Grünland

Wenn die Weide wachsen soll 

Jetzt im Frühjahr steht wieder die Grünlandpflege auf der Agenda, bei der neben dem Abschleppen und der Düngung auch die Wahl der passenden Saatgutmischung und deren effektive Ausbringung mittels entsprechender Gerätschaften im Fokus stehen.
Weiden sollen Pferden nicht nur Nahrung, sondern auch Auslauf bieten. Selektives Grasen und Abkotungsverhalten mit Geilstellenbildung erfordern regelmäßige Pflegemaßnahmen wie das Nachsäen, damit das Grünland vor allem als Futtergrundlage auf Dauer hält, was es verspricht.

Welches Saatgut für welchen Zweck?

Bei der Auswahl des Saatguts spielen Nutzungsform und Bodentyp eine wichtige Rolle. So sollte die Saatgutmischung den regionalen Besonderheiten angepasst sein. Für feuchte Standorte eignen sich etwa Wiesenlieschgras und Straußgras. Sehr trockenheitstolerant ist dagegen Knaulgras, das auch als winterfest gilt. Bei der beabsichtigten Nutzung des Grünlands ist zu beachten, dass bei hauptsächlich intensiver Beweidung trittfestere Untergräser wie Weidelgras, Wiesenrispe und Rotschwingel überwiegen sollten, bei extensive Weidenutzung sollte die Zusammensetzung von Unter- und Obergräsern ausgewogen sein. Bei Mähweiden sollten langstielige Ober-gräser wie Wiesenlieschgras, Wiesenschwingel und Wiesenfuchsschwanz dominieren.
Beim Kauf ist darauf zu achten, dass das Saatgut für die Pferdeweide geeignet ist. Standardmischungen mit für Rinder optimierten Futtergräsern sind aufgrund ihres extrem hohen Energiegehalts und geringen Rohfaseranteils ernährungsphysiologisch für Pferde gänzlich ungeeignet. Inzwischen haben viele Agrardienste und Saatguthersteller entsprechende Mischungen für verschiedene Nutzungsarten und Standorte von Pferdegrünland in ihrem Sortiment. Ein Anteil von Weißklee, wie in einigen Mischungen vorhanden, ist jedoch nicht zu empfehlen, da dieser bei stark selektiver Beweidung und durch seine Ausläuferbildung zu dominant werden kann. Andere Saatgutmischungen enthalten 5 bis 20 Prozent Wiesenkräuter, die sich auf Extensivweiden in der Regel aber von alleine ansiedeln. Auf Intensiv-weiden verschwinden sie jedoch meist schnell wieder, weil sie entweder nur auf bestimmten Böden wachsen wie Fenchel und Petersilie oder tritt- und bissempfindlich sind wie Pastinake und Wilde Möhre. Verschmähte Kräuter wie Mädesüß und Labkraut breiten sich dagegen mit der Zeit stark aus und verdrängen die Gräser. 
Sinnvoll ist es aber, an ungenutzten Randstreifen oder sonstigen Freiflächen der Weide sogenannte Kräuterinseln mit im Fachhandel erhältlichen Kräutersaatgut anzulegen, die während der Blüte bedrohten Insektenarten wichtige Refugien bieten und nach der Blüte temporär zum Abgrasen für die Pferde freigegeben werden können. Schmackhafte, standortunabhängige sowie tritt- und bissresistente Kräuter sind beispielsweise Schafgarbe, Wiesenkümmel und Spitzwegerich.

Einfluss der Grasarten auf den Fruktangehalt

Ein weiteres Auswahlkriterium sind die zu erwartenden Fruktangehalte der Grasarten. Vor allem Weidelgräser gelten aufgrund ihres hohen Zuckergehalts als potentiell fruktanreiche Gräser. Fruktan ist ein Mehrfachzucker, den die Gräser als Energiespeicher für „schlechte Zeiten“ (Verbiss, Dürre, Frost, Nährstoffmangel) bunkern. Die Fruktankonzentrationen im Gras schwanken stark und sind abhängig von Temperatur, Sonneneinstrahlung, Tages- und Jahreszeit. Die höchsten Werte werden im Frühjahr und Herbst gemessen. 
Wird Fruktan im Übermaß aufgenommen, kann er die sogenannte Grasrehe auslösen. Dabei gelangt der Vielfachzucker weitgehend unverdaut in den Dickdarm, wo er durch Übersäuerung des Darminhalts das Absterben nützlicher Mikroben bewirkt. Die Folge: Es bilden sich körpereigene Gifte (Endotoxine), die über die geschädigte Darmwand in den Blutkreislauf kommen und in den fein verzweigten Kapillaren der Huflederhaut eine Entzündung (Laminitis) auslösen. Besonders gefährdet sind genügsame Rassen mit guter Futterverwertung, übergewichtige Pferde und solche, die bereits unter einer Stoffwechselstörung wie Equinem Cushing oder Metabolischem Syndrom leiden. 
Mit der Auswahl des Saatguts hinsichtlich der Artenzusammensetzung lassen sich einige Risikofaktoren beschränken. Inzwischen werden Saatgutmischungen speziell für leichtfuttrige und rehegefährdete Pferde angeboten. Diese Mischungen sind besonders strukturreich und sowohl für Weide- als auch Schnittnutzung geeignet. Sie besitzen einen hohen Anteil an Gräsern mit potentiell niedrigem Fruktangehalt wie Rotschwingel, Straußgras, Wiesenrispe, Wiesenlieschgras, Wiesenschwingel, Knaulgras und Wiesenfuchsschwanz, während Weidelgras gar nicht oder nur zu einem geringen Anteil von 5 bis 15 Prozent enthalten ist.

