Wenn das beste American Quarter Horse der Welt alt wird…

Unsere Pferdesenioren

Irgendwann – für die einen in naher, die anderen in noch ferner Zukunft – bemerken wir, dass unser American Quarter Horse so langsam in die Jahre kommt. Der Ausdruck verändert sich, die Bewegungen, der Körper, alles erscheint plötzlich etwas kantiger. Meist fallen uns diese Veränderungen irgendwann jenseits des fünfzehnten Lebensjahres auf, manchmal früher, häufiger wesentlich später. Wer ab diesem Zeitpunkt sein Pferd entsprechend unterstützt, kann dennoch noch viele Jahre Freude an und mit seinem vierbeinigen Partner haben. Aber wie bleibt das alternde AQH fit und gesund?

Am Anfang in Sachen Pferdegesundheit steht auch beim alternden Pferd die angepasste und vor allem ausreichende Bewegung – frei wie unter dem Sattel oder in anderen Bewegungsformen. Gerade für das Lauftier Pferd bedeutet: Wer rastet, der rostet! Und wen wundert es da, dass zahlreiche Turnierpferde, die sich deutlich dem 20. Lebensjahr nähern, fitter sind als gleichaltrige Quarter Horse-Kollegen, die ihr Leben als gemütliches Bummelpferd verbracht haben.
Dem Alter entsprechende und vor allem regelmäßige Bewegung erhält die Gesundheit des Pferdes, sei es die des Herzkreislaufsystems, des Bewegungsapparats, der Atemwege und nicht zuletzt der komplexen Verdauung des Pferdes. Klar, wir reden ab einem gewissen Alter nicht mehr von harten Stopps, Mehrfach-Spins und ewig langen Galoppzirkeln. Generell sollte für ältere Pferde die Bewegung nicht einseitig auf eine Disziplin ausgelegt sein, sondern möglichst vielseitig gestaltet werden. Es geht nicht nur darum, Gelenke mobil, Muskulatur kräftig und eine gute Ausdauer zu erhalten, sondern auch Koordination und Balance bis ins hohe Alter zu fördern. Vielseitiges, lockeres Basistraining, Stangen- und Trailarbeit und vor allem Ausritte tun Pferden ab einem gewissen Alter besonders gut. Was nicht heißen soll, dass sie zur Showsaison nicht nochmal in ihrer Lieblingsdisziplin fit gemacht werden dürfen – aber eben alles in Maßen.
Übrigens: Ein Pferd, das entsprechend bewegt wird, kann sich meist auch noch lange sicher ablegen und wieder aufstehen. Dies ist essenziell wichtig für den – wenn auch kurzen, aber tiefen – REM-Phasen-Schlaf (siehe auch QHJ, Ausgabe 10/2024). Und auch das den gesamten Pferdekörper mobilisierende Wälzen schafft ein fitter Pferdesenior noch!

Bewegen, aber wie?
Viele Pferde können bis in höhere Alter noch problemlos geritten werden, wenn man dabei mit Bedacht vorgeht und sie nicht überfordert. Generell werden Tempo und Anspruch wie oben bereits beschrieben sukzessive rausgenommen. Der verantwortungsvolle Reiter achtet besonders darauf, dass der Senior nicht allzu sehr außer Atem kommt und sich nach dem Training in einer angemessenen Zeit erholt (Atemfrequenz und Pulswerte gerne ab und zu checken). Geht dem Pferd die Kraft aus, was sich häufig durch vermehrtes Stolpern äußert, sind natürlich weitere Anpassungen fällig.
Wichtig dabei ist aber stets, das Pferd weiterhin nach seinen individuellen Möglichkeiten zu trainieren, denn sind wichtige Muskeln wie etwa der lange Rückenmuskel erst einmal im Abbauprozess, gestaltet sich das aufbauende Training umso schwieriger. Ein leichterer Reiter, eventuell sogar ein Kind mit entsprechenden Reitkenntnissen kann, richtig angeleitet, noch lange Spaß mit dem alten Pferd haben und von ihm jede Menge lernen. Eine tolle Kombi, wenn man es richtig angeht!

