„World’s Greatest Horseman“ in Fort Worth

One Horse, one Rider, one Bridle!

Beim Event „World’s Greatest Horseman“ dreht sich alles um ein Pferd, einen Reiter, ein Bit und einen imposanten Titel.  

Ausgeritten wird dieser in vier Prüfungsteilen: Herd Work, Rein Work, Steer Stopping und Cow Work. Im Rahmen der NRCHA „Celebration of Champions“ traten vom 12.-22. Februar in Fort Worth die besten Cow Horse Reiter der Welt gegeneinander an.  

Wir haben den Cow Horse Trainer Phillip Ralls aus Paso Robles, Kalifornien, vor Ort getroffen und ihm zu diesem Event, seinem Pferd und seiner Karriere befragt. Phillip Ralls ist einer der erfolgreichsten Reiter der Szene. 2018 hat er es im Alter von 36 Jahren geschafft, der 15. Million Dollar Reiter der NRCHA zu werden. 

Für Philip Ralls ist der Event „World’s Greatest Horseman“ der wichtigste im Jahr, noch vor der Snaffle Bit Futurity. Ein Ereignis, auf das alle Reiter, Pferdetrainer und -besitzer hinarbeiten. Es erfüllt ihn mit Stolz, ein Pferd im Bridle auf diesem Level vorstellen zu können, denn es braucht viel Zeit und intensives Training, um ein Pferd überhaupt auf dieses Niveau zu bekommen. Was wiederum heißt, es braucht schon ein ganz besonderes Pferd, um an „World’s Greatest Horseman“ teilnehmen zu können. Nicht viele Pferde sind mental und physisch überhaupt dafür gemacht.  

Einige Pferde mögen zwar sehr gut in der Reining und in der Fence Work sein, haben aber beispielsweise ihre Schwächen in der Herd Work. Besonders die vierte Prüfung, das Steer Stopping, limitiert die Anzahl der Pferde und auch der Reiter. Jedes Pferd, das an diesem Event antritt, ist ein fantastisches All-Around Talent. In vier Events zu überzeugen und dann im Finale alles an einem Tag zu wiederholen, dazu braucht es schon ein besonderes Tier. Viele dieser herausragenden Pferde bleiben durch ihre Einzigartigkeit und ihren Style lang in Erinnerung und werden zu eigenen Stars der Szene. 

Gewinnsummen contra Tradition?

Phillip Ralls findet es etwas schade, dass für viele das Ziel, das Pferd zum Bridle Horse auszubilden, durch Futurity, Derby oder ähnlich Events etwas in den Hintergrund geraten ist. Gerade in den genannten Events stecken große Gewinnsummen, was sie für viele Reiter und Pferdebesitzer besonders interessant macht. Doch gerade der traditionelle Trainingsweg von Snaffle Bit, Hackamore über Two Rein zum Bridle ist die Grundlage, um ein Pferd für eine Veranstaltung wie „World’s Greatest Horseman“ vorzubereiten.  

Phillip Ralls ist mit der traditionellen Trainingsweise aufgewachsen. Mit seinem Vater Ron Ralls, NRCHA Hall of Fame Mitglied, hat er einen der besten Lehrmeister an seiner Seite. Dieser wiederum hatte sein ganzes Pferdewissen von seinem Vater übertragen bekommen. Somit hatte Phillip das Privileg, in einer Familie mit sehr viel Pferdeerfahrung aufwachsen zu können. Seine Show-Karriere begann im jungen Alter von acht Jahren. Von diesem Moment an setzte er sich das Ziel, sich und seine Pferde stetig zu verbessern und voranzubringen. Bereits sein Großvater und auch sein Vater hatten sehr viel Energie und Leidenschaft investiert, damit aus ihren Ranchpferden gute Bridle Horses werden. Von seinem Vater hat Phillip gelernt, dass es Geduld und ein gutes Gespür für das Pferd verlangt, um aus einem Pferd ein fertiges Bridle Horse zu machen. Der individuelle Trainingsprozess kann bei jedem Pferd unterschiedlich lang sein – es dauert so lang, wie es eben dauert. Herauskommen soll ein beständiges Pferd, mit dem sämtliche Rancharbeiten verlässlich absolviert werden können. Letztendlich werden beim „World’s Greatest Horseman“-Event genau die Eigenschaften, die ein gutes Ranch bzw. Cow Horses ausmachen, benötigt: Ein Rind separieren, schnelle Turns und Stopps, um ein Rind in eine bestimmte Richtung lenken zu können und natürlich die Arbeit mit dem Rope. 

