Urlaub im Westernsattel

Traumziel Deutschland

Auch in den schönsten Wochen des Jahres – dem lang ersehnten Urlaub – wünschen sich die meisten American Quarter Horse-Fans ein wenig Stallgeruch, Western Lifestyle und natürlich, wenn irgend möglich, ein American Quarter Horse unterm Allerwertesten. Neben dem klassischen Ranchurlaub im Land der Cowboys planen immer mehr Pferdebesitzer ganz bewusst, die freien Tage in Good Old Germany zu verbringen – und zwar mit ihrem geliebten Vierbeiner.  

In Sachen Reisen & Reiten ist eigentlich alles möglich und nun ist die beste Zeit zum Planen. 

Für die meisten Fans und Reiter des American Quarter Horses ist die Gleichung eine ganz einfache: Urlaubszeit = Reitzeit! In den Ferien ist Urlaub mit dem Pferd und nicht etwa Urlaub vom Pferd angesagt. Reiten bis der Arzt kommt, ohne Hetze, ohne Stress, mal ganz in Ruhe, genussvoll, im eigenen Tempo – endlich!  

Am häufigsten zieht es den Westernreiter natürlich ins Ursprungsland von Quarter und Co, wo eine wirklich einmalige Kombination aus atemberaubenden Landschaften, Authentizität und Reitvergnügen alle Träume wahr werden lässt: Cowboyfeeling von früh bis spät, die faszinierende Kulisse des Wilden Westens, urige Abende am Lagerfeuer, vielleicht gar ein richtiger Cattle Drive, endlose Weiten unter den Hufen des treuen Rosses, dazu ein farbenprächtiger Sonnenuntergang, ach ja… Wunderschön, aber dazu muss man leider in die USA, nach Kanada fliegen. Muss man? 

Das Traumziel hat vor allem angesichts des Klimawandels, aber auch so mancher Veränderung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein kleines Fragezeichen angehängt bekommen. Ferienziele innerhalb Deutschlands oder im benachbarten Ausland sind aber nicht nur im Hinblick auf den CO2-Ausstoß ressourcenschonender: Keine teuren Flüge belasten die Reisekasse, eine kürzere Anreise bringt unterm Strich mehr Urlaubstage, kein Jetlag muss verarbeitet werden, unproblematisches Reisen statt mehrfachem Umsteigen schont die Nerven – der Verzicht auf Fernziele birgt durchaus handfeste Vorteile. Ganz in der Nähe finden sich maßgeschneiderte Angebote für Westernreiter, zahlreiche spannende Aktivitäten und faszinierende Landschaften warten darauf, vom Reiter entdeckt zu werden! Denn das ist ganz klar ein weiterer Vorteil von Nah-Zielen für den Reiterurlaub: Die ganze erweiterte Familie kommt natürlich mit – das Pferd, der Hund gehören zum Urlaubsglück dazu. Viele gute Gründe sprechen also dafür, Traumziele für den Western-Reiturlaub in der näheren Umgebung zu suchen. Und von „Verzicht“ kann angesichts der tollen Angebote im deutschsprachigen Raum nun wirklich keine Rede sein, denn der echte Wilde Westen findet sich längst auch in Good Old Germany! 

Wilder Westen, made in Germany

Was erwarten Sie von einem gelungenen Urlaub? Trotz aller Unterschiede erhoffen sich doch die meisten Urlauber eine individuell passende Mischung aus intensiver Erholung, neuen Erfahrungen und anregenden Begegnungen. Gerade der Faktor „Erholung“ wird dabei aber häufig überschätzt, denn der Ortswechsel ist mit Aufwand verbunden, die vielen neuen Eindrücke sind Reize, die verarbeitet werden wollen, alle schönen Unternehmungen kosten auch Kraft – stimmt hier die Balance nicht, kommt man unter Umständen total gestresst aus dem Ferien zurück (das gilt übrigens auch für Ihr Pferd…). Es ist also durchaus sinnvoll, schon bei der Urlaubsplanung auf eine ausgewogene Kombination aller Faktoren zu achten und vor allem das eigene Bedürfnis nach echter Erholung achtsam einzuschätzen.  

Wie finden Sie nun Ihr ganz persönliches Traumziel? Wo soll es hingehen? Darf das eigene Pferd mit? Steht Ihnen der Sinn vor allem nach Trailritten, möchten Sie auch Unterricht nehmen, einen Kurs belegen oder Ihren Urlaub ganz eigenverantwortlich gestalten? Steht das eigene Pferd im Stall direkt hinter Ihrer Ferienwohnung, sind Sie natürlich relativ ungebunden; bleibt es daheim, müssen die Reitangebote im Hinblick auf „Pferdematerial“ und Inhalt Ihren Vorstellungen möglichst genau entsprechen. Deshalb ist die Frage „Mit dem eigenen Pferd oder ohne?“ im Grunde die erste, die es zu klären gilt. 

