Fellwechsel rechtzeitig unterstützen!

Wenn es langsam wieder heller wird…

Für die meisten Pferdebesitzer kommt der Frühjahrsfellwechsel jedes Jahr aufs Neue völlig überraschend und quasi über Nacht. Und dies ist ohne jedwede Ironie gemeint: Gestern noch gleichmäßig plüschig, präsentieren sich die Vierbeiner von einem Tag auf den anderen überraschend im struppigen Flickenteppich-Look. Doch nicht nur der Fellwechsel verdient gerade jetzt unsere erhöhte Aufmerksamkeit.

Die tägliche Putzaktion wird zum haarigen Gestöber, das gewohnte und gewünschte elegante Hochglanz-Outfit rückt in weite Ferne: Es ist mal wieder fellwechsel-Zeit! Und als sei die Gesamtsituation nicht schon „haarig“ genug, macht nun auch noch der Stoffwechsel des Quarters schlapp…

Raus aus den Winterklamotten!

Aufmerksame Pferdefreunde beobachten mit Erstaunen, dass ihre American Quarter Horses oft schon Ende Januar zaghaft damit beginnen, beim Putzen Haare zu lassen – zu einem Zeitpunkt also, in dem der mitteleuropäische Winter noch einmal in die Hände spuckt und so richtig ernst macht. Erst sind es nur einzelne Haare, doch innerhalb kurzer Zeit werden daraus dichte Fellbüschel, die sich beim Putzen lösen. Es dauert eine ganze Weile, bis im fortgeschrittenen Frühjahr unter all dem Gestrüpp das Sommerfell tatsächlich sichtbar wird. Mancherorts, je nach den klimatischen Gegebenheiten und Haltungsbedingungen, fallen gar Sommeranfang und Sommerfell tatsächlich zusammen.
Der Frühjahrsfellwechsel wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, die Initialzündung aber liefert immer die Wintersonnenwende, die mit den nun wieder länger werdenden Tagen vor allem die Fruchtbarkeitsprozesse, aber eben auch den Fellwechsel anstößt. „Chronobiologie“ heißt die Wissenschaft, die sich mit derlei faszinierenden Zusammenhängen beschäftigt. Es dauert eine Weile, bis man die ersten Auswirkungen bemerkt, aber ist der Prozess erst einmal in Gang gekommen, geht es von ganz alleine munter weiter.
Dabei spielen allerdings keine „Vorahnungen“ eine Rolle, wie immer gemutmaßt wird – vor allem beim Winterfellwechsel. Vielmehr nehmen allerlei Faktoren Einfluss darauf, wie der Fellwechsel im Einzelnen abläuft, darunter auch die aktuelle Witterungslage. Nicht immer sind diese Einflüsse uns bewusst oder für uns erkennbar, daher der häufige Glaube an die Vorahnung. Sicher aber ist: Weil der Fellwechsel je nach Haltungsform, Alter des Pferdes und weiteren Aspekten ganz schön anstrengend für unsere American Quarter Horses sein kann und zudem nicht selten mit einer Wiederaufnahme intensiveren Trainings zusammenfällt, lohnt ein genauer Blick auf diesen Vorgang und auf die Frage, was denn der Pferdehalter hierzu Nutzbringendes beitragen kann. Also: Was ist da eigentlich los im und unterm Pelz?

Sauber, glatt, glänzend

Die behaarte Haut von Säugetieren wird bei einer bestimmten Haardichte als „Fell“ bezeichnet. Diese Behaarung dient (auch) der Temperaturregulation. Der Fellwechsel hilft behaarten Säuge-tieren, sich der jahreszeitlich unterschiedlichen Witterung anzupassen.
Unsere Pferde durchlaufen zweimal jährlich einen Fellwechsel, der sich meist über viele Wochen hinzieht. Betrachtet man das einzelne Haar, lässt sich der Rhythmus gut erkennen: Das von der Wurzel her gebildete Haar wird lang und länger, bis sein Wachstum abgeschlossen ist. Beim Fellwechsel schiebt sich von unten ein neu gebildetes Haar vor und verdrängt das alte Haar, das nun ausfällt. Dieser Vorgang wiederholt sich immer wieder. Auffallend vor allem bei robust gehaltenen Quarter Horses: Weicht im Frühjahr der Winterpelz, können erhebliche Mengen an Fell ausgebürstet werden und es scheint das darunter zum Vorschein kommende Sommerfell von Beginn an „fertig“ zu sein. Die Behaarung wirkt sehr einheitlich. Im Herbst dagegen scheint das Pferd kaum altes Haarkleid abzustoßen und wir erkennen ein deutliches Längenwachstum des neuen Haarkleids, das eben nicht „fertig“ ist, sondern über Wochen noch zulegt, oft bis weit in den Dezember hinein.
Mit dem Fellwechsel ändern sich bei betroffenen Tieren die Eigenschaften der Behaarung, vor allem hinsichtlich der Wärmespeicherung, aber auch bezüglich der Farbe – das hängt dann mit einer Anpassung der Tarnung zusammen. Auch bei unseren Hauspferden beobachten wir oft eine gewisse Änderung der Fellfarbe, auffallend sind aber vor allem Unterschiede in der Haarlänge und Haardichte.

