Raus aus der Komfortzone!

Therapie und Training von Problempferden

Nicht alle Pferde haben das Glück, in einer wohlbehüteten und gut durchdachten Zuchtstätte oder bei verantwortungsbewussten Pferdebesitzern aufzuwachsen. Manche Pferde haben traumatische Erlebnisse hinter sich, die in gewissen Situationen verschiedene Reaktionen auslösen können. Die Therapeutin Diana Art berichtet von ihren Erfahrungen.

Die Arbeit mit traumatisierten Pferden ist weitaus schwieriger als mit unbedarften Jungpferden. Wir wissen nicht, was passiert ist, sondern sehen nur panische Reaktionen.
Und hier beginnt das erste große Problem. Aus Mitleid versuchen wir, dem Pferd das Leben so angenehm wie möglich zu machen, damit es entspannt bleibt, nicht verunsichert wird oder gar in Panik gerät. Wir werden so vorsichtig im Umgang, dass das Pferd immer weniger Reizen von außen ausgesetzt wird. Auf den ersten Blick mag das funktionieren, aber weiter gedacht hat das große Folgen. Wir können unser Pferd nicht vor allem abschirmen. Der nächste LKW, Traktor oder manchmal auch nur die Stallhilfe mit der Mistgabel wird wieder Panik auslösen.

Raus aus der Komfortzone
Eine geplante Konfrontation in sicherer Umgebung bringt das Pferd gewollt aus der Komfortzone. Denn: Je länger ich mich im gemütlichen Bereich der Komfortzone bewege, desto schmäler wird diese Zone mit der Zeit. Ich muss an Grenzen gehen, diese auch immer wieder überschreiten, damit sich die Komfortzone wieder vergrößern kann.
Ich hatte ein Pferd in Therapie, das panische Angst von Menschen hatte, die während des Arbeitens von hinten auf es zukamen. In der Box war es kein Problem, nur während des Arbeitens. Leider kennt niemand die Vorgeschichte des Pferdes. Es ist gut möglich, dass es gescheucht oder anderweitig misshandelt wurde, vielleicht auch verstörende Trainingsmethoden eingesetzt wurden. Es reichte schon aus, hinter ihm zu stehen und die Hand zu heben, um sich am Kopf zu kratzen. Seine Reaktion war Flucht und wenn dies nicht möglich war, begann er am ganzen Körper zu zittern. Mehrmals musste die Besitzerin unfreiwillig absteigen, weil ihr Pferd so lange panisch gerannt war, bis sie sich nicht mehr halten konnte.
Natürlich wäre eine Möglichkeit gewesen, den Wallach einfach in Ruhe zu lassen bzw. aus Mitleid alle Handlungen zu vermeiden, die Panik in ihm auslösen würden. Dadurch wäre aber das Problem nicht behoben und das Pferd müsste weiter mit der Angst und in ständiger Anspannung leben.

Entspannung wird belohnt
So arbeitete ich mit der Herangehensweise, dass er für jede Art von Entspannung belohnt wurde. Anfangs konnte man ihn nicht einmal abklopfen, ohne dass er rückwärts ausgewichen ist. Jede schnelle Bewegung war Grund zur Flucht. Ich setzte also einen Reiz, z. B. ein sanftes Tätscheln am Hals und nahm diesen Reiz erst dann weg, wenn er ruhig stehen blieb. So lernte er schnell, dass ihm Flucht nicht half. Außerdem lernte er, dass keine schlimmere Handlung folgen würde als dieses leichte Abklopfen am Hals. Die Kombination mit entspannenden therapeutischen Handgriffen ließ ihn immer mehr vertrauen.

Wie Pferde lernen
Die Fluchthaltung eines Pferdes sieht so aus: Kopf hoch, Muskulatur auf Anspannung und durchgedrückter Rücken. Als Pferdephysio- und -osteotherapeutin kann ich mir viele Dinge aus der Therapie zunutze machen, in diesem Fall ein Pferd in die Entspannungshaltung zu bringen.
Auch bei der klassischen Therapie arbeite ich so, dass mein Behandlungsreiz auf das Gewebe erst nachlässt, wenn Entspannung eintritt. Das versteht der Körper sehr schnell und es geht ins Unterbewusstsein über. Also brachte ich dem Pferd bei, über einen Griff an den Unterhalsmuskel, direkt an der Halsbasis, den Kopf zu senken und sich zu entspannen. Senken des Kopfes wird vom Pferd automatisch mit Entspannung verbunden, da alles mit gesenktem Kopf in der Natur des Pferdes angenehm ist: Fressen, Schlafen, Trinken. Sind wir also an eine stressige Situation gekommen, habe ich es durch den Griff an den Unterhals ermuntert, den Kopf zu senken und es konnte sofort wieder entspannen.

Viel Geduld: Der Weg ist das Ziel
Um ein Pferd an etwas zu gewöhnen, braucht es gutes Timing und viel Feingefühl. Ich muss wissen, wo die Grenzen sind und wie weit ich darüber hinausgehen kann, ohne zu viel Druck aufzubauen. Unter Stress arbeitet ein Gehirn nicht wie es soll und Dinge werden fehlerhaft abgespeichert. Extreme Adrenalinausschüttung sorgt dafür, dass der Körper über seine kräftemäßigen Grenzen gehen kann, um sich selbst zu schützen, aber nicht, um schlaue Entscheidungen zu treffen.
Ich setze also vorsichtig einen Reiz und.

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Text und Foto: Diana Art