Baumlos glücklich?
Die einen sind begeistert, die anderen skeptisch – bei diesem Thema scheiden sich die Geister: Die Rede ist vom baumlosen (Western-)Sattel. Was in der klassischen Reitweise gang und gäbe ist, stößt bei den Cowboys und -girls häufig auf Skepsis. Zu Recht? Wir haben es ausprobiert.
Die Vorstellung, dass ein baumloser Sattel ein tobendes Rind „hält“, ohne zu verrutschen oder gar auseinander zu fallen, fällt zunächst schwer. Muss man sich auch nicht vorstellen, denn die wenigsten Reiter hierzulande kommen in die Verlegenheit, das Lasso zu schwingen. In den hiesigen Gefilden geht es für die allermeisten Westernreiter eher um ausgedehnte Geländeritte und Training auf dem Reitplatz. Der Wunsch an den Sattel: Er muss dem Pferd passen und darf nicht verrutschen, sollte den Reiter schön nah ans Pferd heransetzen, es dem Zweibeiner erlauben, den Vierbeiner ordentlich zu reiten und – ganz wichtig – er soll gut aussehen, wie ein echter Westernsattel eben.
Zugegeben nicht ganz unskeptisch durften wir nun im Frühjahr 2021 den Freemax Westernsattel testen, der optisch von einem Baum-Sattel nicht zu unterscheiden ist. Unser Testmodell „Short“ war aus Rindsleder gefertigt (empfohlen für Vielreiter und auch für Reiter > 80 kg geeignet), eine Version aus offenporigem, weicheren Büffelleder ist ebenfalls erhältlich.
Statt eines Sattelbaums ist ein spezieller Spritzschaum verarbeitet, der dem Sattel seine Stabilität verleiht und eine große, jedoch nicht schwammige Auflagefläche bietet. Der relativ feste Spritzschaum passt sich dem Pferderücken an. Die darüber liegende Sitzfläche ist wie beim konventionellen Westernsattel traditionell in mehreren Lederschichten aufgebaut, der Reiter sitzt also nicht direkt auf dem Spritzschaum, sondern in einem ganz normalen, in verschiedenen Größen erhältlichen Sitz. Auch so werden Druckspitzen vermieden, die bei anderen baumlosen Sätteln durch den engen Kontakt des Reitergewichtes zur Tragkonstruktion des Sattels auftreten können.
Dies hat auch eine elektronische Satteldruckmessung an einem über zwei Jahre im Schulbetrieb eingesetzten Sattel bestätigt, deren Ergebnisse uns zur Einsicht vorlagen.
Angepasst wird der Sattel über die Länge und mit einer passgenau in Höhe, Breite und Winkelung abgestimmten Fork, die vorher vermessen wird, also auch hier durchaus Parallelen zum normalen Westernsattel. Der Vorteil: Wird das Pferd breiter (oder im Alter schmaler), kann die Fork ausgetauscht werden. Zudem passt sich das Skirt im Bereich der Schulter nach kurzer Zeit individuell ans Pferd an, so dass der Sattel dort „aufmacht“.
Besonderes Augenmerk liegt – wie bei jedem Sattel – auf dem Sattelpad: Es sollte anatomisch geformt sein, damit am Widerrist kein Druck entsteht, und den Wirbelsäulenkanal frei halten, um Druck auf die Wirbelsäule und Hitzestau zu vermeiden. Ideal hierfür ist das Lucky-Pad, das wir im Test benutzten, aber auch passende Pads anderer Anbieter können gesattelt werden.
Wichtig zu wissen
Auch ein baumloser Sattel wie der Freemax muss ans Pferd angepasst werden und bildet erst mit einem abgestimmten Pad ein funktionstüchtiges System. Wer sich nicht zutraut, die Fork mit dem erhältlichen Widerrist-Maß selbst auszumessen und dann auch am Sattel zu kontrollieren, sollte sich deshalb vor Ort von einem auf das System geschulten Sattelanpasser beraten lassen. Und wie bei jedem anderen Sattel auch sollte die Passform regelmäßig kontrolliert werden.
Unser Testergebnis können Sie hier weiterlesen…
Text: Lisa Maria Leichtfuß, Foto: Daniel Djuric