Mineralien, Vitamine & Spurenelemente
Wichtig für Körper und Geist
Fit und fröhlich, gesund und leistungsstark – so sollen unsere American Quarter Horses an unserer Seite durchs Leben galoppieren. Die richtige Ernährung liefert sowohl die „Bauteile“ als auch den „Antrieb“ für den Hafermotor. Ein prüfender Blick auf die Bestandteile einer Futterration zeigt, dass es auf deren kleinste Bestandteile manchmal ganz besonders ankommt.
Vitamine, Mineralien, Spurenelemente: Dass unsere American Quarter Horses auf eine gesicherte Zufuhr dieser Ernährungswinzlinge angewiesen sind, ist unbestritten – aber warum? Was macht sie so besonders, und warum können Defizite so weitreichende Auswirkungen haben? Wie lässt sich eine bedarfsdeckende Zufuhr all dieser Elemente sichern – reicht deren Gehalt im Grundfutter nicht? Warum und wann braucht ein Pferd ein entsprechendes Zusatzfuttermittel? Die Übersicht über ein so komplexes Thema zu behalten ist auch angesichts der enormen Produktvielfalt nicht einfach…
Die Metapher vom Hafermotor passt eigentlich ganz gut: Damit er einwandfrei arbeiten und Leistung erbringen kann, braucht es alle Elemente des Motors und zudem Schmiermittel und „Benzin“. Ein einziges, fehlerhaftes oder fehlendes Rädchen oder Schräubchen, mag es noch so winzig sein, stellt das ganze System in Frage: Der Motor springt nicht an, läuft nicht rund, versagt unter Belastung den Dienst. Umgekehrt gilt aber auch: Sind alle Bauteile des Motors eingebaut und gut in Schuss, ist ausreichend Motoröl und Benzin vorhanden, bringt ein „Mehr“ keine bessere Leistung. Hier ein zusätzliches Schräubchen oder Rädchen anbringen, dort den bereits randvollen Tank unbedingt auffüllen wollen – all dies wird keinen positiven Einfluss auf Leistungsfähigkeit und Lebensdauer des (Hafer-)Motors haben. Übertragen auf die Fütterung unserer American Quarter Horses bedeutet dies: Es muss sichergestellt werden, dass sie alle benötigten Vitamine, Mineralien und Spurenelemente bedarfsdeckend erhalten, eine Gabe über diesen tatsächlichen Bedarf hinaus aber hat keinerlei verstärkende Wirkung.
Zwei Stoffgruppen
Vitamine, Mineralien und Spuren-elemente werden zwar meist in einem Atemzug genannt und gerne auch zusammen in ein entsprechendes Zusatzfuttermittel gemischt, gehören aber in zwei verschiedene Stoffgruppen und haben auch sonst nicht viel gemeinsam.
Vitamine sind organische (sie enthalten sowohl Kohlenstoff als auch Wasserstoff) Verbindungen, sind also aus mehr als einem chemischen Element aufgebaut. Tiere und Pflanzen unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit zur Synthese dieser Stoffe. Während Tiere auf die Zufuhr bestimmter Vitamine über die Nahrung angewiesen sind, gilt das nicht für Pflanzen. Und auch von Tier zu Tier gibt es größere Unterschiede – während etwa die meisten Tiere selbst ausreichend Vitamin C produzieren können, müssen Menschen dieses Vitamin mit der Nahrung zu sich nehmen. Streng genommen wird der Begriff „Vitamin“ nur für solche Verbindungen angewendet, die für ein bestimmtes Tier essentiell sind, die es nicht selbst produzieren kann.
Für Pferde beispielsweise ist das, was beim Mensch „Vitamin C“ heißt, kein Vitamin, sondern nur ein Metabolit, ein Stoffwechselprodukt – Pferde produzieren Vitamin C selbst und müssen es nicht mit der Nahrung aufnehmen.
