Gesunde Pferdezähne
Regelmäßige Kontrolle & pferdegerechte Fütterung
Gesunde Zähne und ein funktionstüchtiges Gebiss sind in vielerlei Hinsicht die Grundvoraussetzung für ein gesundes Pferd. Worauf es in Sachen Zahngesundheit und der damit einhergehenden Ernährung des Pferdes ankommt, erläutert die Tierärztin und IGFP Dentalpraktikerin Mag. med. vet. Caroline Rezabek.
Das Wichtigste zum Anfang: Pferdezähne funktionieren anders als die Zähne von Hunden oder Menschen. Sie lassen sich ganz gut mit einem Minen-Bleistift vergleichen: Die Zähne werden aus dem Zahnfach herausgeschoben und an der Kaufläche abgenutzt. Dabei entstehen scharfe Kanten und der Zahn wird mit den Jahren kürzer, so wie sich die Mine eines Bleistiftes durch Schreiben und Spitzen abnutzt und in der Folge kürzer wird. Im Laufe des Alterns finden kurze Zähne weniger Halt im Kieferknochen und werden locker. Dadurch können sie oft nur noch ungenügenden Kaudruck aufbringen, um die Nahrung adäquat zu zerkleinern. Aber nun erst einmal zum jungen Pferd.
Vor dem Anreiten: Zähne checken!
Auch Milchzähne können bereits sehr scharfe Kanten bilden, welche die Maulschleimhaut verletzen und zu Fressproblemen führen können. Im Alter zwischen drei und vier Jahren, also zum Zeitpunkt des Anreitens, passiert im Pferdemaul sehr viel: Zwölf Milchbackenzähne und die Schneidezähne werden gewechselt, einige Backenzähne ohne Milchzahnvorläufer brechen durch die Schleimhaut.
Spätestens vor der Gewöhnung an das Gebiss sollte unbedingt eine Zahnkontrolle bzw. -behandlung erfolgen. Es wäre unfair, vom Pferd Feinfühligkeit im Maul, ein Herantreten ans Gebiss und ein problemloses Auftrensen zu erwarten, ohne dafür gesorgt zu haben, dass das Snaffle Bit angenehm im Maul liegen kann.
Gerade der Zahnwechsel der ersten richtigen Backenzähne mit ca. 2,5 Jahren kann problematisch hinsichtlich der Arbeit mit dem Snaffle Bit sein. Das Gebiss kann mit der Zunge oder durch Zügelzug zwischen die ersten Backenzähne geschoben werden und dort warten oft sehr spitze Kanten der frisch durchbrechenden Zähne, Reste der Milchzähne und leichte Entzündungen des Zahnfleischs. Da sind Schmerzen programmiert, die nicht selten als Widersetzlichkeit gedeutet werden.
Ein zu straffer Nasenriemen oder Mouth Closer kann zudem die empfindliche Backenschleimhaut gegen die Kanten der Oberkieferbackenzähne drücken und zu Schleimhautverletzungen führen.
Vor den ersten richtigen Backenzähnen können Wolfszähne stehen. Diese kommen nicht nur im Oberkiefer vor, sondern ab und an auch im Unterkiefer oder liegen sogar, von der Schleimhaut bedeckt, nahezu unsichtbar im Kiefer. Sie können wie ein Steinchen im Schuh wirken und Schmerzen bereiten, wenn das Gebiss dagegen drückt. Nicht selten brechen Wolfszähne ab und die Pferde können nicht schmerzfrei ans Gebiss herantreten.
Häufige Kontrolle ja, massives Eingreifen nein
Bei vielen Pferden läuft der Zahnwechsel zum Glück recht problemlos ab. Ein zu frühes Entfernen von Milchzahnkappen, bevor diese deutlich locker sind, kann zur Schädigung des bleibenden Zahnes führen. Der bleibende Zahn wird durch den Milchzahn geschützt und kann sich dadurch in Ruhe entwickeln und mineralisieren.
