Krank oder gesund?

Gestern schien noch alles in Ordnung, heute wirkt Ihr American Quarter Horse irgendwie anders – nicht so munter, weniger bewegungsfreudig, kaum interessiert. Vielleicht bemerken Sie im Training unklare Veränderungen im Gangwerk, möglicherweise atmet es rascher, schwitzt früher, liegt länger als sonst. Diese und viele Anzeichen können, müssen aber nicht, auf eine Gesundheitsstörung hinweisen. Gut, wenn der Pferdehalter solche Veränderungen rechtzeitig bemerkt – aber es ist eben nicht immer klar, ob das Pferd nun gesund oder krank ist.

Was ist „Gesundheit“, was „Krankheit“?

Gesundheit wird gemeinhin als ein Zustand aufgefasst, der sich durch Abwesenheit von Krankheit auszeichnet, Krankheit ist also der Gegenbegriff zu Gesundheit, eine scharfe Trennung fehlt allerdings – die Übergänge zwischen beiden Zuständen sind fließend. Die WHO formuliert es allerdings ein wenig anders: „Gesundheit ist der Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“ Damit wird das Lebewesen als ganzes in den Blick genommen, wobei diese Definition für den Menschen gilt – doch es spricht nichts dagegen, sie auch auf Pferde anzuwenden. Damit erkennen wir an, dass auch unsere Pferde seelisch-emotional gesund oder krank sein können. Und noch einen wichtigen Hinweis können Pferdefreunde dieser Definition entnehmen: Nicht nur „Krankheit“ spielt eine Rolle, auch „Gebrechen“ werden erwähnt und damit all die Zipperlein, die auch das robusteste American Quarter Horse im Alter irgendwann heimsuchen können. Ja, Altern ist an sich keine Krankheit – aber die damit einhergehenden Gesundheitsstörungen schon, und auch diesen gilt deshalb unsere Aufmerksamkeit. Sie gehen mit oft erheblichen Einschränkungen oder Schmerzen daher und sind dann in jedem Fall behandlungsbedürftig.

Wie lassen sich Erkrankungen frühzeitig feststellen?

Anliegen jedes verantwortungsbewussten Pferdehalters ist es, gesundheitliche Störungen rasch und effektiv zu therapieren bzw. therapieren zu lassen. Dazu gehört eine rechtzeitige Diagnose, die das Übel früh an der Wurzel packt. Den Beobachtungen des Pferdehalters kommt dabei eine weitaus größere Rolle zu als all dem modernen medizinischen Instrumentarium der Diagnostik, denn diese Beobachtungen liefern oft den Anstoß für eine tiermedizinische Behandlung.

Häufig bemerken Pferdefreunde schlicht Veränderungen, die den Körper, aber auch das Verhalten betreffen können. Diese Anzeichen werden mit früheren Erfahrungen verglichen und aus der Abweichung wird gefolgert: Hier stimmt etwas nicht! Damit wird allerdings unbewusst angenommen, dass früher alles in Ordnung war: Das bisherige Verhalten, die gewohnten körperlichen Merkmale taugen nur dann als Maßstab, wenn sie tatsächlich einen völlig gesunden Zustand des Pferdes widerspiegeln. Ganz so einfach ist es also nicht… 

Ein weiterer Grund spricht dagegen, sich alleine auf solche Veränderungen zu verlassen. Viele Krankheiten brechen nicht plötzlich aus, sondern verlaufen schleichend. Auch dann kommt es oft zu erkennbaren Anzeichen, diese sind aber so geringgradig und verstärken sich nur ganz allmählich über so lange Zeiträume, dass sie oft doch unbemerkt bleiben.

Auch ein Unsicherheitsfaktor: Vieles taugt nur als ernst zu nehmender Hinweis auf eine Erkrankung, wenn es in den Kontext gestellt wird. Ein Pferd, das sich nach der Arbeit einmal ausgiebig auf dem Sandpaddock wälzt ist anders zu bewerten als ein Kollege, der sich seit einer halben Stunde immer wieder hinlegt, wälzt, aufsteht und erneut zum Wälzen hinlegt, dabei womöglich auch weitere Auffälligkeiten wie vermehrtes Schwitzen, Umsehen nach dem Bauch usw. zeigt. Wälzen ist also nur unter bestimmten Begleitumständen als Hinweis auf eine Erkrankung – eine Kolik – zu bewerten, wie viele andere Verhaltensweisen oder Körpermerkmale auch.

Eine Auffälligkeit alleine macht also noch keine Krankheit, allerdings gilt umgekehrt auch, dass ein Normalwert, eine fehlende Abweichung von der Norm alleine nicht besagt, dass dieses Pferd gesund ist. 

Trotzdem ergibt sich alleine schon aus der Definition, dass Krankheit und Gesundheit unterschiedliche Zustände sind, die sich durch voneinander zu trennende Einzelmerkmale auszeichnen. Deshalb ist die Erkenntnis „Irgendwas ist anders“ oft tatsächlich der erste Schritt hin zu einer Diagnose. Geht es aber ein bisschen genauer?

PAT-Werte

Ja, das geht. Es gibt zuverlässige Erfahrungswerte bestimmter Körperfunktionen, die einen objektiven Vergleich ermöglichen und als Maßstab taugen, und am besten bekannt sind die PAT-Werte, also Puls, Atmung und Temperatur. 

Puls/Herzschlag: Für einen ersten Eindruck ist es unerheblich, ob Sie Herzschlag oder Puls messen. Der Herzschlag ist mit einem Stethoskop an der linken Brustwand auf Höhe etwa des Ellbogens zu hören. Der Puls lässt sich am besten mit leicht angelegten Fingerkuppen innen am Unterkiefer erfühlen. Messen Sie 15 Sekunden und multiplizieren Sie mit vier. Der Wert liegt beim gesunden Pferd zwischen 35 und 40 Schlägen pro Minute, nach Anstrengungen natürlich darüber – messen Sie also nicht während oder unmittelbar nach dem Training. Ein erhöhter Puls findet sich oft im Zusammenhang mit Fieber, bei Atemnot, Angst oder Kreislaufproblemen.

Atemfrequenz:

Die Atemfrequenz können Sie …

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Text und Foto: Angelika Schmelzer