Dartmoor National Park – Südengland

Unendliche Weiten

Dartmoor National Park – das ist mehr als nur eine ca. 950 Quadratkilometer große Hügellandschaft in der südenglischen Grafschaft Devon mit fantastischen Panoramablicken und den ältesten Spuren menschlicher Besiedlung in Großbritannien. Inmitten dieser idyllischen Landschaft befindet sich auch die Meldon Farm mit mehreren Hundert Rindern, die von Phil und Mandy Heard betrieben wird. Entsprechend gehören viele Pferde dazu, die für die Arbeit auf den endlos scheinenden Weiden unverzichtbar sind. 

Seit vielen Jahren bieten Phil und Mandy ein umfangreiches Urlaubsprogramm für American Quarter Horse-Begeisterte an, zu dem klassische Cattle Drives, aber auch Trails (Sternritte) oder einwöchige Dartmoor Crossings zählen. Silke Grosse-Hornke und Matthias Hornke erzählen fürs QHJ von ihren Erlebnissen. 

Ich bin schwer beeindruckt, mit welcher Gastfreundschaft und Herzlichkeit wir von Phil und Mandy am ersten Abend in dem Pub in dem kleinen Örtchen Lydford empfangen werden. Bei leckerem lokalen Essen und gutem Bier ist schnell das Eis unter allen Reitern gebrochen, die sich für den Cattle Drive angemeldet haben. Eine maximale Gruppengröße von zirka acht Reitern stellt sicher, dass eine optimale Betreuung sichergestellt ist. Beim Frühstück am nächsten Morgen hat man schon das Gefühl, alle gut zu kennen und ein „Full English Breakfast“ mit Bohnen und Speck ist die perfekte Ausgangsbasis für einen schönen ersten Tag in den Weiten des Dartmoors. 

Auf der Meldon Farm wird es dann spannend – wer bekommt welches Pferd und wie bereiten wir uns auf den Ausritt vor, der am ersten Tag zur Eingewöhnung noch ohne Rinder stattfindet? Offensichtlich hatte Phil aus unseren Pferdegeschichten am Vorabend im Pub und einem geschulten Blick bzgl. unserer Körpermaße sehr schnell schließen können, wer welches Pferd bekommt und – so viel sei vorweggenommen – er lag mit seiner Auswahl perfekt richtig. 

Mir wird Flash zugeteilt, ein Kraftpaket, das mir von Beginn an unglaubliche Sicherheit vermittelt, auch wenn es mal etwas steiniger oder matschiger wird. 

Die Sicherheit und das Wohl der Pferde stehen generell bei dem Farmerpaar an erster Stelle, und die Liebe zum Pferd zeigt sich permanent. Sättel, Trensen und weiteres Material sind ebenso akribisch gepflegt wie die Pferde, die sich bester Gesundheit erfreuen und sehr gut zu reiten sind. 

Dartmoor-Ponys und Jahrtausende alte Steinkreise

Der Eingewöhnungsritt führt vorbei an wilden Bachläufen, kolossalen Granitfelsen (sog. Tors) und weiten Wiesen, auf denen immer wieder freilebende Dartmoor-Ponys zu sehen sind. Als diese in den Galopp gehen, spüre ich auch bei meinem Wallach, dass er nach ein paar Tagen Stallruhe jetzt auch gerne in die nächste Gangart schalten möchte, aber zu gut erzogen ist, um das alleine zu starten.  

Die Mittagspause findet in unmittelbarer Nähe eines prähistorischen Steinkreises statt. Mandy hat vorab alle Satteltaschen mit Lunchboxes bestückt und natürlich ist auch für jedes Pferd eine Möhre dabei! Es ist faszinierend sich vorzustellen, dass an diesem Ort schon vor mehreren Tausend Jahren Menschen ums Lagerfeuer saßen. 

Nach dem Lunch, den die Pferde zum Grasen nutzen, geht es vorbei an einer alten Zinnmine. Nach einer Flussdurchquerung zeigt der zunehmende Vorwärtstrieb der Pferde, dass wir nicht mehr weit von der Farm entfernt sind, wo wir mit Tee, Kuchen und fabelhaften Scones empfangen werden. Unsere Reitführer sprechen noch individuell mit jedem, wie er sich auf seinem Pferd fühlt, wo noch etwas bezüglich Sattel oder Zaumzeug zu optimieren ist oder ob gar ein anderes, z. B. ruhigeres Pferd gewünscht ist. So wird sichergestellt, dass für den eigentlichen Cattle Drive jeder das Pferd hat, das seinen reiterlichen Fähigkeiten voll entspricht.  

