Gute Aufzuchtbedingungen sind das A und O

Leistungsstarke Nachwuchspferde

Alle Züchter wollen eines: dass das Fohlen aus der gut durchdachten Anpaarung sich optimal entwickelt und ein gesundes, psychisch stabiles und leistungsbereites Nachwuchspferd wird. Das gelingt nur, wenn das Fohlen von Beginn an unter besten Bedingungen großgezogen wird. 

Ob ein Fohlen ein gutes Reitpferd wird, entscheidet sich lange vor seiner Geburt bereits bei der Planung der Anpaarung. Hier achtet der verantwortungsvolle Züchter darauf, dass Stute und Hengst gesund und möglichst frei von Mängeln sind. Nicht nur ein Blick auf das Pedigree, sondern auch auf die sportlichen Erfolge sowie die Bewertungen der Elterntiere durch Zuchtrichter geben Aufschluss über Rassetyp und Korrektheit und sollten in die Zuchtplanung einbezogen werden. Ist das Fohlen aus der gewünschten Anpaarung dann auf der Welt, gilt es seine Entwicklung durch optimale Aufzuchtbedingungen zu unterstützen.

Im Idealfall: Stutenherde

Wir alle haben die wunderschönen Bilder im Kopf: eine Gruppe von Mutterstuten, die friedlich auf einer großen Weide grasen, die Fohlen spielen miteinander, ruhen im Gras oder bedienen sich an Mutters Milchbar. Das ist das Optimum und in vielen Fällen leider nicht alltäglich. Dennoch versuchen verantwortungsvolle Züchter, diesen Idealbedingungen möglich nahe zu kommen, denn neben Bewegung und der Aufnahme von Grünfutter bietet die Herden- oder Gruppenhaltung auf der Weide den Fohlen zudem die Möglichkeit, sich in ein soziales Gefüge einzufinden. Und diese Fähigkeiten benötigt jedes Pferd ein Leben lang. Der Umgang mit den anderen Mutterstuten und den gleichaltrigen Fohlen lehrt das Fohlen, wie es sich in der Herde zu verhalten hat. Es kann sich ausprobieren und seinen Platz in der Rangordnung finden – wohlbehütet von der Mutter entwickelt es Respekt, Selbstbewusstsein und adäquates Verhalten im Umgang mit anderen Pferden. Dies wiederum macht es auch dem Menschen beim späteren Umgang mit dem Pferd leichter, da die jungen Pferde bereits unter ihresgleichen gelernt haben, sich unterzuordnen und zu kooperieren.
Fohlen, die ihre ersten Monate bis zum Absetzen in Einzelhaltung mit ihrer Mutter verbracht haben, tun sich später nicht selten mit anderen Pferden schwer und haben den Ruf, auch dem Menschen gegenüber häufig ungehobelt und respektlos zu sein. Abgesehen davon fehlt ihnen die spielerische Bewegung, was nicht selten auch zu körperlichen Defiziten und eingeschränkter Bewegungsqualität führt. Häufig sind diese Fohlen dann noch fett gefüttert, was den unausgereiften Trageapparat unverhältnismäßig stark belastet und Spätfolgen mit sich bringen kann.
Wer also seinem Nachwuchs keine Stutenherde bieten kann, sollte dafür sorgen, dass mindestens eine, besser zwei weitere Stuten mit ihren Fohlen als Miniherde zur Verfügung stehen. Auch eine sichere gemischte Gruppe kann im Notfall gute Erziehungsleistungen erbringen, wenn die Stute die anderen Pferde gut kennt und keinen zu intensiven Beschützertrieb zeigt.

Sozialverhalten lernen

Sozialverhalten lernt das Fohlen nur durch Kontakte zu anderen Pferden in einem möglichst pferdegerechten Umfeld. Eine Einzelbox ist dafür nicht der geeignete Ort. Deshalb plant der Züchter bereits vor dem Absetzen, wo das Fohlen nach der Trennung weiter aufwachsen darf. In einer Gruppe mit Gleichaltrigen lernt das junge Pferd, seinen Platz in einer Herdenhierarchie zu finden. Die Jungpferde laufen und spielen miteinander, tragen harmlose Rangkämpfe aus und bieten als Gruppe dem einzelnen Pferd Sicherheit. Häufig wird eine solche Gruppe von einem älteren Pferd „betreut“, eine feine Sache. Klar ist, dass eine solche Auslaufhaltung – im Sommer auf großen Weiden und im Winter im Lauf- oder Offenstall – nicht nur der Psyche des Pferdes zugute kommt, sondern auch für eine gesunde körperliche Entwicklung sorgt. Gesund gehaltene Jungpferde mit einer ihren Bedürfnissen angepassten Fütterung sind selten fett und zeigen schon früh eine gewisse Athletik in ihren Bewegungen.