Bewegung ohne Reiter
Ja, irgendwann ist es soweit: Unser Pferdesenior kann nicht mehr geritten werden. Aber auch dann reicht eben nicht die Paddockbox für seine täglichen Bewegungseinheiten. Und auch ein Gnadenhofplatz ist in vielen Fällen nicht die Lösung, denn viele Pferde wollen nicht in Rente gehen oder haben Schwierigkeiten, im hohen Alter noch einmal neu anzufangen, in eine völlig unbekannte Umgebung zu ziehen, sich in eine neue Herde zu integrieren, fernab vom gewohnten Umfeld. Gerade die Beschäftigung mit ihrer langjährigen Bezugsperson sorgt dafür, dass sie nicht verkümmern, sondern wach und interessiert bleiben. Und das sind wir unseren alten Pferden schuldig! Nun ist es an uns, unsere Ansprüche zurückzufahren und für die Pferdeopas und -omas da zu sein. Und das kann auch richtig viel Spaß machen.
Am schönsten sind lange gemein-same Spaziergänge, aber auch sanfte Bodenarbeit, bei der durchaus noch Seitengänge, Stangenarbeit und ein kurzes Rückwärtsrichten abgefragt werden können – immer je nach Bewegungspotenzial des Vierbeiners. Auch eine Longeneinheit (große Zirkel, bitte) im Schritt, vielleicht sogar mit ein wenig Trab und ein paar Galoppsprüngen sollte gehen, je nachdem, was der Vierbeiner noch anbietet.

Freie Bewegung ist wichtiger denn je
Weidegang und andere Auszeiten, also freie Bewegung in der Gesellschaft von Artgenossen, sind nicht nur für ältere Pferde essentiell. Mit zunehmendem Alter wird sich der Schwerpunkt nach und nach in diese Richtung verschieben, bis das Pferd tatsächlich vielleicht
irgendwann nicht oder kaum mehr aktiv bewegt wird, sich aber immer noch selbst nach Gutdünken bewegen darf.

Haltung optimieren
Ergänzt wird das Bewegungsprogramm durch altersgerechte Fütterung, Haltung und Pflege. Alte Pferde werden häufig empfindlicher und empfindsamer. Das heißt, dass es in Sachen Haltung – wir gehen davon aus, dass diese bis dato pferdegerecht war – noch ein bisschen mehr sein darf: Besonders der Boxenboden muss rutschfest und die Einstreu darf gerne etwas tiefer sein, damit der knochige Senior weicher liegt und sicher aufstehen kann. Da die Trainings- bzw. Bewegungseinheiten kürzer werden, ist eine Gruppenhaltung bestehend aus mehreren älteren Pferden natürlich ideal, ein Senioren-Aktivstall Gold-Standard. Hier können Sozialkontakte gepflegt werden, die Pferde bewegen sich sanft den ganzen Tag über und werden nicht durch jüngere Rüpel gestört. Für die meisten Pferderentner ein Idyll, wenn sie rechtzeitig in eine solche Gruppe integriert werden, andere wiederum möchten dann bitte sehr doch noch eine Aufgabe haben und kümmern sich, solange sie fit sind, gerne um eine Gruppe Absetzer oder Jährlinge. Diese Lösung wird häufig von Zuchtbetrieben gewählt, um alternde Pferde aktiv ins Geschehen einzubinden und den Youngsters eine gute Erziehung in Sachen Sozialverhalten zukommen zu lassen. In allen Haltungsfragen gilt es natürlich, den Pferderentner genau zu beobachten: Was tut ihm gut, was kann und will er noch leisten, wo benötigt er Unterstützung und eventuell eine Anpassung oder einen Wechsel in der Haltungsform? Generell muss man sich als Pferdehalter darüber im Klaren sein, dass ein altes Pferd in vielen Dingen mehr Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl benötigt als ein jüngeres. Kälte und Hitze, Wind und Nässe werden nicht mehr so gut vertragen, Witterungswechsel häufig nicht problemlos weggesteckt.