Nach einem wunderbaren Tag im Sattel habe ich das Gefühl, schon lange im Urlaub zu sein. Die frische Luft, die Landschaft und die Pferde beschleunigen für uns alle die Erholung bereits am ersten Tag, der in geselliger Runde im Pub bei vielen Pferdegeschichten endet. 

Cattle Drive – Auge in Auge mit dem Rindvieh

Was erwartet uns am zweiten Tag, wenn es endlich zum eigentlichen Cattle Drive geht? Wie wird mein Pferd – und vor allem auch ich reagieren – wenn wir die Rinderherde treiben und einzelne Tiere separieren, um sie dann zur Farm zurückzubringen oder auf andere Weiden zu treiben? Ich erinnere mich an die erste Begegnung meines Pferdes daheim auf einem Ausritt mit einer Rinderherde, die ich im spontanen Jagdgalopp erleben durfte (zurück in Richtung Stall)! 

Aber meine Sorge sollte vollkommen unbegründet sein – unter der Anleitung von Phil werden wir sorgfältig an unsere Aufgaben herangeführt und sämtliche Pferde sind unerschrocken in der Rinderarbeit. Wir bekommen die Aufgabe, alle Kühe einzusammeln und ins Tal zur Farm zu bringen. Dort werden dann die Kälber von der Herde separiert.  

Lediglich der plötzlich aufziehende dichte Nebel erschwert die Arbeit – wir müssen eng beieinander bleiben, um uns nicht zu verlieren. Mir selbst fällt die Orientierung schwer, aber bei Phil ist deutlich, dass das Dartmoor bei ihm und seinen Vorfahren seit jeher das zweite Wohnzimmer ist. Treffsicher findet er jeden Weg und jedes Tor. Drei weitere Tage verbringen wir nun noch beim Cattle Drive im Dartmoor – jeden Tag eine andere Tour und somit auch andere Herausforderungen, aber immer in der malerischen südenglischen Naturlandschaft. Nicht immer ist es einfach, die richtigen Kühe zusammenzutreiben, da Tiere von verschiedenen Farmen die Landschaft besiedeln. Phil weist uns an, nur die schwarzen Kühe zusammenzutreiben und sicherzustellen, dass die braunen Tiere nicht mitkommen. 

Für jeden, der vor oder statt einer langen Reise in die USA einen Cattle Drive fast „vor der eigenen Haustür“ ausprobieren möchte, dem sei dieses Abenteuer wärmstens ans Herz gelegt. 

Dartmoor Crossing – Rundreise per Pferd

Wer das Dartmoor per Pferd auf einer einwöchigen Rundreise kennenlernen möchte, dem sei das Dartmoor Crossing empfohlen. Wie bei dem Cattle Drive bekommen die Teilnehmer nach dem Eingewöhnungsritt für die gesamte Woche ein Pferd zugewiesen und dann geht es auf Tagesritten von Herberge zu Herberge. In der Regel sind dies Pubs oder Hotels wie etwa das wunderschöne historische Two-Bridges Hotel, wo auf nahegelegenen Wiesen auch die Pferde die Nacht verbringen können und frisches Gras zur Stärkung finden. Die Gepäckbeförderung wird organisiert. Die Landschaft des Dartmoor ist absolut zauberhaft und unglaublich abwechslungsreich. Wir haben großartiges Glück mit dem Wetter und kommen auch in den Genuss, blaue Blumenmeere aus Bluebells, einer Glockenblume, zu Gesicht zu bekommen. 

Freier Tag im Dartmoor Prison

In sämtlichen Arrangements, ob Trail, Dartmoor Crossing oder Cattle Drive, ist ein Ruhetag für die Pferde vorgesehen, der sich somit anbietet, um lokale Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Unsere Gastgeber organisieren etwa einen Besuch des berühmten Gefängnisses Dartmoor Prison in Princetown, dass bereits gegen 1800 zur Zeit der napoleonischen Kriege errichtet wurde und in einem angeschlossenen Museum heute eindrucksvoll seine Geschichte dokumentiert. Weitere Sehenwürdigkeiten in der Nähe sind etwa Castle Drogo, das letzte Jagdschloss, das in Großbritannien gebaut wurde oder Buckfast Abbey, eine Benediktinerabtei, die bereits um das Jahr 1.000 errichtet wurde.  

Zusammenfassend kann ich jedem, der in einer tollen Naturlandschaft reiten möchte und die Herzlichkeit und Pferdeliebe der Südengländer zu schätzen weiß, einen Aufenthalt bei Phil und Mandy nur wärmstens ans Herz legen. Für mich gibt es keinen anderen Ort, an dem ich mich so schnell und gut erholen kann. 

Info: https://www.dartmoorridingholidays.co.uk/ 

Text und Foto: Silke Grosse-Hornke und Matthias Hornke