Immunsystem stärken – Infekten vorbeugen

Pferde vor Erkrankungen schützen

In den Herbst- und Wintermonaten stellen Viren, Bakterien und Co. das Immunsystem unserer Pferde auf eine harte Probe: Ist die körpereigene Abwehr nicht stark genug, kommt es vor allem im Bereich der Atemwege leichter zu Infekten. Was wir als Halter tun können, um unsere Tiere vor einer Erkrankung zu schützen, weiß die auf Pferde spezialisierte Tierärztin Tina Wassing.

Auch bei Pferden haben Atemwegsinfekte in der kalten Jahreszeit Hochsaison, denn gerade jetzt kommen viele Faktoren zusammen, die sich negativ auf das Immunsystem auswirken können. „Der Fellwechsel hat viel Energie gekostet und Spurenelemente verbraucht,
daher wird er vor allem im Alter zu einem regelrechten Kraftakt für das Tier“, so Tina Wassing, Pferdepraktikerin aus Ahaus. Nach der Weidesaison steigt bei vielen Pferden zudem der Stresslevel, wenn sie sich auf den nun engeren Ausläufen neu arrangieren müssen. Und auch der Umstand, dass noch immer viele Pferde die dunkle Jahreszeit überwiegend im Stall verbringen, ist problematisch. „Wenn dann auch noch der Boxennachbar nicht gefällt und dauernd gestritten wird, kann der Tag sehr lang und der Stress sehr groß werden“, so die Expertin. Außerdem wird auch die Übertragung von Krankheitserregern begünstigt, wenn die Pferde im Stall und auf den Ausläufen dichter zusammenstehen als auf der Weide.

Was beeinflusst die Abwehrkraft?

Äußere Faktoren wie anhaltender Stress, ungünstige Haltungsbedingungen und schlechte Futterqualität können die körpereigene Abwehr empfindlich schwächen. Gleiches gilt auch für innere Faktoren wie chronische Erkrankungen, etwa Cushing oder Allergien, für Infektionen mit Bakterien und/oder Viren sowie das Alter. „Um eine starke Immunabwehr beim Pferd zu fördern bzw. aufzubauen, sollte das Pferd möglichst staubfrei gehalten werden und das Futter nicht durch Dreck oder Pilzbelastung verunreinigt sein“, erläutert Tina Wassing. „Zudem braucht der Vierbeiner ausreichend Möglichkeiten, sich an der frischen Luft zu bewegen – und das nicht nur unter dem Sattel und an der Longe, sondern auch mit Kontakt zu anderen Pferden frei auf der Weide oder im Auslauf.“ Bei älteren oder vorerkrankten Tieren, aber auch bei bereits bestehenden Infektionen im Bestand kann es laut der Tierärztin sinnvoll sein, die Aktivität des Immunsystems durch die Injektion von Paramunitätsinducern zu fördern. „Effektiv sind außerdem biologische Tierarzneimittel, die zum Beispiel durch die Inhaltsstoffe weiße Schwalbenwurz und Schwefel das Immunsystem stärken und gleichzeitig antivirale Effekte haben.“

Schwachstelle Atemwege

Da die Atemwege in direkter Verbindung mit der Umwelt stehen, kommt es in diesem Bereich besonders leicht zu Infekten. „Vor allem bei Bewegung gelangen große Mengen Luft in die Atemwege – und damit auch all das, was sie an Schadstoffen wie Krankheitserregern, Pollen, Pilzsporen, Staub, Schadgasen oder Allergenen enthält. Eine hohe Schadstoffbelastung reizt die Atemwege, die in der Folge mehr Schleim produ-zieren“, erklärt Tina Wassing. Außerdem locken die Schadstoffe mehr Fresszellen an, die Teil einer Entzündungsreaktion in den Atemwegen sind.
„Der klassische Atemwegsinfekt beginnt schon einige Tage vor dem ersten Husten: Die Pferde haben vermehrt wässrigen Nasenausfluss, manchmal auch leicht geschwollene Lymphknoten und sind nicht so motiviert in der Arbeit. Im weiteren Verlauf kann es zu Temperaturerhöhung und Husten kommen. Spätestens dann sollte immer der Tierarzt geholt werden, denn je schneller die Diagnose steht, desto schneller kann auch gehandelt werden – sowohl was die Therapie betrifft als auch bezüglich eventuell sinnvoller Quarantänemaßnahmen für das erkrankte Tier“, sagt die Pferdeexpertin.
Als Halter können und sollten wir den Heilungsprozess unseres Pferdes ebenfalls unterstützen. „Als erste Maßnahme sollte dem Pferd Ruhe gegönnt werden. Inhalation mit isotonischer Kochsalzlösung oder Sole hilft den Atemwegen bei der Elimination von Schleim. Innerlich kann das Immunsystem mit der Gabe von Kräutern, homöopathisch mit Ferrum phosphoricum oder mit einem biologischen Tierarzneimittel unterstützt werden.“ Letzteres ist sehr gut verträglich und stimuliert nicht nur die Immunabwehr, sondern leistet durch seine antivirale und schleimlösende Wirkung auch bei der Behandlung von Atemwegsinfekten gute Dienste.

Das Alter als Risikofaktor

Vor allem Haltern von betagten Pferden rät Tina Wassing dazu, besonders gründlich auf die Immunabwehr ihres Tieres zu achten, da die Senioren meist mehrere Probleme haben: „Abnehmende Zahnsubstanz reduziert die Verdaulichkeit der Mahlzeiten, die Nährstoffe werden schlechter aufgenommen. Häufig kommt es so zu einem Mangel an Nährstoffen, Mengen- und Spurenelementen, was dann wiederum einen negativen Einfluss auf das Immunsystem hat“, so die Tierärztin. Die Fütterung sollte daher entsprechend angepasst und aufgewertet werden. Auch der Verlust von Beweglichkeit durch Arthrosen und der niedrigere Rang in der Herde verursachen bei alten Tieren Stress, der einen negativen Einfluss auf das Immunsystem mit sich bringt. Hier empfiehlt es sich laut der Expertin, den Stress durch eine Haltungsänderung zu minimieren und begleitende Therapieoptionen für die Arthrose einzusetzen.

Text: Lisa Wölfel