Hufschäden

Wenn die Wand schlapp macht

Ausbrechende Hufwände, ob bei Beschlag oder Barhuf, machen vielen Pferde besonders im reitintensiven Sommer zu schaffen. Im Folgenden erklärt Huffachmann Florian Ruff, wie diese Hornschäden zustande kommen und wie man sie vermeiden bzw. effektiv behandeln kann.

Ursprünglich ist das Pferd ein Steppentier und daher von der Evolution eher für sandiges, trockenes Geläuf bestimmt. In unseren Breitengraden kommen die Hufe der Pferde oft über längere Zeit mit sehr viel Wasser (nasse Ausläufe, Koppeln, häufiges Abwaschen) und bei Stallhaltung, auch wenn noch so sauber, mit einem schädigenden Urin-Kot-Ammoniak-Gemisch in Kontakt.

Ursachen der Hornwandschäden
Diese ständige Feuchte in Kombination mit Bakterien führt auf Dauer zu Fäulnisprozessen des Horns. Besonders häufig kommt dies bei beschlagenen Pferden vor, da die Nässe oft sehr lange unter dem Eisen steht.
Betroffen sind vorwiegend das Strahlhorn und das Horn der Weißen Linie. Beide Bereiche bestehen aus Weichhorn und sind für Fäulnisprozesse viel empfänglicher als das festere Harthorn von Wand und Sohle. Das bedeutet, dass die Fäulnis verursachenden Keime (Pilze und Bakterien) als erstes in diesen Bereichen zu Schäden führen, bekannt als Strahlfäule und White Line Disease (kurz WLD, Erkrankung der Weißen Linie). Diese Fäulnisprozesse können sich auch über längere Trockenperioden aufrecht erhalten, da bei der Hornzersetzung Schadstoffe entstehen, die wiederum Horn auflösen können, z. B. der Schwefelwasserstoff mit dem typischen Geruch nach faulem Ei bei der Strahlfäule. Es entsteht eine Art Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.

Lose Eisen, ausgebrochene Nägel
Bei beschlagenen Pferden sind der Bereich des Tragrandes und die Weiße Linie über die gesamte Beschlagperiode vom Eisen abgedeckt und können nur beim Umbeschlagen vom Schmied kurz mitbehandelt werden. Das bedeutet, die schädigenden Keime haben während sechs bis acht Wochen ungestört Zeit, in für sie optimalem Milieu das Horn der Weißen Linie zu zersetzen – vom Eisen abgedeckt, feucht, warm, unter Luftabschluss und dem alkalischen pH-Wert aus der Stalleinstreu. Beim beschlagenen Pferd entstehen so Schäden in der Weißen Linie bis hoch über den Nagelbereich. Begünstigt wird dies noch durch die Schwächung der Wand durch alte und neue Nadellöcher. Ausbrechende Nägel, lose oder gar verlorene Eisen, an denen dann größere Teile der Hufwand hängen, sind die Folge. Selbst ein guter Schmied hat hier kaum mehr die Möglichkeit, noch sinnvoll haltbare Nägel einzuschlagen. Beim erneuten Aufnageln reißen dann die Nägel in die alten Nadellöcher ein. Diese Nägel halten eigentlich nichts mehr. Ist ein Eisen erst einmal lose, wird die Wand immer instabiler.

Lose Eisen schnellstmöglich abnehmen!
Jede neue Generation Nadellöcher schwächt die Hufwand. Grundsätzlich ist das kein Problem. Bei einem gesunden Huf wächst immer so viel Horn nach, dass beim Umbeschlagen vom Schmied in neues tragfähiges Horn genagelt werden kann.
Wenn aber während der Beschlagperiode aufgrund von losen oder verlorenen Eisen noch zusätzlich neue Nägel gesetzt werden müssen, verliert die Wand schnell an Stabilität. Lockere Eisen, auch wenn sie nur geringgradig Spiel haben, zerstören sehr viel Horn, weil die Nägel durchs Rutschen des Hufes auf dem Eisen querbelastet werden, also die Nadellöcher seitlich stark ausweiten und so zu weiteren Rissen und Ausbrüchen führen. Ein loses Eisen gehört also zur Vermeidung weiterer Hornschäden schnellstmöglich wieder korrekt aufgenagelt oder eben abgenommen.

Auch Barhufer sind betroffen
Beim Barhufer gibt es natürlich keine Probleme mit der Nagelung, hier haben eher die Hufform, mechanische Werte und das Geläuf Einfluss auf die Hufstabilität. Die Vorgänge bei der Hornzersetzung durch Keime und Schadstoffe finden aber genauso statt, und dementsprechend kommt es auch hier zu Schäden am Huf und brüchigem Horn.

Fehler in der Pflege, zu trockene Hufe? Fetten?
Sehr häufig werden solche Schäden als „zu trockene Hufe“ interpretiert, es wird zum ausgiebigen Wässern mit anschließendem Einfetten geraten. Dies erweist sich meist als Fehleinschätzung, denn das Wässern kann die Fäulnisprozesse extrem begünstigen. Grundsätzlich sollte man solch geschädigte Hufe eher trocken halten, da die verursachenden Keime die Feuchtigkeit lieben.
Zur Behandlung von brüchigen Hufen in Verbindung mit Fäulnisprozessen gilt: keinerlei Fette oder Öle anwenden, diese schließen die Keime ein. Zum Säubern keine Seifen verwenden, auch keine Kernseife. Seifen sind alkalisch und fördern die Hornzersetzung. Lediglich Huffestiger sollte aufgetragen werden und das jeden zweiten Tag. Wichtig ist, den Festiger auf den weitgehend trockenen Huf aufzutragen, damit das Horn den Huffestiger gut aufnehmen kann. Wenn die Hufe vorher gewaschen werden, saugen sie sich mit Wasser voll und nehmen den Festiger nicht mehr korrekt auf. Zum Reinigen vorher das Horn nur mit harter Bürste trocken abbürsten.
Der Hufbearbeiter sollte dann bei jedem Termin das defekte Horn so weit wie möglich entfernen. Somit kommt man effektiver an die darunter liegenden geschädigten Bereiche, um die Behandlung weiter fortzuführen.

Text: Florian Ruff, Foto: Heike Klar