Aussaatstärke und Aussaatzeiten

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Neueinsaat zur kompletten Grünlanderneuerung und Nachsaat, um Lücken in der bestehenden Grasnarbe zu schließen und eine zunehmende Verunkrautung zu vermeiden. Die Aussaatstärke orientiert sich am Lückenanteil und ist abhängig vom Saatverfahren. Für eine Nachsaat liegen die Richtwerte bei einem Lückenanteil von 10 bis 15 Prozent und einer oberflächlich ausgebrachten Übersaat bei 10 bis 15 kg/ha, bei einem Lückenanteil von 20 bis 50 Prozent sowie bodennaher Durchsaat mit Spezialtechnik bei 20 bis 30 kg/ha. Für eine Neuansaat bei mehr als 50 Prozent Fehlstellen und Direktsaatverfahren wird in der Regel eine Aussaatstärke von 30 bis 40 kg/ha empfohlen. Allerdings sollte man unbedingt die Empfehlungen der Saatguthersteller beachten, die durchaus von den Richtwerten abweichen können.
Allgemein werden als günstige Aussaatzeiten Frühjahr (Anfang April bis Mitte Mai) und Herbst (August bis Anfang Oktober) angegeben. Hierbei muss aber bedacht werden, dass bis Mitte Mai noch Nachtfröste möglich sind, die bereits gekeimte Sämlinge schädigen und abtöten können. Da die Keimzeit etwa zwei Wochen dauert, sollte es in dieser Zeit nicht mehr zu Bodenfrösten kommen. Ideal ist die Aussaat bei Keimtemperaturen ab acht Grad Celsius und bei vom Wetterdienst vorhergesagten Regentagen, weil eine ausreichende Wasserversorgung den Bodenschluss und das Keimen begünstigt. Da bei einer Übersaat das Saatgut in der Regel nicht angedrückt wird, ist eine ausreichende Bodenfeuchte besonders wichtig. Der Klimawandel bringt es aber mit sich, dass auch der Herbsttermin kein Garant mehr für genügend Bodenfeuchte ist. Einen idealen Zeitpunkt für die Aussaat kann man deshalb nicht nennen, sondern der ist witterungs- und bodenabhängig und sollte an die Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Weideexperten empfehlen deshalb zweimal im Jahr nachzusäen, um mögliche Saatverluste durch Frost oder Trockenheit zu minimieren. Im besten Fall sind beide Einsätze im Frühjahr und Herbst erfolgreich, sodass eine maximale Wirkung erzielt werden kann.

Aussaattechnik und Geräte

Die Übersaat kleinerer Weideflächen kann manuell mithilfe flacher Streuwannen mit Gurt zum Umhängen und einem Füllvolumen von 20 Liter durchgeführt werden. Tipp: Das Saatgut mit etwas Erde zum Beispiel von den zuvor eingeebneten Maulwurfshügeln mischen, wodurch ein gleichmäßigeres Ausstreuen erreicht werden kann. Zudem wird das ausgebrachte Saatgut mit einer dünnen Erdschicht bedeckt und ist so besser vor Vogelfraß und schnellem Austrocknen geschützt. 
Bequemer funktioniert das Aussäen mit sogenannten Klein- oder Universalstreuern. Das oben offene Kunststoff-Gefäß mit einem Füllvolumen von zwei bis drei Kilo wird an einem Griff mit der Hand im Schritttempo über den Boden bewegt. Ein batterie- oder akkubetriebener Elektromotor wirft das Saatgut über ein Schraubensystem bis zu sechs Meter weit aus. Je nach Gerätetyp sind bis zu fünf oder stufenlose Einstellungen möglich, die das Saatgut gleichmäßig verteilen. Außerdem gibt es sogenannte Kleinsamenstreuer, die auf einer Wiesenschleppe oder einem Wiesenstriegel montiert werden können. Auf diese Weise lassen sich zwei Arbeitsschritte zeitsparend zusammen erledigen.
Für Durchsaat (verfilzte, unbrauchbare Grasnarbe) und Neueinsaat braucht es aber spezielle Nach- oder Direktsaatmaschinen, damit das Saatgut durch flaches Einschlitzen einen besseren Bodenschluss erhält. Geeignete Anbaugeräte haben Kerbringe auf den beiden Laufwalzen vorne und hinten, die grobe Bodenbestandteile zerkrümeln. Sie sorgen für eine gleichmäßige Perforierung und gute Rückverfestigung des Bodens, sodass in dem so hergerichteten Saatbett das Regenwasser langsam in den Boden versickern kann. Manche Direktsaatmaschinen sind für einen vielseitigen Einsatz konzipiert, mit denen mehrere Arbeitsgänge mit einer Überfahrt erledigt werden können. Diese Anbaugeräte können stark verdichtete Bodenoberschichten auflockern, indem das Vorwerkzeug durch Überrollen den Boden öffnet und abgestorbenes Pflanzenmaterial an die Oberfläche befördert, da der nachgelagerte Rotor mit einer anderen Arbeitsgeschwindigkeit angetrieben wird als der vordere. Vor den beiden aktiv in den Boden eingreifenden Rotoren wird das Saatgut auf die gesamte Arbeitsbreite verteilt und der Boden anschließend mit der speziellen Andruckwalze rückverfestigt. So steht einer schnellen Begrünung der Fläche nichts mehr im Wege, wenn sich Niederschlagswasser in den Rillen sammelt.

Text: Birgit van Damsen