Mit dem besten Kumpel die Wildnis erobern

Schon einige Zeit vorher sollte das Training an die im Urlaub gestellten Anforderungen angepasst werden. Insbesondere vierbeinige „Flachlandtiroler“ tun sich eh schwer, wenn es in den Ferien plötzlich bergauf und bergab geht. Da reichen schon die vergleichsweise harmlosen Steigungen deutscher Mittelgebirge für einen ausgewachsenen Muskelkater, und eine schnelle Anpassung innerhalb weniger Tage ist nicht zu erwarten. Hier kommt es also auf eine sorgfältige Vorbereitung an, die alle Möglichkeiten nutzt: Stangentraining unter dem Sattel oder an der Longe, Einheiten auf dem Laufband mit unterschiedlichen Neigungen, selbst die gezielte Nutzung von kleinsten Steigungen und Gefällen im Alltag – flache Gräben, Bordsteinkanten – hilft dem Pferd.  

Ungefähr vier Wochen (spätestens) vor dem Urlaub sollten Sie Ihre Trainingseinheiten in Inhalt, Dauer und Intensität gezielt auf die zu erwartenden Anforderungen einstellen. 

Erkundigen Sie sich unbedingt vorab, welche Form des Hufschutzes durch die Art der Unterbringung wie auch des Reitgeländes notwendig ist. Fragen Sie nach der Grundfuttervariante – eine radikale Umstellung etwa von Heu daheim zu Heulage im Urlaub sollte vermieden werden – und nach Weidegang oder Auslauf im Paddock. Wo möglich, sollten die Haltungsbedingungen im Urlaub denen daheim möglichst entsprechen. Immer sollte Ihr Pferd Gelegenheit zur freien Bewegung erhalten, ob auf der Weide oder dem Sandauslauf.  

Freie Sicht auf die unbekannte Umgebung ist eine notwendige Voraussetzung für das Wohlbefinden Ihres Pferdes, und wenn es dann noch die Anstrengungen des Tages auf der Weide verarbeiten kann – einmal gründlich wälzen, dann futtern und anschließend ein ausgiebiges Sonnenbad – steht auch seinem Ferienglück nichts im Weg. 

Die Konfrontation mit den fremden Mikroorganismen – den stallspezifischen Keimen – des Reiseziels wird das Immunsystem des Pferdes in den ersten Tagen gehörig beanspruchen. Sie helfen ihm, indem Sie die Abwehrkräfte Ihres Pferdes vor der Abreise kräftig unterstützen, etwa durch einen Paraimmunitätsinducer, den Ihr Tierarzt verabreicht. Zudem sollten Sie es nach der Ankunft zunächst ein wenig ruhiger angehen lassen und Ihrem Pferd Gelegenheit geben, sich einzugewöhnen. 

Wo soll es denn hingehen?

Berge oder Meer, Mittelgebirge oder Flachland, Seen und Moore, Heide und Fels – aber auch Weinberge, Almwiesen, extensives Weideland: Die Vielfalt an Natur- und Kulturlandschaften auf kleinem Raum ist einer der Faktoren, die den Nah-Urlaub so attraktiv machen. Wenige Stunden Fahrt, eine kurze Strecke Autobahn und schon ist er da, der erwünschte Tapetenwechsel. Für Pferdefreunde, die sich ganz bewusst für eine umweltverträgliche Form des Urlaubs entschieden haben, gibt es einen ganz einfachen Weg, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Ferien in einem Nationalpark! Es gibt inzwischen 16 Nationalparks in Deutschland, vom Nationalpark Berchtesgaden ganz im Süden bis zu den drei Wattenmeer-Nationalparks oben an der Küste, dem Eifel-Nationalpark im Westen und der Sächsischen Schweiz im Osten. Diese 16 Schutzgebiete bilden die ganze Vielfalt der Landschaften in Deutschland ab und sind ideale Reise-ziele für Natur-Urlaube, ob mit oder ohne Pferd. Aufgabe der Nationalparks ist nämlich nicht nur die Bewahrung besonders schutzwürdiger Ökosysteme, sondern auch die Bereitstellung von Erholungs- und Bildungsangeboten. Entsprechende Konzepte der Nationalparkverwaltungen richten sich nicht nur an Wanderer, sondern beispielsweise auch an Mountainbiker oder eben an Reiter! Hinzu kommen private Initiativen, die im Großraum der Nationalparks „pferdige“ Angebote bereithalten. So bieten sich beispielsweise gerade die autofreien Inseln im Bereich des großräumigen Wattenmeer-Nationalparks für Urlaub mit Pferdefeeling an, da dort der gesamte Personen- und Güterverkehr mit Pferdestärken abgewickelt wird und Pferde deshalb ganz selbstverständlich dazugehören. Oder: Der noch recht junge Nationalpark Hunsrück-Hochwald punktet mit einem pferdefreundlichen Konzept und bietet beispielsweise Wanderritte mit dem Förster an. Wer also außergewöhnliche, naturbelassene Landschaften vom Pferderücken aus erleben möchte, für den sind viele Nationalparks eine gute Anlaufstelle. Ob sich die Angebote mit dem eigenen Pferd wahrnehmen lassen oder einem Leihpferd, muss dann im Einzelfall geklärt werden. 

