AQH-Zucht

Was ist ein „reinrassiges“ Pferd?

Wir kennen unzählige Pferderassen, aber die wenigsten Pferdefans haben sich wirklich einmal damit auseinandergesetzt, was „reinrassig“ überhaupt bedeutet, was dieses Adjektiv aussagt. DQHA Zuchtobmann Markus Rensing beschreibt, was ein reinrassiges Pferd ausmacht und welche Bedingungen für diese Bezeichnung auch von Amts wegen erfüllt sein müssen. 

Das Wort sagt es schon: „Reinrassig“ heißt zunächst einmal „reine Rasse“, also im eigentlichen Sinn keine Kreuzung unterschiedlicher Rassen untereinander. Diese Beschreibung würde z. B. auch auf Zebras in der Savanne zutreffen, riesige Herden bzw. Populationen in Freiheit, die sich evolutionär so entwickelt haben und ein Beispiel der Einheitlichkeit sind. 

Züchterisch (Zucht wird manchmal auch als „künstliche Evolution“ bezeichnet) gesehen ist Reinrassigkeit eine über Generationen selektierte Population, in der die Tiere, die den gewünschten Charakteristiken entsprechen, untereinander verpaart werden. 

Gezielte Pferdezucht seit 4.000 Jahren

Seit der Domestizierung des Pferdes vor etwa 4.000 Jahren ist die Spezies Pferd züchterisch „bearbeitet“ worden, unterschiedliche Gegenden und Einsatzschwerpunkte brachten die verschiedenen Rassen (neben den natürlichen Grundtypen wie Ponys, arabische oder kaltblütige) hervor. 

Zwar waren Militär und Landwirtschaft die Hauptabnehmer und Zuchtselektierer mit starkem Interesse am Zuchtfortschritt, aber die älteste Pferderasse mit eigenem Zuchtbuch ist das Englische Vollblut. Schon 1793 wurde das Zuchtbuch geschlossen. Alle heute eingetragenen Vollblüter gehen auf diese Linien zurück. Viele spätere Rassen kreuzten und kreuzen Englische Vollblüter ein, um schneller Zuchtfortschritte zu erreichen. Die englische Bezeichnung „Thoroughbred“ bedeutet so viel wie „durchgezüchtet“ und die Franzosen nennen sie „Pur Sang“, was mit „reines Blut“ übersetzt werden kann. 

Pferdezucht unterliegt dem EU Zuchtrecht

Dass das Pferd noch heute (neben Schaf, Ziege, Schwein und Rind) als fünfte Spezies dem nationalen und EU Zuchtrecht unterliegt, das wiederum verwaltungstechnisch und politisch den landwirtschaftlichen Ministerien bzw. Behörden unterstellt ist, ist ein Erbe dieser Geschichte und zeigt noch immer die Bedeutung der Pferdezucht. 

Diese tierzuchtrechtlichen Vorgaben regeln die Rahmenbedingungen der Zucht. Die staatlich anerkannten Zuchtverbände sind beauftragt, diese Vorgaben umzusetzen und die Züchter gesetzeskonform zu betreuen. 

Traditionell und immer noch vorherrschend ist die Praxis, dass ein Verband eine, „seine“ Rasse betreut. Wenn auch einige Verbände mehrere Rassen betreuen, eines ist ihnen gemein: Als staatlich anerkannter Zuchtverband identifizieren und kennzeichnen sie ihre Pferde. Keine andere Institution hat die Pedigrees und Datenbänke, um Nachkommen so sicher zu identifizieren und ihren Eltern zuzuordnen wie die Zuchtverbände. Deshalb sind sie staatlich beauftragt, diese Identifizierung durch ein Identifikationsdokument, sprich den Equidenpass, auszustellen.  

Die eindeutige Identifizierung ist die Grundlage für alle anderen Gesetze, die mit der Ausstellung von Equidenpässen einhergehen und von den Verbänden im staatlichen Auftrag mit berücksichtigt werden.  

So wird durch die Kennzeichnung als Schlacht- oder Nicht-Schlachtpferd das Lebensmittelrecht, durch die Impf- und Arzneimittel-Abschnitte die tierseuchenrechtliche Seite und durch den tierzuchtrechtlichen Teil (Tierzuchtbescheinigung) u. a. auch das Steuerrecht tangiert. 

Pferde ohne Tierzuchtbescheinigung sind keine Zuchtpferde!

Durch diese Strukturen erklärt sich auch die Bedeutung der „reinrassigen Equiden“, denn nur sie werden gesetzlich als „Zuchttiere“ bezeichnet und anerkannt. Das heißt im Umkehrschluss, dass Pferde ohne Tierzuchtbescheinigung auch keine „Zuchttiere“ sind und Pferdepässe, die nicht von staatlich anerkannten Zuchtverbänden ausgestellt werden, auch keinen Rasseeintrag bzw. keine Rassebezeichnung beinhalten dürfen. 

Pferde ohne Tierzuchtbescheinigung dürfen nicht als „Zuchttiere“ angeboten oder verkauft werden. Sie sind gesetzlich „rasselos“. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Vorgaben zur Ausstellung und Anerkennung von Tierzuchtbescheinigungen ist in der EU klar geregelt.  

Zootechnical Certificate regelt den Import

Pferde und Zuchtmaterial wie Samen, Embryos und Eizellen, die aus Drittstaaten (also von außerhalb der EU) in die EU importiert werden, müssen von einem sogenannten „Zootechnical Certificate“ begleitet werden. Dieses ist eine Art Herkunfts- und Identitätsnachweis, was in der EU als Grundlage zur Eintragung in ein EU-anerkanntes Zuchtbuch (Zuchtverbände) berechtigt. Es muss zwingend die DNA-Marker enthalten, damit es anerkannt werden kann. Ein einfaches Registrationspapier wie z. B. das CoR (Certificate of Registration) amerikanischer Verbände ist nicht ausreichend, um Pferde als Zuchttiere zu deklarieren und ihre steuerfreie Einfuhr zu ermöglichen. Der Zoll verlangt den Nachweis der Eintragung in ein anerkanntes Zuchtbuch. Verbände, die solche Pferde ohne das Zootechnical Certificate eintragen, machen sich u. U. der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig und können ev. ihre Anerkennung verlieren. 

Ein Zootechnical Certificate darf nur von einem drittländischen Verband ausgestellt werden, der in der „Zootechnical Third Country List“ der EU eingetragen ist. Mit der Eintragung in diese Liste verpflichten sich solche Verbände, die EU-Vorgaben einzuhalten. 

Aus all diesen Regularien ergibt sich: Gesetzlich definiert sich ein Rassepferd durch einen Rasse-Equidenpass (mit Tierzuchtbescheinigung), der jedem ernsthaften Züchter wichtig ist.  

Text: M. Rensing, DQHA Zuchtobmann, Foto: B. Lohfs