Angepasste Fütterung

Sobald die Fohlen mitfressen, genießen sie nicht nur Gras, sondern auch Heu. Das wird ihr Leben lang so bleiben. Wie jedes Pferd sollten auch sie von Beginn an und besonders in der Phase nach dem Absetzen hochwertiges Raufutter rund um die Uhr und in Ruhe zu sich nehmen können. In Gruppenhaltungen sollte es also je nach Gruppengröße ausreichend Futterplätze geben, so dass auch die rangniedrigen Fohlen ungestört fressen können. 
Sobald die Milchleistung der Stute zurückgeht, ist das Fohlen und später der Absetzer auf eine gehaltvolle Nahrung angewiesen. Um sich altersgemäß zu entwickeln, benötigt es vor allem Eiweiß und Energie. Gute Weiden decken diesen Bedarf meist für die ersten Monate ab, reicht die Weide nicht, muss zugefüttert werden. Gute Aufzuchtfutter, die ausreichend essenzielle Aminosäuren und Vitamine der B-Gruppe enthalten, decken diesen und sorgen dafür, dass keine Versorgungslücken entstehen. Aufzuchtfutter kann je nach Gegebenheit entweder allen Fohlen (bei einer schlechten Versorgungslage auf der Weide) in einem sogenannten Fohlenschlupf, der nur für diese erreichbar ist, vorgelegt werden oder im Rahmen einer Handfütterung an der Seite der Stute.
Schwierig wird das individuelle Zufüttern von anderen Komponenten in einer Gruppe von Absetzern. Während jeder Absetzer in den weidearmen Herbst- und Wintermonaten neben Raufutter satt sein tägliches Mineralfutter erhalten muss, gibt es Jungpferde, die darüber hinaus auch noch Bedarf an Aufzuchtfutter haben. Um zu gewährleisten, dass jedes Pferd erhält, was es braucht, bieten sich Fressstände entsprechend der Gruppengröße an oder die individuelle Fütterung mit einem Futtersack/Futtereimer. Hier spätestens wird deutlich, wie anspruchsvoll und aufwendig eine pferdegerechte Aufzucht ist und entsprechend ihren Preis haben muss, will man, dass jedes Fohlen optimal betreut wird.

Ein guter Aufzuchtbetrieb

Viele Züchter vermarkten ihre Fohlen bereits im Absetzalter und bieten den Käufern an, das junge Pferd auch nach dem Absetzen weiter aufzuziehen. Je nach räumlicher Entfernung ist diese Lösung eine feine Sache. Alternativ sollte man sich als Fohlenkäufer bzw. -besitzer rechtzeitig nach einem geeigneten Aufzuchtbetrieb umschauen. Ein seriöser Aufzuchtbetrieb bietet nicht nur ausreichende Fläche und pferdegerechte Infrastruktur sowie hochwertige Futtermittel, sondern weist auch Erfahrung in der Aufzucht und im Umgang mit jungen Pferden vor. Auch wenn man sein Fohlen in regelmäßigen Abständen besucht und sich davon überzeugt, dass es sich gut entwickelt, obliegt es doch dem Betreiber des Aufzuchtstalls, stets ein waches Auge auf den Gesundheits- und Ernährungszustand, aber auch die mentale Entwicklung jedes einzelnen seiner Zöglinge zu haben. Regelmäßige Hufpflege und ein dem Alter angepasstes Impf- und Entwurmungsprogramm sollten im Aufzuchtstall als Dienstleistungen mit abgedeckt sein. Auch hier muss sich der frisch gebackene Fohlenbesitzer im Klaren darüber sein, dass es diese Zusatzleistungen nicht zum Nulltarif gibt und das Großziehen eines Pferdes Geld kostet. Wer hier spart, riskiert nicht nur Einbußen im Wachstum und Fehlstellungen aufgrund mangelhafter Hufpflege, sondern lebenslange gesundheitliche Defizite, die bei rechtzeitigem Eingreifen hätten verhindert werden können.

Aufzucht: Darf´s ein bisserl mehr sein?

In erster Linie geht es in den ersten beiden Jahren des Fohlens darum, es pferdegerecht, gesund und wohlbehütet großwerden zu lassen. Aber natürlich wünscht man sich auch, dass das kleine Pferd dem Menschen gegenüber zugewandt ist und ihm vertrauensvoll begegnet. Dazu gehören – wenn es nicht bereits beim Züchter geschehen ist – Aufhalftern, Führtraining, Hufe geben (ganz wichtig für die Hufpflege), aber auch Putzen und Stillstehen an der Seite des Menschen am anderen Ende des Führstricks. Später geht es um Anbindetraining und ruhiges Stehen am Putzplatz, aber auch erstes Anlongieren und eventuell weitere Bodenarbeit. Wenn ein Betrieb dies fachgerecht anbietet, kann das eine hilfreiche Unterstützung für den Jungpferdebesitzer sein, bevor das Pferd dann dreijährig ins Training geht.

Vertrauen ist gut, Nachschauen aber auch

In Deutschland gibt es zahlreiche gut geführte Aufzuchtbetriebe, die rasseübergreifend Jungpferde unter optimalen Bedingungen großziehen. Sobald man weiß, dass man ein Fohlen erwerben möchte oder bereits eines erworben hat, sollte man sich ausgiebig umschauen und mehrere Betriebe besuchen. Auch wenn örtliche Nähe das primäre Auswahlkriterium zu sein scheint, so sollten Professionalität, Erfahrung und liebevoller Umgang mit den jungen Pferden den Ausschlag geben. Man sollte sich übrigens darüber im Klaren sein, dass ein Aufzuchtbetrieb mit einem normalen Pensionsbetrieb, in dem reger „Kundenverkehr“ herrscht, nichts gemein hat. Regelmäßige Besuche sollten möglich und erwünscht sein, aber schon allein in Hinsicht auf die Haltung der Pferde ist die tägliche Herausnahme des Absetzers aus der Gruppe meist nicht möglich. Aber dass die ersten Jahre vor allem Geduld gefragt sein wird, dessen sollte sich der Fohlenkäufer bewusst sein. Bei richtiger Aufzucht und pferdegerechtem Umgang gibt es allerdings nichts Schöneres, als ein Fohlen von Anfang an auf seinem Weg zu begleiten.

Text: Friederike Fritz