Zwei Aspekte sind in diesem Zusammenhang für die Fütterung unserer Pferde besonders wichtig: Die in diversen Futter-mitteln natürlich vorkommenden, von Pflanzen synthetisierten Vitamine unterliegen als organische Verbindungen einem möglichen Abbau und Zerfall. Mit der Zeit, durch ungeeignete Zu- bzw. Aufbereitung des Futtermittels und/oder unter ungünstigen Lagerungsbedingungen kann ihr Gehalt abnehmen. Und für wichtige Stoffwechselprodukte aus der Gruppe der Vitamine, die unsere Pferde selbst herstellen können und/oder von den Darmbakterien herstellen lassen, gilt eine weitere Einschränkung: Es braucht günstige Bedingungen und es braucht auch alle Bausteine, damit die Produktion bedarfsgerecht ablaufen kann. Fehlen wichtige Elemente, die darin verbaut werden müssen, stockt die Herstellung. Und sind die „Produktionsbedingungen“ ungeeignet, etwa, weil die dafür zuständigen Darmbakterien streiken, so kommt es zu einem Mangel.
Spurenelemente und Mineralstoffe dagegen sind anorganischen Ursprungs. Auch hier ist der allgemeine Sprachgebrauch nicht ganz korrekt: Unter dem Oberbegriff „Mineralstoff“ werden alle für einen Organismus lebensnotwendigen anorganischen Nährstoffe zusammengefasst, wobei man je nach Konzentration im Körper dann näher die Spurenelemente von den Mengenelementen (auch: Makroelementen) unterscheidet.
Korrekt heißt es also: Mineralstoffe, also Spurenelemente und Mengenelemente, sind anorganischen Ursprungs. Alle Bestandteile beider Stoffgruppen finden wir im Periodensystem der Elemente – weil es eben „Elemente“ sind, also keine Stoffe, die aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt sind – wieder, während wir dort die Vitamine vergeblich suchen. Mineralstoffe werden unseren American Quarter Horses also „pur“ oder allenfalls in einfachsten Verbindungen wie etwa im Kochsalz (NaCl, zusammengesetzt aus den Elementen Natrium und Chlor) zugeführt. Und während Vitamine und Mineralstoffe eine wichtige Eigenschaft teilen – sie sind lebensnotwendig und müssen dem Organismus zugeführt werden – unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Anfälligkeit, denn der Gehalt an Spuren- und Mengenelementen in einem Futtermittel nimmt weder durch schlechte Lagerung, ungünstige Zubereitung noch den Zahn der Zeit ab. Was einmal drin ist, bleibt drin.
Bedarf kennen, Zufuhr sichern
Für unsere Pferde lassen sich in Abhängigkeit von Gewicht und Leistung für alle essentiellen Vitamine und Mineralstoffe Bedarfswerte definieren. Sie können als Orientierung dienen.
Zu Abweichungen von den bekannten Werten kann es
• aufgrund eines erhöhten Bedarfs,
• durch Probleme mit der Aufnahme aus der Nahrung,
• bei größeren Verlusten (z. B. Schwitzen) und
• infolge nicht ausreichender Syntheseleistungen von eigentlich nicht-essentiellen Vitaminen kommen.
Meist kann in entsprechenden Situationen – etwa bei starken Durchfällen, Blutverlusten infolge von Operationen und anderen Gesundheitsstörungen – vorbeugend gehandelt werden, sodass sich Defizite gar nicht erst entwickeln.
Die Soll-Seite ist also im Grunde klar und gut beherrschbar. Wie sieht es mit der Haben-Seite aus? Da wird es schon schwieriger, und doch interessiert dieses Thema am meisten: Der Pferdehalter will sicherstellen, dass in der Tagesration alle notwendigen Elemente enthalten sind. Gewünscht sind dabei möglichst praxistaugliche Lösungen – wer will oder kann schon für jedes Pferd tagtäglich eine Futterration bis in kleinste Detail ausarbeiten, ständig anpassen und dabei die Bedarfe an allen Komponenten berücksichtigen? Meist steht die Versorgung des Pferdes mit Vitaminen und Mineralstoffen auf mehreren Standbeinen:
• Die Grundversorgung mit Rau- und fallweise Kraftfutter deckt immer bereits einen nicht unerheblichen Teil des Gesamtbedarfs ab.
• Ein Salzleckstein ist obligatorisch (außer bei Fohlen) und sichert die Zufuhr von Natrium und Chlor.
• Die meisten Reit- und Zuchtpferde erhalten zusätzlich ein Kombiprodukt, in dem alle benötigten Vitamine und Mineralstoffe enthalten sind.
• Im Bedarfsfall werden ergänzend weitere Zusatzfuttermittel gereicht, die entweder einzelne oder eine Mischung weniger Komponenten enthalten.
