Allergie – was ist das eigentlich?

Allergien gehören – leider – zu den Erkrankungen, mit denen Pferdehalter aller Rassen ungewollt recht häufig zu tun haben und sie scheinen immer häufiger aufzutreten. Zudem sind Allergien, obwohl sie doch so verbreitet sind, rätselhafte und unheimliche Gesundheitsstörungen, die nicht nur körperlich, sondern auch psychisch stark belasten. Was sollten Pferdefreunde über Allergien bei Pferden wissen?

Allergien liegt eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems zugrunde, doch Auslöser, Mechanismus sowie Art und Schweregrad der Symptome unterscheiden sich von Fall zu Fall. Kennzeichnend ist jeweils die Tatsache, dass völlig harmlose, von außen kommende Stoffe zu einer Immunreaktion führen, die im Organismus Krankheitssymptome auslöst. Diese Allergien im engeren Sinne müssen von anderen, verwandten Erkrankungen unterschieden werden, mit denen sie im allgemeinen Sprachgebrauch häufig in einen Topf geworfen werden: von den Autoimmunerkrankungen und von den Unverträglichkeitsreaktionen.

Netzwerk Immunsystem

Wer Allergien verstehen will, muss etwas über das Immunsystem wissen. Hinter diesem so einfachen Begriff verbergen sich zahlreiche Systeme, die zusammenarbeiten und nur eine Aufgabe haben: den Organismus vor fremden Substanzen und Kleinstlebewesen schützen. Gemeinsam bilden sie ein Netzwerk mit vielen Untereinheiten und eigenen Regelsystemen. Dieses äußerst komplexe System lässt sich in zwei grundlegende Einheiten unterteilen.
• Der Organismus verfügt über Strategien, um sich ganz allgemein vor schädlichen Einflüssen von außen zu schützen. So bildet etwa die Haut eine mechanische Barriere, die Fremdstoffen ein Eindringen in das Innere des Körpers erschwert. Im Körper zirkulieren bestimmte Zelltypen, die eingedrungene Keime fressen und auflösen, aber auch Plasmaproteine, die Fremdzellen schädigen. Auch die Entzündungsreaktion ist Teil des Immunsystems.
Dieser Teil des Immunsystems wird Unspezifisches Immunsystem genannt, da seine Bestandteile sich gegen alles richten, was der Organismus als fremd einstuft. Es heißt auch Angeborenes Immunsystem, da diese Mechanismen genetisch fixiert sind. Praktisch an diesem Teil der Abwehr ist, dass sie quasi in Dauerschleife läuft und sofort reagieren kann.
• Darüber hinaus verfügt der Organismus auch über ein Maßnahmenbündel, mit dem eine Immunantwort speziell gegen bestimmte Schadstoffe gerichtet werden kann.
Diesem Spezifischen oder Erworbenen Immunsystem liegt eine Auseinandersetzung mit einem Schadstoff zugrunde, in dessen Verlauf der Körper eine jeweils ganz spezifische Abwehrstrategie entwickelt. Dies aber braucht, anders als die Angeborene Immunabwehr, Zeit. Der Vorteil der Spezifischen Abwehr ist die Tatsache, dass sich quasi im Dialog zwischen Immunsystem und Fremdstoffen eine sehr flexible Antwort auf die jeweils aktuelle Bedrohung entwickelt, mit der ganz gezielt etwa gegen bestimmte Krankheitserreger vorgegangen werden kann.
Erst im gelungenen, aber sehr komplexen Zusammenspiel dieser beiden Systeme mit ihren zahlreichen Bestandteilen und ineinander greifenden Regelsystemen entsteht ein gut funktionierendes Immunsystem.

Immunsystem auf Abwegen

Pferde haben, wie wir, andauernd Kontakt mit Fremdstoffen – harmlosen ebenso wie potentiell gefährlichen. Es ist wichtig, dass das Immunsystem rasch reagiert und dabei am besten mehrere Möglichkeiten nutzt, gefährliche Fremdsubstanzen rasch unschädlich zu machen. Oft vergessen wir aber, dass unsere Pferde ebenso ganz unbemerkt zu jeder Zeit auch Kontakt mit Fremdsubstanzen haben, von denen keine Gefahr ausgeht: Jeder Bestandteil ihrer Futterration, alles, was sie einatmen, jegliche Substanz, die ihre Körperoberfläche berührt, ist fremd und muss auf ihr Gefahrenpotential hin erst „untersucht“ werden! Es braucht also eine zuverlässig arbeitende Instanz, die „fremd, aber ungefährlich“ von „fremd und gefährlich“ unterscheidet und im Fall des Falles angemessen reagiert, also nachgeordnete Reaktionen auslöst. Auf dieser Ebene kommt es bei einer Allergie zu Fehlern im Bereich des Spezifischen Immunsystems.
Ein zentraler Bestandteil dieses Teils der Abwehr ist die Reaktion zwischen Antigen und Antikörper. Eingedrungene und als fremd bewertete Stoffe – Antigene – lösen die Bildung von Antikörpern aus, mit deren Hilfe diese Substanzen dann unschädlich gemacht werden. Bei einer Allergie kommt es zu einer Fehleinschätzung des Immunsystems: Fremdsubstanzen, die an sich harmlos sind und für den Organismus keine Gefahr darstellen, werden fälschlich als problematisch klassifiziert und lösen die Bildung von Antikörpern aus. In der Folge kommt es dann zu einer Immunreaktion, die mit Krankheitssymptomen einhergeht – der Organismus erkrankt aber eigentlich nicht durch die Fremdsubstanzen, sondern durch die fehlgeleitete Immunantwort.
Einer Allergie liegen immer mindestens zwei Expositionen zugrunde: Beim Erstkontakt mit dem – vermeintlichen – Antigen kommt es zur Bildung von Antikörpern, die erst beim zweiten und dann jedem weiteren Kontakt zu den Symptomen einer Allergie führen. Solche Allergie auslösenden Antigene werden auch als Allergene bezeichnet, der Erstkontakt mit der darauf folgenden fehlgeleiteten Immunantwort wird auch als Sensibilisierung bezeichnet.

Was kann eine Allergie auslösen und welche Symptome treten am häufigsten auf?

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Text: Angelika Schmelzer, Foto: Adrian Bozai