Beim Fellwechsel sind vor allem zwei Aspekte wichtig:

• Zum einen spielt der Faktor „Zeit“ eine Rolle. Wann beginnt der Fellwechsel meines Pferdes? Wann ist er abgeschlossen? Wie zügig und wie durchgreifend verläuft der Prozess? Wie passen jeweils der aktuelle Zustand und die Rahmenbedingungen von Haltung, Training und Witterung zusammen? Hier wünscht man sich einen zügigen Prozess, der im Einklang mit den vorherrschenden Witterungsbedingungen verläuft.
• Zum anderen richtet sich der Blick auf die Qualität des neu gebildeten Fells. Ist es dicht, glänzend, anliegend – oder wirkt es stumpf und struppig, fühlt es sich pappig an, sind die Haare nicht gleichmäßig lang? Die Haut im Allgemeinen – sie ist das größte Organ des Pferdes – und das Fell im Besonderen gilt als Spiegel der Pferdegesundheit. Gerade während des anstrengenden Fellwechsels sollte man sein Pferd fithalten, damit das neu gebildete Fell von hoher Qualität ist und der Prozess den Vierbeiner nicht über Gebühr belastet.
Es stellt sich die Frage: Was braucht es, damit beides auch klappt – und zwar bei allen Pferden? Wie also kann der Pferdehalter erreichen, dass sein Pferd rasch, mühelos und ohne gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Fellwechsel kommt?

Darmgesundheit im Fokus

Reflexartig greift der Pferdefreund zum Zusatzfuttermittel, ohne zu bedenken: Der Blick sollte sich zunächst auf den Allgemeinzustand richten und zudem die Darmgesundheit besonders in den Fokus nehmen. Sie spielt eine zentrale Rolle, denn wie sollen zugeführte Futterinhaltsstoffe in den Organismus überführt werden, wenn der Darm seine Arbeit nicht leisten kann? Zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine physiologische Darmfunktion gehört die großzügige Zuteilung qualitätsvollen Heus über Slow-Feeding-Systeme. Wo es nötig wird, kann dem Darm auch gezielt auf die Sprünge geholfen werden, etwa durch Zusatzfuttermittel, die zur Bindung schädlicher Darminhaltsstoffe eingesetzt werden, durch Produkte mit Lebendkulturen oder den Darm beruhigende und erleichternde Futtermittel wie etwa Mash.

Gesundes Pferd, glänzendes Fell

Auf dieser Basis kann bedarfsgerecht aufgestockt werden, auch mit Zusatzfuttermitteln, die zur Unterstützung des Fellwechsels angeboten werden. Wo greifen solche Futtermittel an? Zum einen geht es um die Bereitstellung der Bausteine, die für die Neubildung von Fell benötigt werden. Haare bestehen zu etwa 90 % aus Keratinen, speziellen Proteinen. Diese wasserunlöslichen Faserproteine sind typisch auch für andere Arten von Horn, etwa das Hufhorn. Die Aminosäureketten im Keratin sind helikal angeordnet, eine Struktur, wie wir sie so ähnlich von der DNA kennen. Es liegt auf der Hand, dass die Neubildung von Fell voraussetzt, dass über den gesamten Zeitraum alle benötigten Aminosäuren bereitgestellt werden. Dies kann durch ein entsprechendes Zusatzfuttermittel sichergestellt werden. Die äußere Schicht jedes Haares, Cuticula genannt, enthält allerdings auch andere Stoffe, die dem Haar seine wasserabweisende Eigenschaft verleihen, vor allem Fette und fettähnliche Substanzen. Gerne greifen Pferdehalter beim Fellwechsel deshalb auch zu hochwertigen Futterölen, um mit den darin enthaltenen essentiellen Fettsäuren die Fellneubildung zusätzlich zu unterstützen.