Equipment und Gesundheit
Während Sattel und Zaumzeug so langsam verstauben, spielen plötzlich Decken in allen Variationen eine entscheidende Rolle, um den Pferdesenior vor Wind und Wetter zu schützen und damit ein Auskühlen zu verhindern. Gerade in den kommenden Monaten sollte man akribisch darauf achten, das Pferd trocken und auch warm zu halten, denn feuchte Kälte schadet dem Bewegungsapparat und generell verliert ein altes Pferd, dessen schützendes Muskelkorsett immer weniger wird, zu viel an (wert-voller) Substanz, wenn es permanent damit beschäftigt ist, sich warm zu halten.
Keine Angst, ein altes Pferd sorgsam einzudecken hat nichts mit „Verpimpern“ zu tun, zumal viele alte Pferde ein zwar langes, aber bei weitem nicht mehr dichtes Winterfell ausbilden, das nur warm aussieht, aber eben nicht ausreichend isoliert. Also: Decke drauf!
Auch wenn das Pferd nicht mehr geritten wird, sind regelmäßige Hufpflege und ggf. ein passender Beschlag ein Muss. Ja, ein altes Pferd kostet – auch wenn es nicht mehr „nutzbar“ ist – Geld. Aber daran nun nach vielen Jahren gemeinsamen Weges zu sparen, wäre nicht fair, oder?! Klar, eventuell gelingt eine vorsichtige Umstellung auf barhuf, das spart ein paar Taler. Auch Hufschuhe können eine Lösung sein. Aber am wichtigsten ist, dass sich regelmäßig um die Hufgesundheit gekümmert wird und Pflegeintervalle nicht zu lang gewählt werden.
Das Gleiche gilt für den Check beim Zahnarzt, der bitte mindestens einmal, bei bereits bestehenden Problemen zweimal im Jahr zur Kontrolle kommt. Der merkt nämlich im Idealfall bevor das Pferd abbaut, dass auch die Fütterung umgestellt oder zumindest ergänzt werden muss. Und bitte mit dem Termin nicht erst warten, bis der Pferdesenior sein Heu als Röllchen gekaut wieder ausspuckt oder sichtlich abgenommen hat.
Das Ausspucken von so genannten Heu-Wickeln ist ein eindeutiges Zeichen, dass das Pferd nicht mehr ausreichend gut kauen kann und folglich bei der Nahrungsaufnahme wahrscheinlich auch Schmerzen hat. Folglich nimmt es nicht mehr genug Raufutter zu sich und die Gefahr von Schlundverstopfungen wächst, schließlich wird das Futter nicht genügend gekaut bzw. eingespeichelt runtergeschluckt – da bleibt gern mal was hängen. Wichtig ist, das Pferd immer wieder beim Fressen zu beobachten: Kaut es normal oder eventuell nur auf einer Seite, hält es den Kopf beim
Fressen schief, fällt ihm beim Fressen Futter aus dem Maul oder geht es gar zögerlich an den Kraftfuttertrog? Auch müffelnder Mundgeruch ist ein Zeichen dafür, dass mit dem Gebiss irgend etwas nicht stimmt.

Anspruchsvolle Fütterung
Spätestens, wenn die Zähne das Raufutter nicht mehr zu einem geschmeidigen Futterbrei verarbeiten können, wird die Fütterung des Pferdeseniors anspruchsvoll. Nun gilt es, mehrmals täglich eingeweichte und je nach individuellem Bedarf aufgewertete Heucobs zu füttern. Diese sind in verschiedenen Zusammensetzungen erhältlich, so dass zum Beispiel ein hoher Anteil von Luzerne für ein Plus an Eiweiß sorgen kann, um die stetig abnehmende Muskelmasse gut zu versorgen.
Auch weitere Futterzusätze wie Öle, Leinschrot, Rübenschnitzel und Haferflocken – für die stoffwechselempfindlichen Pferde Reiskeimöl und -kleie – können die Ration gerade in der kalten Jahreszeit aufwerten.
Wichtig ist auch die Zufütterung eines qualitätsvollen Mineralfutters, gerne speziell auf ältere Pferde ausgelegt. Generell bietet der Markt hochwertige Futtermittel für ältere und alternde Pferde, die den Bedürfnissen der Pferdesenioren gerecht werden.
Und wenn die Tage kurz und kalt werden, darf es auch das eine oder andere Mash mehr im Futtertrog für unseren Pferdesenior geben!

Wellness für den Rentner
Viele Pferdehalter fragen sich, wie sie ihrem verdienten Vierbeiner schlichtweg gut tun können: Einfache Antwort: Verbringen Sie Zeit mit ihrem Senior und verwöhnen Sie ihn mit Streicheleinheiten. Hier kommt Pferde-Wellness ins Spiel. Und viel befriedigender zum Beispiel als das regelmäßige Abstellen unterm Pferdesolarium oder in der Solekammer (beides ist aber durchaus empfehlenswert) ist für beiden Seiten – Mensch und Tier – das ausgiebige Putzen und Massieren. Pferde lieben sanfte Berührungen und empfinden Massagen als äußerst wohltuend. Weiche Bürsten und Gummistriegel gehören nun in den Putzkasten, aber auch Faszienrollen oder Massagepistolen, mit denen man die Muskulatur locker und geschmeidig halten kann. Hierzu haben wir übrigens in der Oktoberausgabe des Quarter Horse Journals ausführlich informiert. Schauen Sie, was Ihrem Vierbeiner guttut und genießen Sie die gemeinsame Zeit!

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Text: Friederike Fritz, Foto: Adrian Bozai