Fütterung & Gesundheit
Gewusst wie!
Durch bedarfsgerechte Fütterung den Grundstein für Gesundheit, Fitness und Leistungsbereitschaft legen – für gut informierte Freunde des American Quarter Horses eine Selbstverständlichkeit. So werden Rationen rechnerisch optimiert, Kataloge der Futtermittelhersteller gewälzt, Gespräche geführt, Seminare besucht und nicht zuletzt wird auch das Pferd beobachtet und überwacht: Passt alles?
Zum Themenkomplex „Fütterung und Gesundheit“ gehören zwei wichtige Aspekte. Zum einen gilt es, durch eine geeignete Auswahl, Zusammenstellung und Bemessung qualitativ hochwertiger Futtermittel die Basis für Gesundheit und Wohlbefinden zu legen, zum anderen aber auch, mit kundigem Management fütterungsbedingte Erkrankungen zu vermeiden.
Die bedarfsgerechte Fütterung ist immer eine individuelle Angelegenheit – jedes Pferd sollte eine maßgeschneiderte Ration erhalten. Bei der Vermeidung von fütterungsbedingten Problemen dagegen geht es vor allem darum, allgemeingültige Regeln, Grundsätze, Richtlinien anzuwenden. Eine gewisse Schnittmenge zwischen beiden Ansätzen ergibt sich dabei von selbst.
Alles sauber, alles frisch
Ein wichtiger Aspekt ist die Futterhygiene: Das vorgelegte Futter muss frei sein von gesundheitsschädlichen Verunreinigungen aller Art.
Dazu zählen Pilze, die Heu, Gärfutter, aber auch Kraftfutter und unter bestimmten Umständen sogar Weidegras kontaminieren. Die Schadwirkungen verpilzten Futters lassen sich auf die Pilze selbst, deren Sporen und nicht selten auf etwaige Stoffwechselprodukte zurückführen. In der Folge treten vor allem Atemwegsbeschwerden, Koliken, aber auch unterschiedliche Vergiftungssymptome auf. Manchmal kommt es zu einer Verkeimung mit Pilzen im Zusammenhang mit Produktions- und/oder Lagerungsfehlern (zu hoher Restfeuchtegehalt, zu hohe Luftfeuchtigkeit, zu hohe Temperatur, Ernte bereits verpilzten Futters in sehr feuchten Jahren). Nicht immer lässt sich eine Pilzbelastung optisch erkennen oder am typischen Geruch erahnen. Weiße, grünliche, aber auch graue oder schwärzliche Pilznester in Heu- oder Strohballen sind kaum zu übersehen, schwieriger wird es bei Befall, der sich mit einer Sinnenprüfung nur schwer oder nicht erfassen lässt. Mit Pilzen, deren Sporen oder Stoffwechselprodukten kontaminiertes Futter ist komplett zu verwerfen; die davon ausgehenden Gefahren können zu chronischen und akuten Krankheitsbildern führen, die sogar lebensbedrohlich sind.
Futter kann durch Tiere und deren Ausscheidungen belastet sein. Diese Verunreinigungen können vor, während oder nach der Produktion in die Futtermittel gelangen, etwa indem im Schnittgut befindliche Kadaver unbemerkt bleiben oder Schadnager bereits gelagertes Futter verkoten. Auch die Aufnahme von Vogelkot, etwa durch frei laufende Hühner auf dem Weideland oder verschmutzte Tränken, kann zu Problemen führen. Infolge der Verkeimung geht von jeder Kontamination mit Aas oder Ausscheidungen eine erhebliche Gefahr aus. Die bekannteste Erkrankung in diesem Zusammenhang ist der Botulismus, hervorgerufen durch die Toxine des Bakteriums Clostridium botulinum.
Dieser Keim kommt in Aas recht häufig vor und kann sich zum Beispiel in Silageballen (Luftabschluss) weiter vermehren. Gefährlich für Pferde sind die Toxine vom Typ C; sie führen zu schweren Lähmungserscheinungen etwa im gesamten Magendarmtrakt, aber auch im Bereich der Skelettmuskulatur.
Schließlich kommt es bei unsachgemäßer Produktion vor allem von Raufutter zur Verunreinigung mit Erde oder Sand, etwa durch ein zu tief eingestelltes Mähwerk oder aufgrund mangelhafter Weidepflege (z. B. weil Maulwurfshügel nicht rechtzeitig eingeebnet wurden). So gelangen nicht nur Keime unbemerkt ins Futter, vor allem führen die unverdaulichen anorganischen Verunreinigungen zu einer mechanischen Reizung und Belastung des Verdauungstraktes: Die Zähne nutzen sich schneller ab, Sand und Erde reizen die Schleimhäute in Magen und Darm, größere Mengen sammeln sich unbemerkt im Blinddarm an und können von dort kaum mehr auf natürlichem Weg ausgeschieden werden – Koliken drohen.
Manchmal kann Futter regelrecht verderben: Bereits mit Wasser angesetzte Rübenschnitzel beginnen in der Sommerhitze zu gären, auf Vorrat geschnittenes, hoch aufgeschichtetes Grünfutter erwärmt sich und „geht um“, angefrorene Karotten, überlagerte Futteröle, nachgärende Heulage – wo es in Futterlager, Trog und Krippe gammelt, lauern Gefahren für unsere Pferde.