Neues Haar schiebt altes raus

Sind alle benötigten Komponenten für das neue Haarkleid vorhanden, ist der nächste Ansatzpunkt der Prozess des Fellwechsels, also das Abstoßen des alten Haarkleids und die „Produktion“ des neuen. Das alte Haar wird vom nachwachsenden neuen regelrecht aus der Haut geschoben, weshalb es im Grunde nur darum geht, die Fellproduktion zu unterstützen – dann geht auch der eigentliche Wechsel zügig vonstatten. Sind alle Bausteine vorhanden, kann dies über die Sicherung der Versorgung mit Mengen- und Spurenelementen sowie vor allem B-Vitaminen geschehen. Letztere werden zwar im Darm des Pferdes synthetisiert, ob damit aber der Bedarf gerade während des Fellwechsels immer gedeckt ist, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen – zumal die Synthese auch von der Darmgesundheit und der Raufutterqualität direkt abhängig ist.
Und schließlich kann noch versucht werden, die Qualität des gesamten Haarkleids günstig zu beeinflussen. Ansatzpunkt hierfür ist vor allem die tägliche Fellpflege, die während des Fellwechsels intensiver und langwieriger ausfallen kann. Spezielles Putzzeug hilft, das abgestoßene Fell heraus zu kämmen. Ausgiebiges Bürsten mit der Kardätsche sorgt für den notwendigen Glanz, regt die Hautdurchblutung und damit auch die Aktivität der Haarwurzeln an. Der natürliche Fettfilm wird gleichmäßig verteilt, der winterliche Schmodder gründlich entfernt – Frühjahrsputz fürs Pferdefell. Wo der Fellwechsel so gar nicht in Schwung kommen mag (häufig bei sehr alten oder stoffwechselerkrankten Pferden) oder mit den steigenden Temperaturen nicht Schritt halten kann, hilft der entschlossene Griff zur Schermaschine. Wer frühzeitig den hartnäckigen Winterpelz an unkritischen Stellen entfernt – vor allem die Halsunterseite und der seitliche Rumpf bieten sich an – unterstützt die Temperaturregulation. Über solche „Freiflächen“ kann das erhitzte Pferd Wärme barrierefrei an die Umgebung abgeben, was nicht nur stundenlanges Nachschwitzen im Zusammenhang mit dem Training verhindert, sondern auch den Kreislauf entlastet und verhindert, dass betroffene Pferde bei hohen Temperaturen sogar beim Rumstehen schwitzen. Für die Gesundheit ist rechtzeitiges Scheren zuträglicher als dauernde Durchnässung, zumal die Feuchtigkeit beim Schwitzen ja von innen nach außen vordringt und deshalb den Pelz als Ganzes erfasst. Wird es dann doch noch einmal empfindlich kühl, kann eingedeckt werden. Häufig finden sich außerhalb der Fellwechselsaison günstige Angebote für leistungsstarke Schermaschinen und auch für diverses Spezial-Putzzeug – greifen Sie jetzt zu!

Fellwechsel-Vorsorge: Wann zufüttern?

Die Zufütterung entsprechender Produkte beginnt bereits Wochen vor dem eigentlichen Fellwechsel – der ist ja immer der zweite Schritt, mit der beginnenden Neubildung des Fells als erstem Schritt. Aminosäurekonzentrate, vitaminisierte Mineralstoffprodukte und hochwertige Futteröle werden deshalb bereits ab Mitte/Ende Januar zugefüttert, um so die bereits unsichtbar angelaufene Fellproduktion zu unterstützen. Dies ist umso wichtiger, als im Februar/März häufig das Training nach der Winterruhe allmählich wieder intensiviert wird, die Grundfutterversorgung aber aufgrund der zunehmend langen Lagerzeit an Qualität einbüßt.
Der Frühjahresfellwechsel fällt in eine Übergangszeit, in der das Futter des vergangenen Jahres allmählich überlagert, aber noch kein neues zur Verfügung steht. Mit dieser langen Lagerzeit einher geht eine gewisse Abnahme der Nährstoffgehalte und parallel dazu eine mögliche Zunahme der Belastung mit Schimmelpilzen und anderen Schadstoffen, die sich negativ auf den gesamten Verdauungstrakt (dazu gehört auch die Leber!)
auswirkt. Versorgen Sie Ihr American Quarter Horse also bereits jetzt mit hochwertigen Futterzusätzen und überprüfen Sie Ihr Putzzeug inklusive Schermaschine auf Vollständigkeit und Funktionstüchtigkeit, bevor es gebraucht wird.
Planen Sie möglicherweise belastende medizinische Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen, Wurmkuren, Zahnkontrollen, verschiebbare kleine Eingriffe so, dass sie nicht unbedingt mitten in den Fellwechsel fallen und Ihren Quarter zusätzlich anstrengen. Dann kann der Fellwechsel kommen…

Text und Foto: Angelika Schmelzer