Abwechslung im Training

Bewegung – aber bitte vielseitig!

Wenn unsere American Quarter Horses etwas auszeichnet, dann ist es ihre ungeheure Vielseitigkeit! Sie fühlen sich auf dem Reitplatz ebenso zuhause wie im Gelände, nehmen anspruchsvolle Pattern genauso mit Bravour an wie herausfordernde Wanderritte, freuen sich über Abwechslung und lassen sich offen auf neue Aufgaben ein. Gut so, denn damit kommt viel und vor allem vielerlei Bewegung in ihr Leben!

Der Pferdeorganismus ist grundsätzlich auf Bewegung eingestellt. Viele Strukturen funktionieren nur dann auf physiologische Weise, wenn das Pferd sich täglich ausreichend und auf eine zuträgliche Weise bewegt – viele Stunden, mit dem Schwerpunkt auf ruhigem Schritt in entspannter Haltung. Die Lunge wird durchlüftet und in ihrer Selbstreinigung unterstützt, der Darm leise durchgeschaukelt und aktiviert, genügend Gelenkschmiere gebildet und in die Gelenkknorpel einmassiert, die Durchblutung bis in die Hintergliedmaßen, bis in die Hufregion aufrecht erhalten. Alle Muskeln werden gleichmäßig mal gedehnt, mal angespannt, alle Gelenke immer wieder gebeugt und gestreckt. Das Herz schlägt mal ruhig und langsam, mal kräftig und schnell. Auch im Kopf tut sich etwas – mal ist Routine, mal Abenteuer angesagt, die Sinne empfangen immer wieder unterschiedliche Reize, der Geist verarbeitet sie, ordnet sie ein, bewertet. Es ist der Wechsel, den unsere Pferde brauchen, um auch langfristig gesund und fit zu bleiben. Bewegung ist der Motor des Lebens – ohne Bewegung, ohne die richtige, physiologische Form von Bewegung schwächelt der Antrieb.

Einseitig kontra vielseitig
Sehen wir uns an, wie die Evolution über Jahrtausende unser Pferd in Bewegung gebracht hat, wird die Bedeutung der Vielseitigkeit deutlich: Als Fernwanderwild und als Steppenbewohner musste es lange Strecken unter die Hufe nehmen, wobei es eher keine Eile hatte – es zog dem besten Futterangebot hinterher, suchte Wasserstellen auf, und das geht am besten im Schritt. Als Fluchttier waren allerdings auch schnelle Sprints aus dem Stand notwendig und als soziales Lebewesen gehörten sowohl Auseinandersetzungen als auch Spiel zu seinem Leben, beides Anlässe für mal rasche, mal gemütliche Bewegung. Viel Bewegung, viel Abwechslung dabei, vor allem die Bewältigung langer Strecken im Schritt – darauf sind unsere Pferde hinsichtlich Anatomie und Physiologie am besten vorbereitet.
In der Obhut des Menschen ändert sich bezüglich der Bewegung viel, oft zu viel: Es fehlen vor allem Gelegenheiten und Anlässe für ruhige, viele Stunden andauernde Bewegung – Futtersuche, Aufsuchen von Wasserstellen – und durch soziale Kontakte ausgelöste, selbstbestimmte freie Bewegung. Beim Training mit dem Menschen kommt das Tragen einer Last hinzu, was Mutter Natur so nicht vorgesehen hat, und der Fokus liegt hier auf eher rascher Fortbewegung, oft mit zahlreichen Brüchen durch den Wechsel von Tempo und Richtung. Es wird vor allem aber weniger Strecke gemacht, weniger lang gelaufen, dafür mit höherer Intensität.

Auf der Suche nach Kompromissen
Werden Pferde zu wenig – vor allem nicht lang genug – und dafür sehr intensiv bewegt, leiden zahlreiche Strukturen. Auch die Gesundheit und generelle Robustheit des Trageapparats nimmt mittel- und langfristig Schaden. Abhilfe versprechen mehr Bewegung und vielseitige Bewegungsvarianten. Wie lässt sich dies in der Praxis umsetzen und welche Vorteile sind jeweils zu erwarten?
Welche Aufgabe vor dem Pferdehalter liegt, macht eine einfache Rechnung deutlich: Die statistische Bewegungsdifferenz zwischen einem naturnah gehaltenen, gerittenen und einem sportlich genutzten American Quarter Horse in Einzelhaltung lässt sich grob geschätzt auf täglich bis zu etwa 15 Stunden Dauer (vor allem im Schritt) und bis zu 15 km Strecke bemessen. Dies zumindest annähernd aufzufangen gelingt am ehesten durch mehrere, aufeinander abgestimmte Maßnahmen.
Haltung: Bezüglich der Haltung bieten sich mehrere Ansatzpunkte an. Für viele Pferdehalter überraschend ist die Tatsache, dass ein größeres Platzangebot alleine einfach nicht ausreicht. Wir müssen nicht nur die MÖGLICHKEIT für Bewegung, sondern auch einen passenden ANREIZ, einen ANLASS schaffen. Dies gelingt beispielsweise durch eine Vergesellschaftung, die Anlässe zur sozialen Interaktion bietet, und durch eine Strukturierung des Lebensumfeldes mit der Einrichtung verschiedener Funktionsbereiche, also eine räumliche Trennung von Ressourcen wie Futter, Wasser und Schlafplatz. Unser American Quarter Horse bekommt dann nicht mehr alles, was es braucht, quasi auf einem Silbertablett präsentiert, sondern muss Strecke machen, um zu futtern, zu trinken, sich zu wälzen, zum Schlafen abzulegen – Stichwort „Bewegungsstall“. Zusätzlicher Weidegang auf großen, langrechteckigen Flächen kommt dazu und bringt noch ein paar Kilometer mehr.
Bewegung ohne Belastung: Einrichtungen, in und mit denen Pferde ohne Reiterlast bewegt werden, sind eine wertvolle Ergänzung, aber kein vollwertiger Ersatz für eine Haltungsoptimierung – es fehlen hier Selbstbestimmung, Abwechslung und Sozialkontakt. Laufbänder, Aquatrainer und Führanlagen sollten vor allem als Erweiterung des täglichen Trainings betrachtet und entsprechend genutzt werden.
Mit einer Haltungsoptimierung ist ein bestehendes Bewegungsdefizit am effektivsten aufzufangen, Bewegungseinrichtungen können zusätzlich genutzt werden. Beides entlastet auch den Reiter. Doch auch beim Training kann an einigen Stellschrauben gedreht werden, um einseitige Belastungen und damit Überlastungen zu vermeiden und die Arbeit insgesamt besser auf die arttypischen Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Und dies, ohne von eigenen Trainingszielen wie etwa die Vorbereitung auf Shows abrücken zu müssen!

Bewegung+: Pluspunkte sammeln beim Training
Mehr Abwechslung, weniger Belastung, gerne auch mehr Strecke, mehr Zeit: Vielseitige Bewegung ist angesagt und spielt natürlich voll in die…

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