Da hilft nur: penible Sorgfalt und Sauberkeit von der Produktion über die Lagerung bis zur Vorlage, ohne Kompromisse.
Nur richtig zubereitet ist auch gesund
Nicht selten werden Futtermittel falsch zubereitet: Der Klassiker sind sicherlich nicht eingeweichte Rübenschnitzel, die dann, trocken gefüttert, im Magendarmtrakt stark zu quellen beginnen. Die Folgen sind immer dramatisch, oft tödlich.
Auch sehr trockene Futtermittel, die stark eingespeichelt werden müssen, sollten besser vorgequollen gereicht werden, damit es nicht zu einer Schlundverstopfung kommt. Dazu gehören neben Weizenkleie und Haferflocken vor allem alle Raufuttercobs und -pellets, es sei denn, der Hersteller empfiehlt ausdrücklich die Verfütterung ohne vorheriges Einweichen. Kritisch kann auch die Aufnahme von zu stark oder eben zu wenig zerkleinertem Futter sein: Rasenmähergras oder sehr kurz gehäckseltes Raufutter bzw. Einstreu führt nicht selten zu Verstopfungen oder einer völligen Verlegung des Darms, während im Ganzen abgeschluckte Äpfel, große Karottenstücke und vergleichbare Futterbrocken oft im Schlund steckenbleiben und eine Schlundverstopfung hervorrufen.
Alte und aus Futterneid schlingende Pferde erhalten solche Brocken am besten entweder überhaupt nicht oder nur sehr stark zerkleinert (geraspelt), anderen legt man sie besser unzerkleinert vor. Das erscheint paradox, führt aber meist dazu, dass sorgfältiger abgebissen und gekaut wird, während freundlicherweise bereits maulgerecht zerkleinerte Stücke oft faul im Ganzen verschluckt werden. Und dann den Weg zum Magen nicht schaffen…
Da hilft nur: kritische Futtermittel unerreichbar für die Pferde lagern; Empfehlungen der Hersteller strikt beachten; besondere Vorsicht bei älteren Pferden und Futterneidern, die auch korrekt vorgelegtes Futter nicht ordentlich zerkleinern (können).
Weidegang mit Fragezeichen
Klingt paradox: Weidegang kann krank machen. Frisches, saftiges Grünfutter, eine ausgewogene Mischung von Gräsern, Kräutern und Leguminosen, dazu jede Menge freie Bewegung, nette Gesellschaft und viele interessante Reize – das alles gehört zum Weidegang untrennbar dazu, und dieses Gesamtpaket macht seinen unbestritten großen Wert aus. Trotzdem kann es zu Problemen kommen.
Nummer 1 der üblichen Verdächtigen sind Fructane, eine Gruppe von Speicherzuckern mancher Pflanzen. Sie sind längst als Hauptschuldige der fütterungsbedingten Hufrehe identifiziert. Unter bestimmten Umständen lagern sie sich in so großer Menge in den oberirdischen Pflanzenbestandteilen an, dass es zu einer Hufrehe kommt. Früher dachte man, das sei nur oder überwiegend im Frühjahr, beim frischen, ersten Aufwuchs der Fall, heute weiß man es besser: Auch immer dann, wenn die Pflanze – die Weide als Ganzes – Stress hat, kommt es zu so hohen Fructangehalten in den Weidepflanzen, dass der Weidegang, wenn er überhaupt möglich ist, sicherheitshalber stark begrenzt werden sollte.
Dieser Stress wird vor allem ausgelöst durch
• Trockenheit,
• Überweidung,
• Schnitt,
• fehlende oder mangelhafte Düngung und
• Frost bzw. fallende Temperaturen.
Kritisch sind häufig Kombinationen, vor allem Sonne nach einer Frostnacht. Der Fructangehalt des Aufwuchses schwankt über die Weidesaison hinweg stark, Spitzenwerte sind vor allem im Mai und im Spätherbst zu erwarten.
Noch recht neu im Fokus sind Endophyten, symbiotisch mit Pflanzen vergesellschaftete und in der Pflanze selbst wachsende Pilze, die sich unter bestimmten Umständen stark vermehren und durch die es teilweise zur Bildung giftiger Substanzen in äußerlich unauffälligen Weidepflanzen kommt. Aufgabe der Endophyten ist es, die Pflanze bei Stress zu schützen und Fressfeinde durch die Produktion nicht schmackhafter Substanzen abzuwehren. Alles, was der Weide Stress verursacht, gilt es also zu vermeiden, insbesondere Überweidung, Nährstoffmangel durch fehlende oder fehlerhafte Düngung, Hitze, Trockenheit (wobei die negativen Effekte von Hitze und Trockenheit insbesondere durch Überweidung vergrößert werden). Positiv wirken sich überlegtes Weidemanagement und eine höhere Diversität auf den Weiden aus.
