Es ist nie zu spät

Janina mit Oskar über ihren eigenen Weg
Janina Bartenstein und ihr Oskar sind auf einer Show nicht zu übersehen und vielen als äußerst erfolgreiches Team bekannt. Trotz ihres großen Erfolges hinterfragt Janina den Turniersport mittlerweile kritisch und ist wohl darauf bedacht, ihren vierbeinigen Partner als ebensolchen auch zu behandeln. Dass erfolgreiches Showen, pferdegerechte Haltung und echte Pferdeliebe Hand in Hand gehen können, zeigt ihre Geschichte.
Janina Bartenstein lebt in Basel in der Schweiz. Wenn sie nicht gerade arbeitet oder lernt, findet man sie bei Oskar im Stall. Nach einem schweren Reitunfall vor sieben Jahren ist ihr neben dem Reitsport auch der Fitness- und Kraftsport sehr wichtig. „Für mich ist körperlicher Ausgleich essenziell, sowohl für die Gesundheit als auch für die mentale Stärke, die der Reitsport verlangt“, so die erfolgreiche Reiterin. „Seit meinem Unfall ist mir noch mehr bewusst, wie sehr wir unseren Körper schätzen und lieben müssen.“
Janinas Leidenschaft für Pferde begann früh. Mit acht Jahren durfte sie dann endlich mit dem Reiten beginnen. „Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich direkt mit dem Westernreiten gestartet, klassisch bin ich nie geritten“, erzählt sie. Später sammelte sie erste Turniererfahrungen mit einer älteren Reiningstute. „Auch wenn wir nie wirklich erfolgreich waren, hat sie mir unglaublich viel für meinen Weg mitgegeben“, weiß sie diese Zeit zu schätzen.
Als sie 14 Jahre alt war, zog das erste Familienpferd ein, eine Aint it the Blues-Stute mit starkem Charakter, zu der Janina von Anfang an eine besondere Verbindung hatte. Leider erhielt die Stute 2020 eine schwere Diagnose, die sie unreitbar machte. „Genau an diesem Tag entdeckte ich auf Facebook eine Anzeige von Marina Schwank: „Zum Verkauf stand „The Gentle Giant Oskar“. Ich suchte eigentlich gar kein neues Pferd und wusste ehrlich gesagt nicht einmal genau, was ein Hunterpferd eigentlich ist“, erinnert sie sich. Aber Oskars Größe und seine „süßen Knopfaugen“ beeindruckten die junge Reiterin. Also fuhr sie kurz darauf nach Burgebrach, um ihn sich anzuschauen. „Nur anschauen, dachte ich“, lacht sie heute. Doch es kam anders. „Es klingt kitschig, aber es war Liebe auf den ersten Blick. Zumindest bei mir. Mir war vollkommen egal, ob und welche Erfolge dieses Pferd bereits erreicht hatte und ich hatte keinen blassen Schimmer, dass Oskar so unglaublich talentiert war. Ich hatte beim Pferdekauf, kurz gesagt, ganz wenig Ahnung und ganz viel Glück“, weiß sie heute.
Einige Monate später stand Oskar bei Janina im Stall. Und obwohl er all das war, was sie ursprünglich nicht gesucht hatte – brav, ein Wallach, ein Schimmel – war er genau der Richtige. „Oskar ist mein erstes eigenes Pferd, das ich mir selbst gekauft habe. Er ist für mich nicht einfach nur ein Pferd, er ist mein Partner, mein Lehrer, mein Spiegel“, schildert sie die besondere Beziehung. „Mit ihm bin ich erwachsen geworden. Der erste Winter war hart. Ich war überfordert, fühlte mich verloren, weil jeder eine andere Meinung hatte.“ Doch Marina Schwank brachte die beiden auf den richtigen Weg. So starteten Janina und Oskar 2021 ihr erstes internationales Turnier: die Europameisterschaft. „Ich hatte das Glück, im Team Dasi reiten zu dürfen, das uns bis heute begleitet“, sagt sie heute. Besonders unvergesslich war die im selben Jahr folgende Q21: „Mit damals 17 Jahren ritt ich voller Naivität jede mögliche Hunter-Klasse mit und Oskar gab wirklich alles für mich. Gemeinsam gewannen wir die Youth-Hunter, die Open-Hunter und sogar die Hunter-Futurity. Ich hätte das nie zu träumen gewagt.“ Sie erinnert sich noch gut, wie sie vor der Open-Hunter zu Dasi sagte: „Da reiten ja nur Trainer mit, was mache ich denn da überhaupt?“ Aber Oskar trug seine Reiterin sicher durch jede Prüfung und streckte seine Beinchen noch ein bisschen mehr als sonst.
„Heute habe ich mich ein Stück weit vom aktiven Turniersport distanziert“, gibt Janina zu. „Nicht, weil mir der Sport nicht wichtig wäre, sondern weil er nicht mein Leben definiert. Oskar tut das.“ Janina möchte sich deshalb ganz auf ihren vierbeinigen Partner einstellen: „Ich mache kein Geheimnis daraus, dass Oskar einige körperliche Baustellen hat“, gibt sie zu. „Doch wir können gut damit umgehen und mit der richtigen Handhabung kann er hoffentlich noch lange geritten werden und sich auch weiter im Turniersport beweisen.“ Für die erfolgreiche Reiterin steht nicht der Sieg im Vordergrund, sondern die Partnerschaft mit ihrem Pferd. „Ich übe diesen Sport nicht aus, um zu gewinnen, sondern um eine Verbindung zu meinem Partner Pferd zu stärken und ein Statement zu setzen. Wo auch immer uns dieser Weg hinführt, wir gehen ihn gemeinsam. Ich bin für Oskar nach Basel gezogen und würde für ihn auch ans andere Ende der Welt ziehen.“
Kürzlich habe hat Janina das wohl schönste Kompliment bekommen, das man als Pferdebesitzer bekommen kann: „Janina, bei dir und nur bei dir würde ich gerne Pferd sein.“ „Genau das ist mein Ziel im Sport. Und ich bin stolz darauf, wie wir uns entwickelt haben. Es ist nie zu spät, einen anderen Weg einzuschlagen und Stillstand ist für mich keine Option. Entwicklung ist alles.“
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Text: QHJ, Foto: privat