Mit 50 Konkurrenten durch die Vorläufe

Phillip Ralls durfte in seiner bisherigen Karriere schon einige talentierte Pferde trainieren, eingeschlossen Dom Dualise und One Fine Vintage. Mit seinem aktuellen Showpartner, dem neunjährigen AQH-Hengst Call me Mitch (Metallic Cat x Miss Hickory Hill) ist er auch in diesem Jahr wieder bei „World’s Greatest Horseman“ an den Start gegangen. Mitch und Phillip konnten sich neben einer Vielzahl anderer Titel 2018 den Titel Reserve Champion sichern.  

Der Event beginnt mit den Preliminaries, den Vorläufen. Hier treten alle Teilnehmer (in diesem Jahr 50) in allen vier Events an. Die erste Disziplin ist die Herd Work: Der Reiter separiert ein einzelnes Rind aus der Herde und hat dann 2 ½ Minuten Zeit, um die Fähigkeiten seines Pferdes am Rind zu zeigen.  

Anders als beim klassischen Cutting sind Zügelhilfen erlaubt. Die nächste Prüfung ist die Rein Work. Die Reiter zeigen ein im Galopp gerittenes Pattern mit Stopps, Spins und Galoppwechseln. Anders als in der Reining haben diese Pattern keinen Roll Back. Als nächstes messen sich alle Reiter im Steer Stopping. Nicht viele sind in der Lage, einem Stier im vollen Galopp aus der Box zu folgen und diesen, im besten Fall mit dem ersten Catch, zu stoppen und um 180° zu drehen.  

Der letzte Prüfungsteil ist wohl der spektakulärste. In der Fence Work muss der Reiter ein Rind zunächst an der kurzen Seite halten. Dieser Teil wird Boxing genannt. Anschließend folgen die Fenceturns, dabei muss das Rind entlang der langen Seite jeweils mindestens einmal in jede Richtung gedreht werden. Den Abschluss bildet das Zirkeln des Rindes in beide Richtungen.  

Nur zehn Reiter im Finale

Die zehn besten Pferd-Reiter-Teams schaffen es ins Finale. Alle bis dahin errittenen Punkte werden wieder auf null gesetzt, so bleibt es im Finale, in dem erneut alle vier Prüfungen absolviert werden müssen, spannend bis zum Schluss. Um ins Finale zu kommen reicht es nicht aus, nur konstant gut gewesen zu sein. Man muss überdurchschnittlich gute Bewertungen erhalten, um das zu schaffen. Phillip und Mitch haben auch in diesem Jahr in keinem der vier Events einen Fehler gemacht und durchweg eine gute Leistung gezeigt. In der Herd Work stach Mitch mit beeindruckenden Bewegungen und blitzschnellen Reaktionen deutlich aus der Vielzahl an talentierten Pferden hervor. Auch in der Rein Work und im Steer Stopping konnten die beiden gute Punkte sammeln. Doch leider hat es knapp nicht für das Finale ausgereicht, in der Fence Work war das Glück nicht auf Phillips Seite. Die ersten beiden Rinder wurden von den Richtern abgepfiffen – sie dürfen entscheiden, ob ein Rind geeignet ist, so dass für die Teilnehmer ähnliche Bedingungen herrschen. Zeigt das Rind also zu wenig Bewegungsaktion oder lässt es sich kaum vom Pferd beeindrucken, rennt direkt vorbei oder geht das Pferd sogar an, bekommt der Reiter ein neues Rind.  

