Schutz im Reiteralltag

Recht & Versicherung

Probereiten, Gefälligkeiten, Fremdreiter oder Tierarztbesuch – der Umgang mit Pferden und das Reiten bergen immer Unfallrisiken für den Menschen. Wer haftet mit welcher Versicherung im Schadensfall? Was müssen Sie bei einer Schadensmeldung beachten? Und was sollten Sie grundsätzlich über Recht und Versicherung wissen?

Grundsätzlich unterliegt jeder Tierhalter der Tierhalterhaftung gemäß §833 BGB. Richtet ein Pferd einen Schaden an, ist derjenige, der das Pferd hält, verpflichtet, für die Kosten aufzukommen. Deshalb sollte jeder Pferdehalter unbedingt eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen. Eine Haftpflichtversicherung für das Pferd ist zwar bislang gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber in vielen Leistungsfällen existenzsichernd, sodass sie ein absolutes Muss darstellt. Diese Versicherung deckt Schadensersatzforderungen Dritter bei durch das Pferd verursachten Schäden ab. Jedem Pferdehalter muss klar sein, dass ohne eine solche Versicherung der finanzielle Ruin droht, wenn hohe Personen-, Sach- oder Vermögensschäden entstehen. „Der Pferdehalter haftet immer für alle Schäden, die sein Tier anrichtet und zwar mit seinem gesamten Vermögen und Einkommen und unabhängig davon, ob ein eigenes Verschulden vorliegt oder nicht“, verdeutlicht die auf Pferderecht spezialisierte Fachanwältin und QHJ-Rechtsexpertin Iris Müller-Klein. „Gerade bei Kollisionen von Pferden mit Fahrzeugen beispielsweise nach Weideausbrüchen kommt es häufig zu schweren Personenschäden in Millionenhöhe. Bei einer Querschnittslähmung als Unfallfolge etwa drohen dann lebenslange Rentenzahlungen“. Deshalb sollte man bei einer Tierhalterhaftpflichtversicherung unbedingt auf eine ausreichende Versicherungssumme achten. Empfehlenswert ist eine Deckungssumme in Höhe von mindestens 15 Mio. Euro pauschal bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden, um auch langfristig vor hohen Kosten geschützt zu sein. Ganz wichtig: „Die Versicherungsbeiträge immer pünktlich bezahlen, damit man im Schadensfall abgesichert ist“, betont Müller-Klein.

Privileg für Pferdehändler

Eine Ausnahme sieht der Gesetzgeber nur für Nutztierhalter in § 833 S. 2 BGB vor. Zu Nutztierhaltern gehören alle Personen, die Tiere wie Pferde in Ausübung ihres Berufes halten, um damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. „Der Gesetzgeber privilegiert unternehmerisch tätige Personen wie zum Beispiel Pferdehändler, indem sie bei Verursachung von Schäden dem Dritten gegenüber nur dann haften, wenn sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet haben oder aber der Schaden auch bei Anwendung der im Verkehr üblichen Sorgfalt entstanden wäre“, klärt die Rechtsanwältin auf. Den Beweis im Streitfall, dass der Nutzertierhalter die ihm obliegende Sorgfalt beachtet hat, muss dieser selber führen. Häufig erfolgt dies durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, nachdem der zugrunde liegende Sachverhalt durch das Gericht ermittelt wurde. In einem konkreten Fall ritt eine Kaufinteressentin ein Pferd bei einem Händler zweimal Probe. „Während beim ersten Mal alles gut ging, wurden während des zweiten Proberitts andere Pferde von der Weide geholt. Das Pferd ging durch und rannte mit seiner Reiterin im vollen Tempo in die Stallgasse. Dabei blieb die Reiterin mit Armen und Beinen an der engen Stalltür hängen und verletzte sich so schwer, dass sie bleibende Schäden davontrug“, schildert Müller-Klein den Unfallhergang. „Weil dem Pferdehändler keine Verletzung der Sorgfaltspflicht nachgewiesen werden konnte, erhielt die Geschädigte keinen Schadensersatz“.

Wenn Helfer zu „Beschäftigten“ werden

Unfälle bei sogenannten Gefälligkeitsleistungen wie dem unentgeltlichen Pflegen oder Führen von Pferden sind in der Regel in der Tierhalterhaftpflicht eingeschlossen. Heißt: Wird ein Betreuer durch ein Pferd verletzt, ist er über die Haftpflicht des Pferdehalters abgedeckt. Kommt aber eine hilfsbereite Person beim Verladen eines schwierigen Pferdes zu Schaden, hängt es vom jeweiligen Einzelfall ab, gegen wen Ansprüche geltend gemacht werden können. „Handelt es sich nur um eine kurze Hilfe, die sofort zum Schaden führt, greift wie bei den Gefälligkeitsleistungen ganz normal die Tierhalterhaftpflichtversicherung, die Sachschäden ersetzt und Schmerzensgeld bei Verletzungen leistet. Die Krankenkasse der geschädigten Person kann wiederum ihre Ansprüche bei der Haftpflicht des Pferdehalters geltend machen“, erklärt die Fachanwältin. 
Anders verhält es sich jedoch, wenn die Hilfeleistung zeitlich über das, was normalerweise im Rahmen einer Reiterkameradschaft geleistet wird, hinausgeht, der Helfende also so umfangreich tätig wird, dass er schon „wie ein Beschäftigter“ anzusehen ist. „Dann ist es nämlich ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung, die umfassende Maßnahmen insbesondere in der Heilbehandlung leistet. Schmerzensgeld wird allerdings nicht gezahlt“, so die Rechtsexpertin. Ihr Rat: Da sich die Versicherungsleistungen gegenseitig ausschließen, sollte der Schaden bei Unklarheiten bezüglich der Zuständigkeit immer auch der gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet werden, um keine Fristen zu versäumen.

Neue Rechtsprechung bei „Handeln auf eigene Gefahr“

Grundsätzlich ist die Tierhalterhaftpflichtversicherung auch gegenüber den Personen eintrittspflichtig, die von Berufs wegen mit dem Pferd umgehen wie zum Beispiel Tierärzte, Hufschmiede oder Bereiter. Der Ausschluss der Haftung aufgrund sogenannten „Handelns auf eigener Gefahr“ fußt…

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Text: Birgit van Damsen

Zum Foto: Wer mal eben beim Stallnachbarn mithilft und es passiert etwas während dieser Gefälligkeitsleistung, ist durch die Tierhalterhaftpflicht des Pferdehalters abgesichert. Foto: Birgit van Damsen