorgt, hat die Fütterung die Aufgabe, alle für die Hornbildung benötigten Stoffe bereitzustellen. Nur zusammen können diese beiden Faktoren dann einen fortwährenden Nachschub an gesundem Hufhorn gewährleisten.
Im Idealfall ist davon auszugehen, dass ein Pferd über seine Ration alle Stoffe erhält, die für die Bildung von ausreichend gesundem, kräftigem Hufhorn gebraucht wird. Bei in Qualität und Quantität suboptimalem Hufhorn kann die Beifütterung entsprechender Zusatzfuttermittel helfen. Sie wird dann innerhalb weniger Wochen Wirkung zeigen, wenn tatsächlich ein Defizit vorliegt. Falls die Ursachen der Probleme woanders zu suchen sind, wird eine solche Beifütterung hingegen wirkungslos bleiben. Geeignete Zusatzfuttermittel für Pferde enthalten meist diverse Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren,
alleine oder in unterschiedlichen Kombinationen.

Empfohlen werden vor allem
• Biotin, auch Vitamin H genannt,
• Provitamin A,
• Zink,
• Magnesium sowie
• schwefelhaltige Aminosäuren.

Auch indirekt beeinflusst die Fütterung den Huf, seine Form und Robustheit: Bei übergewichtigen Pferden etwa ist durch das unangemessen hohe Gewicht auch im Ruhezustand der Druck auf die Hornkapsel dauerhaft so groß, dass es zu Störungen der Hufgesundheit kommt.

Optimale Hufversorgung
In der Hufversorgung ergänzen sich die professionelle Arbeit von Hufschmied und Co und die tägliche Pflege durch den Pferdehalter. Klassische Hufschmiede sowie ihre auf alternative Formen der Hufversorgung spezialisierten Kollegen – nicht selten aber sind auch ausgebildete Hufschmiede heute mehrfach qualifiziert – sorgen dafür, dass die Hufform fall-weise immer wieder angepasst und je nach Belastung eine geeignete Form des Hufschutzes verwendet wird. Wo sich Probleme auftun, wird der Hufschmied gegensteuern – etwa durch einen orthopädischen Beschlag. Generell wird jedes Pferd in Abständen von sechs bis acht Wochen dem Spezialisten in Sachen Huf vorgestellt. Einen wichtigen Teil der Gesunderhaltung des Hufes gibt der Pferdehalter also in professionelle Hände, doch viel kann auch selbst getan werden.
Die wichtigste Maßnahme: das obligatorische Auskratzen der Hufe vor und nach der Arbeit, vor und nach dem Weidegang. Es dient der Kontrolle der Hufgesundheit und soll(potentiell) störende oder schädigende Anhaftungen im Bereich der Sohle entfernen. Mist, in der seitlichen Strahlfurche verkeiltes Holz oder Steine, in die Weiße Linie eingetretene Steinchen können so zeitnah entfernt werden.

Hufpflege von außen
Zusätzlich werden häufig diverse Mittel auf die Hornkapsel aufgetragen, teils aus eher kosmetischen Gründen, teils aber auch zur Verbesserung der Hornqualität. An erster Stelle: Fette und Öle. Sie wirken wie eine Wasserbarriere, können sowohl das Hufhorn vor dem Eindringen von zu viel Wasser schützen als auch Wasserverluste aus dem Horn in die Umgebung begrenzen. Mit wohlüberlegter Anwendung – und unter Ausschluss von jedweden Fäulnisprozessen am Huf – lassen sich so Hufe sowohl vor ungünstigen Wassergehalten im Horn als auch vor einem ungut intensiven Wechsel von trocken zu nass schützen. So kann es sinnvoll sein, übermäßig trockenem und damit sehr starrem Horn zunächst durch Wässern – wohlgemerkt: nicht kurzes Abspritzen – gezielt Feuchtigkeit zuzuführen und durch anschließendes Fetten das Wasser dann auch länger im Horn zu halten.
Öle hingegen werden meist im Bereich des Kronrands aufgetragen, sollen die Durchblutung anregen und damit das Hornwachstum beschleunigen. Die Anwendung von Hufteer war früher weit verbreitet, wird heute aber eher kritisch gesehen. Hufteer schirmt den Huf zwar nach außen ab und kann so auch schädliche Stoffe fernhalten, gleichzeitig aber versiegelt er den Huf, sodass darunter befindliche Keime oder chemische Stoffe am Horn, in den Strahlfurchen oder in winzigen Rissen verbleiben und Schaden anrichten können. Huffestiger sollen, auf Abriebflächen aufgetragen, durch Verbesserung der Bindungen zwischen den im Horn eingebauten Keratinmolekülen das Horn stabilisieren und unempfindlicher gegen Abrieb machen. Sie werden für Barhufpferde sowie für Pferde mit temporärem Hufschutz (Hufschuhe) empfohlen.