Weidegras und Heu, Stroh und Getreide – was diese Futtermittel an Vitaminen und Mineralstoffen enthalten, wird vor allem von zwei Faktoren beeinflusst: Der Gehalt an Mengen- und Spurenelementen ist vor allem abhängig vom Boden, auf dem das Futter gewachsen ist. Gesteine und Mutterboden sind regional unterschiedlich zusammengesetzt, hinzu kommen Düngung und teilweise auch Einträge aus der Luft (z. B. Jod aus Meerwasser in Küstennähe). Pflanzen können nur die Spuren- und Mengenelemente verbauen, die ihnen zugänglich sind. Fehlt etwa lokal das Element Selen – und das ist regional in sehr unterschiedlichen Konzentrationen im Mutterboden enthalten – so werden alle hier produzierten Pflanzen bereits „ab Werk“ wenig Selen enthalten. Der Vitamingehalt der Futtermittel ist zum Zeitpunkt der Gewinnung vor allem abhängig von der Pflanzenart und wird später von Art und Dauer der Lagerung beeinflusst. Die Zusammenhänge werden im direkten Vergleich sichtbar: Analysiert man einen Happen Weidegras und ein Maulvoll Heu, aufgewachsen auf und gewonnen von derselben Fläche, wird in beiden genauso viel an Mineralstoffen stecken, im frischen Grünfutter aber der Gehalt an Vitaminen größer sein. Stammen beide Proben von einem verarmten Boden, wird auch im saftigen Grün der Gehalt an Mineralstoffen sicher und der an Vitaminen möglicherweise zu wünschen übrig lassen.
Alles drin, was rein muss
Wenn also immer wieder empfohlen wird, Grünland nach Analyse einer Bodenprobe passgenau zu düngen und zudem Proben der Grundfuttermittel analysieren zu lassen, ist (auch) dies der Hintergrund: Der Pferdehalter will sicherstellen, dass Weidegras und Heu möglichst vollständig mit allen Mineralstoffen und Vitaminen ausgestattet sind, die seine Pferde brauchen, und dazu liefert der Mutterboden die Voraussetzung. Er will auch wissen, wo sich – vielleicht unvermeidliche – Defizite zeigen, um genau dort Lücken passgenau schließen zu können. Was lässt sich sonst noch tun?
• Während des Sommerhalbjahrs nimmt Ihr Pferd über das Weidegras viele Vitamine auf, im Winter lässt deren Gehalt in der „Grünfutterkonserve“ Heu oder Heulage mit der Zeit nach. Füttern Sie also im Sommer ein entsprechend zusammengesetztes Kombinat zur Weideergänzung, das dies berücksichtigt und greifen Sie mit dem Ende der Weidesaison wieder zu einem Komplett-Ergänzungsfutter.
• Achten Sie auf eine sorgfältige Gewinnung und sachkundige Lagerung Ihres Grundfutters, um die unvermeidlichen Verluste an Vitaminen so gering wie möglich zu halten.
• Bei Grundfutter von merklich überständigem Aufwuchs und letztjährigem Heu sind die Vitamingehalte meist besonders gering.
• Während bei der Fütterung eines handelsüblichen Vitamin-/Mineralstoffzusatzfutters keine Probleme zu erwarten sind, kann sich die Kombination mehrerer Zusatzfutter im Einzelfall als problematisch erweisen, wenn die Zufuhr einzelner Komponenten die zuträglichen Werte überschreitet. Füttern Sie also solche Konzentrate nur bei einem erwiesenen Defizit und nicht auf Verdacht.
• Für manche Pferdegruppen mit besonderen Ansprüchen (im Wachstum stehende Pferde, Zuchtstuten, …) sind passgenau zusammengesetzte Zusatzfuttermittel erhältlich – eine gute Wahl!
Unterschätzen Sie die Bedeutung von Mineralstoffen und Vitaminen für Gesundheit und Leistungsfähigkeit nicht – sollen unsere American Quarter Horses gesund bleiben oder werden, sollen sie leistungsstark arbeiten können, muss die Ernährung die Voraussetzungen dafür gewährleisten. Überschätzen Sie die Bedeutung dieser Nahrungskomponenten aber auch nicht, denn von einem Mehr eines bereits bedarfsgerecht gefütterten Elements geht keinerlei positive oder gar therapeutische Wirkung aus.
Text: Angelika Schmelzer, Foto: C. Albrecht-Hoschka