Stellt man die von Endophyten ausgehende Gefahr – und die ist unbestritten – in den großen Kontext der anderen, bereits besser erforschten Probleme wie etwa hoher Fruktankonzentrationen und den spürbaren Auswirkungen der Klimaanomalie, ergeben sich durchaus Parallelen. So erscheint es grundsätzlich angebracht, beim Weidemanagement vermehrt auf eine größere Pflanzenvielfalt zu achten und alle Weiden konsequent vor Überweidung zu schützen.
Beim Weidegang kann es zudem unabsichtlich zur Aufnahme größerer Mengen Erde kommen, vor allem bei Überweidung. Ebenfalls bei abnehmendem Futterangebot ist eine Häufung von Vergiftungen zu beobachten, da Pferde nun aus Hunger weniger wählerisch und vorsichtig sind.
Da hilft nur: Weidegang mit Augenmaß und ein sorgfältiges Weidemanagement.
Futter und Wasser richtig managen
Wie kommen Wasser und Futter ins Pferd? Wer dies sachkundig managt, trägt wesentlich zur Gesunderhaltung seiner Pferde bei. Die Raufutterversorgung spielt hier die Hauptrolle: Nicht nur die Qualität von Heu und Co ist wichtig, sondern vor allem die Art der Vorlage. Das Pferd sollte möglichst den ganzen Tag Zugang zu Raufutter haben, da es dies dann in kleinen Mengen aufnimmt. So lässt sich die arttypische Futteraufnahme am besten nachahmen, denn das gesamte Verdauungssystem aller Pferde wurde in mageren Steppen geformt, wo man sich das oft spärliche Futter gemächlich erwandern musste. Slow Feeding heißt das Zauberwort, das unsere Pferde gesund erhält. Eine kontinuierliche Raufuttervorlage ist durch entsprechende Produkte inzwischen meist leicht umzusetzen. Wo dies nicht möglich oder nicht erwünscht ist, sollte zumindest darauf geachtet werden, Futterpausen von mehr als maximal sechs Stunden in jedem Fall zu vermeiden, da ansonsten die Gefahr von Magenschleimhautentzündungen und Magengeschwüren sprunghaft steigt.
Bei einer 24/7-Raufuttervorlage ist auch gewährleistet, dass insgesamt genügend Ballastfutter aufgenommen wird; es kommt dann kaum mehr zu Gesundheitsproblemen aufgrund eines ungünstigen Verhältnisses von Kraftfutter zu Raufutter. Ansonsten ist darauf zu achten, dass unter keinen Umständen mehr Kraftfutter als Raufutter gereicht wird. Ein Verhältnis 50/50 ist im Grunde schon eine Überforderung des Verdauungssystems, es sollte immer bedeutend mehr Raufutter als Kraftfutter vorgelegt werden. Zudem sind größere Kraftfutter-Tagesrationen auf mehrere Gaben zu verteilen, pro Mahlzeit werden nie mehr als 0,5 kg/100 kg Körpermasse vorgelegt. Auch wichtig für die Gesundheit: Die täglichen Kraftfutterrationen werden flexibel den jeweiligen Anforderungen angepasst: mehr Arbeit, mehr Futter in die Krippe – weniger oder kein Training, weniger oder kein Kraftfutter. So vermeiden Sie die gefürchtete „Feiertagskrankheit“, korrekt Kreuzverschlag oder Rhabdomyolyse, eine schwere, akute Erkrankung der Muskulatur, die oft bleibende Schäden hinterlässt.
Gar nicht gut für die Gesundheit plötzliche Futterwechsel: Vom Heu zum Gras und wieder zurück, mal große Mengen Kraftfutter, dann wieder keines, erst dieses, dann jenes Krippenfutter – es sind weniger die Pferde, die das nicht gut abkönnen, sondern vielmehr deren kleine Untermieter. Milliarden winziger Darmbakterien unterstützen die Verdauung und stellen sich hinsichtlich des Mengenverhältnisses der vielen Unterarten ganz genau auf ein bestimmtes Nahrungsangebot ein. Kommt es zu plötzlichen Verschiebungen, verhungern schlagartig große Anteile dieses Mikrobioms, Durchfälle und andere, teils schwerwiegende Störungen sind die Folge. Schleicht man aber allmählich das neue Futter ein und gleichzeitig das alte aus, haben die kleinen Tierchen Zeit, sich darauf einzustellen. Bei Futterumstellungen sollte man sich also immer mindestens 14 Tage Zeit lassen.
Und Wasser, das wichtigste Futtermittel überhaupt? Das steht unseren Pferden immer in sauberer Qualität und trinkbarer Temperatur zur Verfügung, dargeboten in Tränken, die eine arttypische Wasseraufnahme erlauben.
Die Trinkschalen sollten so groß sein, dass sie vom Pferdemaul nicht völlig ausgefüllt sind. Der Wasserdurchfluss ist so dosiert, dass zügig getrunken werden kann. Tränken und Behältnisse sind täglich auf Verschmutzung, die gesamte Anlage ist auf ihre Funktion zu prüfen. Bei größeren Gruppen muss gewährleistet sein, dass alle Pferde ständig Zugang zur Tränke haben.
Text und Foto: Angelika Schmelzer