Balanceakt Hufbearbeitung
Für den professionellen Hufversorger ist die Balance von Hornwachstum zu Hornverlust Maßstab und Auftrag der Arbeit am Huf. Im Idealfall halten sich Abrieb und Neubildung die Waage oder übersteigt die Produktion das Ausmaß des Verlustes an Hornsubstanz. Dann nämlich verfügt das Pferd immer über eine ausreichend dicke und feste „Sohle“ und zudem über genügend Material zur Korrektur oder zum Anbringen eines dauerhaften Hufschutzes.
Das Gleichgewicht zwischen Neubildung und Verlust wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, etwa dem Untergrund im Stall, aber auch dem Geläuf des Trainingsgeländes, der Art der Hufversorgung, der angelegten und aktuellen Hufform, der Fütterung. Dabei spielt auch der Hufmechanismus eine Rolle.
Neben der Korrektur der Hufform gilt die Aufmerksamkeit also dem Hufhorn, das insbesondere im Bereich von Tragrand, Sohle und Strahl ausreichende Qualität und Quantität aufweisen muss. Übersteigt der Verlust die Neubildung, muss der Abrieb eingedämmt werden. Dazu stehen dem professionellen Hufversorger heute viele Produkte zur Verfügung, so dass sich für jedes Pferd der passende Hufschutz finden lässt. Klassische Beschläge lassen sich durch polsternde oder dämpfende Einlagen nachrüsten, alternativer Permanentschutz steht in unterschiedlichen Formen und Werkstoffen zur Verfügung und vor allem Hufschuhe punkten für Ausritte, wenn das Pferd auf eher weichem, abriebarmem Untergrund aufgestallt ist und im Training nicht mit starker Belastung der Trittfläche zu rechnen ist. Bei der Wahl des passenden Hufschutzes ist eine gute Beratung essentiell, wobei der Hufprofi aus einer möglichst großen Produktpalette wählen können sollte.

Störungen der Hufgesundheit
Neben angeborenen oder erworbenen Fehlstellungen belasten unsere Pferde bestimmte Störungen im Bereich des Hufes besonders häufig: Da ist zum einen die Hufrehe, eine durch sehr unterschiedliche Grunderkrankungen verursachte akute Entzündung der Huflederhaut. Nicht selten wird sie fütterungsbedingt ausgelöst, vor allem im Zusammenhang mit Weidegang auf fruktanbelastetem Aufwuchs. Auch bei bestimmten Grunderkrankungen, bei Nachgeburtsverhaltung oder bei Überbelastung kann sie auftreten. Andere Störungen haben mechanische Ursachen, etwa durch Einspießung von Fremdkörpern in die Hufsohle. Besonders häufig kommen zudem Steingallen vor, Prellungen der Huflederhaut infolge Auffußens auf einen harten Gegenstand, etwa einen spitzen Stein. Sie führen oft zu Einblutungen, die durch die Druckerhöhung sehr schmerzhaft sein können. Hufabszesse/Hufgeschwüre sind ebenfalls häufige Ursache teils schwerer Lahmheiten. Ein weiteres verbreitetes Problem ist die White Line Disease, eine durch Bakterien und/oder Pilze ausgelöste Erkrankung der Weißen Linie. Eingedrungene Keime zersetzen die Hornsubstanz, es entstehen Hohlräume. Auslöser können schlechte Hufpflege, mechanische Traumata, vorhandene Defekte auch durch Nagellöcher und natürlich unhygienische Haltungsbedingungen sein. Bei idealen Wachstumsbedingungen für den Keim Fusobakterium necrophorum – warm, feucht, kein Sauerstoff – kommt es nicht selten zur Strahlfäule. Dabei zersetzt sich der Strahl zunehmend durch die von diesem Keim ausgelöste Fäulnis. Schlechte Haltungsbedingungen, ungenügende Hufversorgung, aber auch ungünstige Hufformen tragen zur Entstehung der Strahlfäule bei. Pathologisch veränderte Hufformen und Zusammenhangstrennungen unterschiedlicher Art (Spalten, Risse, Brüche, Klüfte im Bereich der Hornkapsel) können von versierten Hufschmieden erfolgreich behandelt werden. Durch Stoffwechselerkrankungen ausgelöste Störungen der Hufgesundheit werden sowohl veterinärmedizinisch als auch im Rahmen der Hufversorgung therapiert.

Text: Angelika Schmelzer, Foto: Heike Klar