Entspannen, Auspowern oder Lernen im Sattel?

Wir alle kennen den kürzesten Reiterwitz „Ich kann reiten!“ und wissen, dass gerade unsere Sportart uns aus Solidarität zu unserem vierbeinigen Sportpartner zu lebenslangem Lernen verpflichtet. Da liegt es nahe, im Urlaub die eigenen Kenntnisse und Fertigkeiten erweitern zu wollen – es ist aber legitim, hier den Schwerpunkt auch ganz anders zu setzen und keine definierten Lernziele, sondern eher eine Rundum-Erholung oder vor allem intensive Reiterlebnisse ins Auge zu fassen. Nicht ganz zufällig landet man dabei auf Reitanlagen, die geführte, kürzere oder lange Trailritte für Gastreiter anbieten. Meist ist es möglich, mit dem eigenen Pferd oder einem geliehenen daran teilzunehmen. 

Lange Ausritte sind besonders geeignet, Entspannung, Lernen und ausgiebiges Reiten miteinander zu verbinden: Man ist zwar jeden Tag viele Stunden im Sattel, aber überwiegend gemütlich unterwegs, sodass trotz Anstrengung der Reitgenuss nicht zu kurz kommt. Gerade das fremde Gelände hält viele, oft unbewusste Lerneffekte bereit, die den Reiter ganz ohne Stress und erhobenen Zeigefinger weiterbringen. 

Einfach mal woanders (aus)reiten, ob mit dem eigenen oder einem geliehenen Pferd – wenn also das auf Ihrer Wunschliste ganz oben steht, lässt sich dies leicht verwirklichen. Reiturlaub im Westernsattel sollte es schon sein, aber je offener der Interessent für verschiedene Rassen und Richtungen im großen Kontext des Westernreitens ist, desto eher findet er ein passendes Angebot in der Wunschgegend. Da kommt es auf den Schwerpunkt der Reitanlage an: Geht es dort hauptsächlich ums Training oder um die Zucht, hat man sich meist mit Haut und Haar einer bestimmten Westernpferderasse und/oder Turnierdisziplin verschrieben, doch werden vor allem Trailritte, geführte Ausritte, begleitete Wanderritte oder gar fast ganz echte Cattle Drives und ähnliches angeboten, wird häufig ein sehr pragmatischer, am Westernreiten orientierter Reitstil auf Arbeitspferden gepflegt. Reiter von American Quarter Horses kommen also durchaus auf ihre Kosten, werden aber, so sie nicht mit dem eigenen Pferd anreisen, auch mal im Sattel eines Paint Horse, eines Appaloosa, eines Criollo Platz nehmen dürfen.  

Jetzt kann es losgehen!

Spätestens JETZT sollten Sie Ihren Traumurlaub verbindlich buchen: Geht es mit dem eigenen Pferd auf Reisen, brauchen Sie genügend Vorlaufzeit, um Impfungen, Hufschutz und Trainingszustand auf die zu erwartenden Anforderungen einzustellen. Reiten Sie auf einem geliehenen Pferd, empfiehlt sich ebenfalls eine frühzeitige Buchung, da meist nur wenige Leihpferde zur Verfügung stehen und diese ganz schnell belegt sind. Und vor allem hilft Ihnen die Aussicht auf Ihren persönlichen Traumurlaub ganz bestimmt über die trüben Monate hinweg… Bald, ganz bald geht es los!  

Text: Angelika Schmelzer, Foto: K.-J. Guni