Engmaschige Kontrollen, welche nicht unbedingt in Sedierung stattfinden müssen, sind bei Jungpferden jedoch wichtig, um Probleme frühzeitig zu erkennen. Durch einen stark zeitversetzten Wechsel von gegenüberliegenden Backenzähnen kann schon früh ein Wellen- oder Stufengebiss entstehen, das korrigiert werden muss.
Unterkiefer muss gleiten können
Ähnlich verhält es sich bei einem Meißelzahn. Das ist ein einzelner Zahn mit fehlendem natürlichem Abrieb, zum Beispiel nach Extraktion des gegenüberliegenden Zahnes oder bei breiten Zahnlücken. Alle diese Probleme behindern ein freies Gleiten von Ober- und Unterkiefer aneinander. Die Kiefer müssen nicht nur seitlich frei gleiten, sondern auch eine ungehinderte Vor- und Zurückbewegung machen können.
Soll ein Pferd den Nasenrücken Richtung Senkrechte bringen, ist es notwendig, dass der Unterkiefer nach vorn gleiten kann. Jede Blockade eines freien Gleitens der Kiefer führt zu Verspannungen im Nackenbereich und in der Folge zu weiteren Rittigkeitsproblemen. Außerdem nutzen sich die Zähne nicht korrekt ab, einzelne Zähne werden vermehrt abgenutzt, teilweise bis zur Unbrauchbarkeit, Kau- und Zahnschmerzen können entstehen, da die Biomechanik gestört wird.
Kleine Unregelmäßigkeiten, große Wirkung
Doch nicht nur grobe Fehlstellungen blockieren die freie Bewegung des Unterkiefers, auch subtile Unregelmäßigkeiten können erhebliche Folgen haben. Stehen Ober- und Unterkiefer nicht korrekt übereinander, kann es zur Bildung von messerspitzen Haken an den ersten und letzten Backenzähnen kommen. Dem voraus geht oft eine sogenannte Rampenbildung: Die ersten/letzten Backenzähne ähneln einer Sprungschanze, sind also nicht gerade, sondern auf der Vorder- bzw. Rückseite deutlich schief. Ohne Korrektur erfahren insbesondere diese Zähne während des Kauens Druck in die falsche Richtung. Statt zueinander werden die Zähne auseinander gedrückt, eine Zahnlücke (Diastema) entsteht.
Solche Zahnlücken begünstigen ein Festhängen von Futter zwischen den Zähnen, ein perfekter Nährboden für Bakterien. Leider können Pferde keine Zahnseide verwenden und so kann das Futter zwischen zwei Zähnen dauerhaft steckenbleiben und wird immer tiefer ins Zahnfleisch gedrückt. Wie auch wir Menschen können Pferde dadurch Parodontitis und Zahnfleischtaschen bekommen, also eine sehr schmerzhafte Entzündung des Zahnfachs. Zahnfleischtaschen stellen beim Pferd den häufigsten Grund für Zahnverluste dar.
Karies auch beim Pferd Pferdebesitzer sind nicht selten verwundert, dass Pferde auch Karies haben können und diese kommt leider sogar immer häufiger vor. Vor allem die Oberkieferbackenzähne sind häufig betroffen, denn diese besitzen mittig zwei Schmelzbecher, welche mit Zahnzement gefüllt sind. Dieser Zahnzement kann durch Bakterien leicht zersetzt werden. Doch nicht nur in der Zahnmitte befindet sich Zahnzement, sondern auch auf der Außenseite aller Zähne, welche damit ebenso anfällig für Karies ist.
Kariesverursachende Bakterien zersetzen nicht nur Zement, sondern in Folge auch Zahnschmelz und -dentin. Im Zeitverlauf der Karies kann der Zahn sogar brechen. Die Schmerzen beginnen allerdings nicht erst mit einer Zahnfraktur, sondern wesentlich früher, nämlich schon dann, wenn der Zahnnerv durch die fortgeschrittene Karies betroffen ist.
Karies ist meist fütterungsbedingt
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Text und Foto: Mag. med. vet. Caroline Rezabek