Cutting im großen Stil
Abi in der Tasche und dann auf nach Texas!
Die NCHA USA organisiert jedes Jahr eine große Cutting-Show in Fort Worth/Texas, das Summer Cutting Spectacular. 2019 hatte Jette Jürgensen bereits einmal die Möglichkeit, auf diesem Turnier zu reiten. Leider vereitelten die Reiserestriktionen der letzten beiden Jahre Jettes Wunsch, erneut dort zu starten. Anfang 2022 war die Einreise wieder möglich, seit Juli hat Jette ihr Abi in der Tasche – also auf nach Texas zum Cutten! Im Folgenden schildert sie ihre Erlebnisse.
„Das Great American
Insurance Group Summer Cutting Spectacular fand von Mitte Juli bis zum 5.August statt. Diese Megashow findet im Will Rogers Memorial Center statt und beginnt mit verschiedenen Open Klassen, gefolgt von den NonPro Klassen und dann den Amateuren. Diese Anlage bietet mit dem Coliseum und der Watt-Arena zwei große Hallen, in denen parallel von morgens bis abends geritten wird. Um die riesige Menge an Rindern unterzubringen, gibt es mehrere Gebäude speziell für die Rinder und natürlich auch für die Pferde.
Cutten fürs Studium
Für die Jugendlichen gibt es eine spezielle Youth Week, in der das NYCHA Scholarship Cutting und die Youth World Finals stattfinden. Im Scholarship Cutting reiten die Jugendlichen um finanzielle Unterstützung für Ausbildung oder Studium. Da für das NYCHA Scholarship Cutting keine Qualifikation gefordert wurde, konnte ich hier mitreiten. Mitte Juli ging’s dann los. Gleich am ersten Tag stand erst mal ein Besuch im Coliseum an – Cuttingluft schnuppern. Es war ein tolles Gefühl, wieder über das Gelände zu laufen; es fühlte sich an, als wäre ich nie weg gewesen. Bei Außentemperaturen von über 40 Grad Celsius vergeht die Zeit in den klimatisierten Hallen wie im Fluge. Stunde um Stunde verfolgt man tolle Ritte und sieht dabei Pferde und Reiter, denen man auf Instagram folgt. Da kann man die Zeit schon mal vergessen! Zum Glück sind meine Eltern genauso begeistert vom Cutting wie ich. Am Samstagabend stand ein Besuch beim Rodeo in den Stockyards an. Das war die richtige Einstimmung auf eine tolle Zeit in Fort Worth. Geboten wurden unterschiedliche Disziplinen – von Barrel Race über Bull Riding bis zum Roping war alles dabei. Für das amerikanische Publikum eine Veranstaltung für die ganze Familie, für
Europäer schon etwas Besonderes.
Eine Woche Training auf Main River
Dann ging’s für mich weiter nach Gainesville. Vor meinem Start hatte ich eine Woche zum Training auf der Main River Ranch eingeplant. Bei Josh Townsend hatte ich die Möglichkeit, mit zwei wundervollen Pferden zu trainieren, wofür ich natürlich sehr dankbar war! Trainiert wurde an der Cuttingmaschine und am Rind. Die Unterschiede zwischen den Rindern hier und den Rindern, die in Europa üblicherweise für die Cutting-Shows zur Verfügung stehen, sind groß. Die Rinder in Texas halten einen viel größeren Abstand zum Pferd und reagieren sehr viel schneller.
Und ab in die Youth Week
Dann war auch schnell die erste Woche vorüber und die Youth Week begann. Die NYCHA organisiert diesen Teil des Events für die Jugendlichen hervorragend. Es beginnt mit der Registrierung, bei der alle Teilnehmer eine Welcome Bag mit T-Shirt und die notwendigen Informationen über den Ablauf der Show bekommen, und einem gemeinsamen Mittagessen. Verschiedene Meetings und Seminare folgen. Das Award Banquet beendete die Youth Week. Vor Beginn der Reise hatte ich mit Michael Simmons, dem Director of Youth, Kontakt aufgenommen. Er versorgte mich bereits im Vorfeld mit allen notwendigen Informationen und Kontakten. Social Media sind toll, aber wenn man sich dann face to face trifft und über Cutting und Pferde plaudern kann, ist das doch etwas ganz anderes.
104 Starter in meiner Klasse!
Am 26. Juli war’s dann so weit. Morgens um 5 Uhr ging es mit „meiner“ Stute Lourdes nach Fort Worth zur Show. Die Senior Youth Klasse des NYCHA Scholarship Cutting sollte morgens um 8 Uhr in der Watt Arena beginnen. 104 Jugendliche waren ge-meldet – unvorstellbar viele, verglichen mit den Starterzahlen in Europa. Ich war als fünfte Starterin gleich im zweiten Set dran. Ein Set besteht aus 15 Startern. Nach jedem Set gibt es neue Rinder. Beim Abreiten war ich noch die Ruhe selbst. Als ich die Richter in die Arena kommen sah, bin ich dann doch nicht mehr ganz so entspannt gewesen. Spätestens als Josh mit mir dann die Strategie und die Rinder besprochen hat, war es klar: Jetzt wird es ernst!
Let’s cut!
Mit dem Einreiten in die Arena, nachdem mein Name aufgerufen worden war, war alles wie immer: Die große Arena und die Zuschauer verschwinden, ich sehe nur noch meine Herde. Der erste Cut war nicht gut, mein Run begann nicht wie gewünscht. Der nächste Cut war besser, aber ich nicht in der richtigen Position zum Rind. „Nicht drüber nachdenken“, sagte ich mir, „weitermachen!“ Bei 2:30 min hat man keine Zeit zum Grübeln. Am letzten Rind konnte Lourdes dann zeigen, was sie kann. Das war nicht mein Ritt, trotzdem habe ich jede Sekunde genossen. Am nächsten Tag stand noch ein weiteres Highlight für mich an. Ich durfte beim Grand Entry die deutsche Flagge tragen. Direkt vor dem Finale reiten nach einem gemeinsamem Gebet und der Nationalhymne, die Jugendlichen mit den Flaggen der amerikanischen Staaten in die Arena ein. Ein toller Moment. Es macht mich stolz, die deutsche Flagge zu tragen und Teil der NCHA-Family zu sein.“
Text: Jette Jürgensen, Foto: Seth Petit Photgraphy