So lief es für Phillip Ralls in diesem Jahr, erst beim dritten Rind konnte er „down the fence“ gehen.  

Nach zwei sehr guten Fenceturns ging Mitch leider gegen Ende die Puste aus und er verlor etwas den Kontakt zum Rind. So gingen wertvolle Punkte verloren und die beiden schafften es mit nur einem Punkt Rückstand nicht ins Finale. Das zeigt, dass es nicht nur ein herausragend gutes Pferd und einen guten Reiter braucht, sondern auch etwas Glück benötigt wird.  

Ein ganz besonderes Pferd

Call me Mitch gehört zu den besten Pferden der Cow Horse Szene – es hat Talent und Charisma. Phillip hatte ihn als Jährling ausgesucht. Warum er genau dieses Pferd ausgewählt hat? Jedes Mal, wenn er ein junges Pferd aussucht, hat er sein Ziel, dieses Pferd zum Bridle Horse auszubilden, vor Augen. Die Wahl fiel auf Mitch, da er durch seine gelassene, ruhige Ausstrahlung und sein stabiles, großes Gebäude direkt auf sich aufmerksam gemacht hat. Bereits als Jährling konnte er sein großes Bewegungstalent zeigen.  

Alle Bewegungen kamen sehr kontrolliert und natürlich. Erst im zweiten Schritt hatte Phillip dann einen genaueren Blick auf die Abstammung geworfen. Wenn man auf der Suche nach einem späteren Bridle Horse ist, sollte man genau auf diese Faktoren achten: Gelassenheit, Athletik und Power – genau das vereint Mitch. Man kann ein Pferd nicht zu einem Show-Performer machen, wenn die Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind. Doch Gewinnen ist für Phillip bei weitem nicht das Wichtigste, wie er sagt.  

Für Phillip ist es das Ziel, als Pferdetrainer das Beste aus jedem Pferd zu machen, was nicht immer bedeutet, dass ein Pferd letztendlich auf Turnieren vorgestellt werden muss. Man kann nur als Team erfolgreich werden – das Pferd muss dem Reiter vertrauen und der Reiter seinem Pferd. „To keep them happy is important“ – wichtig ist es, dass es auch dem Pferd Spaß macht und man nicht bis zum Geht-nicht-Mehr etwas von dem Tier verlangt, dass es nicht leisten kann.  

Der Titel ging nach Kanada

In diesem Jahr konnte sich der Kanadier John Swales den Titel holen und das bereits zum zweiten Mal. John Swales und sein Pferd Metallic Rose (Metallic Cat x Teletrona) ließen mit einem unglaublichen Vorsprung von sieben Punkten keine Fragen mehr offen. Die spektakuläre Fence Work wurde mit 227,5 Punkten belohnt. Es war ein unglaubliches Finale, in dem ein Highscore dem anderen folgte. Neben tollen Pferden und professionellen Runs ist es schön, diese besondere Stimmung und den Zusammenhalt unter den Reitern zu erleben.  

Jeder steht jedem in der Herd Work zu Verfügung, ob als Turnback oder zum Austausch, welche Rinder wohl am besten geeignet sind. In diesem Jahr wurde zum zweiten Mal der Sonder-Event „World’s Greatest Youth Horseman“ ausgetragen. Auch hier sind alle Profis mit Rat und Tat zur Stelle. So stehen den Jugendlichen in der Herd Work Helfer wie Phillip Ralls, Corey Cushing oder Matt Koch zur Seite.  

Abgerundet wird der Event durch die Tradeshow, wo viele Aussteller rund um das Thema Cow Horse, Horse Training und Fashion ihren Waren ausstellen und verkaufen.  

Text und Foto: Kerstin Angermüller