Reiten im Winter
Abwechslung ohne Leistungsabfall
Die Wintermonate sind für alle Reiter hinsichtlich der täglichen Bewegung ihrer Pferde sehr herausfordernd: volle Reithallen, längere Aufwärmphasen und ausgedehntes Trockenreiten, teils verspannte Pferde, teils Pferde, die vor lauter Go gar nicht wissen, wohin. Reiter ohne Halle kämpfen mit Matsch, Regen, Eis und Schnee. Wenn das Wetter allzu heftig wird und der Außenplatz oder das Gelände keine Ausweichoption mehr ist, langweilen sich die Vierbeiner den ganzen Tag auf dem Paddock herum, im schlimmsten Fall sogar in der Box. Was tun?
Die Wintermonate eignen sich hervorragend, den Trainingsdruck zu reduzieren, denn schließlich ist es noch lange hin bis zum nächsten Turnier. Bestehende Rittigkeitsprobleme oder andere Trainingsbaustellen sowie neue Herausforderungen können geruhsam und mit viel Zeit und Geduld angegangen werden. Während die grüne Saison meist geprägt ist von Turnierstress und Leistungsdruck für Pferd und Reiter gleichermaßen, kann die nun ruhigere Zeit dazu genutzt werden, konzentriert, aber gelassen an „Liegengebliebenem“ oder Neuem zu arbeiten.
Während der ersten zwei, drei Monate des Jahres können nicht nur die Turnierreiter gezielt am Leistungsstand feilen und Verbesserungen erarbeiten, sondern auch die Freizeitreiter neue Energie tanken und das Pferd muskulär aufbauen.
Wichtig ist Flexibilität in den Trainings- und Reiteinheiten: Sie hält – im Gegensatz zu stumpfem Training in der düsteren Halle – die Motivation aufrecht, ohne langweilig zu werden. Das Stichwort ist „Abwechslung“, denn so gelingt es uns trotz fehlender Ausreit- und Weidezeit auch, den Alltag für das Pferd interessant und abwechslungsreich zu gestalten.
Ziele setzen ohne Druck
Klare Ziele sollte man auch im Wintertraining vor Augen haben. Ob die Vorbereitung neuer Klassen oder Optimierung derer, in denen man schon gestartet ist, ein Plan, den man grob vor Augen hat, verhindert, dass das Training – bei aller winterlichen Ruhe und angestrebter Resilienz – unkonzentriert und ineffektiv wird. Für Pferde, die erst für die Saison aufgebaut werden oder Jungpferde, die gestartet werden, geht es im Training nun um den Aufbau von Muskulatur und die Entwicklung einer gesunden Tragkraft. Auch an der Rittigkeit kann mit einfachen, zunächst lösenden Übungen gearbeitet werden, bevor es ans „Eingemachte“ geht. Mit Abwechslung und Vielseitigkeit wird das Wintertraining für den Vierbeiner spannend und bringt positive körperliche Effekte, ohne dass zu viel Druck gemacht wird.
Für den Reiter
Die Wintermonate bieten sich jedoch auch an, die reiterlichen Fähigkeiten zu überprüfen bzw. auszubauen. Bin ich körperlich fit und muskulär in der Lage, gut zu reiten? Diese Frage sollte sich jeder Reiter regelmäßig stellen und seine Fähigkeiten kritisch überprüfen – am besten zusammen mit entsprechend ehrlichen und versierten Reiterfreunden oder einem Trainer/Reitlehrer seines Vertrauens. Vor allem eine regelmäßige Sitzschulung bietet ungeahnte Möglichkeiten, in der Folge noch feiner und wirkungsvoller auf das Pferd einzuwirken und sich optimal zu präsentieren, ganz egal, wo man sich mit seinem Pferd zeigt.
In der Praxis
Wer im Winter nicht nur in der Reithalle oder auf dem Außenplatz unterwegs sein möchte, kann bei entsprechend guter Witterung und bereitbaren Böden die tägliche Reiteinheit ins Gelände verlegen. Eine gemütliche Schrittrunde, gerne mit eingebauten Steigungen und Gefälle, ist meist überall möglich. Auch eine wirklich zügige Schrittrunde, die nicht länger als eine halbe Stunde in Anspruch nehmen muss, fördert die Kondition und die Muskeltätigkeit. Wichtig hierbei ist, dass das Pferd nicht mit einem sich im Sattel lümmelnden Reiter vor sich hin latscht, sondern beide eine gewisse Körperspannung aufrechthalten. Im Idealfall gibt das Pferd den Rücken her, bei moderater Bauchspannung und angehobenem Widerrist.
Ansonsten bietet gutes Ausreitgelände viele abwechslungsreiche Möglichkeiten eines richtigen Trainings: Sauberes Anhalten und Übergänge können überall geübt werden, auch Schlangenlinien, Seitengänge oder Rückwärtsrichten sind vielerorts möglich – man benötigt dafür lediglich einen etwas breiteren, ebenen Weg. Bergauf- und Bergabreiten trainiert hervorragend Muskulatur und Balance.
Wichtig: Wer in der Dämmerung unterwegs ist, sollte zwingend auf reflektierende Ausrüstung für sich und sein Pferd achten, um für Dritte – insbesondere Autofahrer – gut sichtbar zu sein. Auch eine Stirnlampe ist hilfreich, falls die Dunkelheit schneller einsetzt als der Ritt zu Ende ist.
Text: Friederike Fritz, Foto: Heike Klar
