So wird richtig zugefüttert!

Wenn die Weide knapp wird…

Geruhsam grasende American Quarter Horses auf saftig-grünen Weiden, ein paar Apfelbäume über das sanft gewellte Land verstreut, ringsherum ein stabiler, rustikaler Bohlenzaun und am Koppeltor lehnt ein glücklicher Reiter, der sich an diesem Anblick erfreut. Hach. Schön. Manchmal zu schön, um wahr zu sein, denn die Realität kann auch anders aussehen: Da schieben die Quarter latent Kohldampf auf millimeterkurz abgenagten, vertrockneten Weiden und der Reiter repariert gerade fluchend zum x-ten Mal den Zaun, aus dem seine hungrigen Vierbeiner gerade wieder ausgebrochen waren. 

Wird das Weidegras knapp – aus welchen Gründen auch immer – muss die Versorgung der Pferde alternativ sichergestellt werden. Es wird also Raufutter zugefüttert, auch, um die Weide vor Überweidung zu schützen und langfristig zu schonen. Da stellen sich dem Pferdehalter zwei Fragen: WAS eignet sich als Ergänzung oder Ersatz und WIE kommt eine geeignete Raufutterkonserve am besten ins Pferd?

Konservierter Sommer

Während der laufenden Weidesaison kann häufig auf vorjähriges Heu und/oder auf die neue Ernte (Achtung: Vor dem Verfüttern mindestens sechs bis acht Wochen lagern!) zugegriffen werden. Das Heu vom letzten Jahr kann bedenkenlos verfüttert werden, sofern es gut gelagert und somit frei von Verpilzung, Verschmutzung durch Nagerkot und -urin und anderen gesundheitsschädlichen Verunreinigungen ist. Der Halter muss allerdings einkalkulieren, dass der Nährwert infolge der langen Lagerung nicht dem von diesjährigem Heu entspricht. Es empfiehlt sich, vorjähriges Heu mit der aktuellen Ernte im Verhältnis 1:1 zu mischen oder, falls kein Zugriff auf diesjähriges Heu möglich ist, das letztjährige zu nutzen und eine weitere Raufutterkonserve zuzufüttern. Dazu eignen sich Wiesencobs, -briketts, -flakes oder –pellets, aber auch lose dargereichte Gras- und Kräutermischungen. 

Grünfutterkonserven eignen sich auch besonders gut als alleiniger Ersatz für Weidegras, allerdings muss bei der Zuteilung auf das Ausgangsprodukt geachtet werden: Wurden artenreiche Wiesen verarbeitet oder besteht das Produkt etwa nur aus Weidelgras oder Luzerne? Entsprechend unterscheiden sich die Inhaltsstoffe und der Futterwert. 

Luzerne etwa weist eine hohe Nährstoffdichte auf, es sind im Vergleich zu Wiesenaufwuchs geringere Mengen zu verfüttern und die Kraftfutterration muss meist nach unten korrigiert werden. Auch der Grad der Zerkleinerung (wurden Grünmehle verpresst oder ist die Faserstruktur des Ausgangsproduktes weitgehend erhalten?) spielt eine große Rolle. Für die meisten Pferde ist ein Produkt, das in Struktur und Inhalt weitgehend mit dem Aufwuchs einer Weide übereinstimmt, von Vorteil. Schwerfuttrige oder besonders anspruchsvolle Pferde dagegen können mit einem stärker zerkleinerten (und damit besser verdaulichen) und gehaltvolleren Zusatzfutter versorgt werden. Fehlt die Faserstruktur weitgehend, muss sie aber über andere Raufutterquellen (Futterstroh, Heu, …) zugeführt werden. Wichtig: Cob und Co sollten eingeweicht verabreicht werden.

Stroh

Stroh ist nur bedingt als Ersatz für Weidegras geeignet. Seine typischen Eigenschaften werden vom hohen Rohfasergehalt bestimmt. Es muss sorgfältig gekaut werden, regt also Speichelproduktion und Verdauungsaktivität an. Allerdings ist es aufgrund seiner geringeren Nährstoffdichte und schlechteren Verdaulichkeit kein echter Ersatz und birgt infolge seiner hohen Dichte an Faserstoffen gewisse Gefahren in sich. Wird zu viel Stroh aufgenommen oder kann es nicht ausreichend gekaut und eingespeichelt werden (ältere Pferde, Haken und andere Zahnprobleme) kommt es zur Stockung im Verdauungsfluss: Eine Verstopfungskolik droht. Deshalb wird geraten, die Aufnahme von Stroh zu begrenzen, und zwar auf Mengen von nicht über etwa einem halben Kilo pro 100 kg Körpergewicht. 

Silage/Heulage

Silage hat einen schlechten Ruf bei vielen Pferdefreunden, obwohl zahlreiche Betriebe sie seit Jahren problemlos einsetzen. Es ist unbestritten, dass nicht jedes Pferd Silage gut verträgt und etwa mit Kotwasser darauf reagiert, allerdings sind dies Ausnahmefälle. Silage – bei Pferden wird meist die vergleichsweise trockene, heuähnliche Heulage eingesetzt – ist wie Trockengrünprodukte (Wiesencobs und Co) meist überregional und auch in Kleingebinden verfügbar und deshalb ebenfalls geeignet, nicht ausreichendes Weidegras teilweise zu ersetzen. Ihr Vorteil: Die physikalische Struktur des Ausgangsproduktes – Wiesenaufwuchs – bleibt erhalten, die Akzeptanz ist bei sorgfältiger Gewinnung hoch und durch seine höhere Restfeuchte ist Heulage so gut wie staubfrei. 

Lückenfüller mit Mehrwert

Zumindest einen Teil des Bedarfs an Ballaststoffen kann der Pferdehalter auch über Futtermittel decken, die irgendwo zwischen Raufutter und Kraftfutter stehen. Dazu gehören Maiscobs. Die Presslinge bestehen nicht etwa aus Maiskörnern, sondern es wird die ganze Pflanze verarbeitet. Mit Stumpf und Stiel verzehrt, liefert die Maispflanze dem Pferd eine relativ eiweißarme Kombination von Rohfaser (ca. 16 %) und Energie (um die 10 MJ). Unterstützung beim Einsparen des kostbaren Weideaufwuchses bieten auch als Alleinfutter bezeichnete Kombiprodukte. Sie werden oft für Senioren konzipiert oder sind für Sportpferde gedacht, die mit relativ geringen Raufuttermengen auskommen sollen.

Einer Grundlage aus faserreichen Häckseln (Wiesengras, Luzerne) werden dazu etwa Getreideflocken, Futteröle und Mineral-/Vitaminkombinate beigemischt. Auch völlig getreidefreie Alleinfutter sind im Handel erhältlich.

Wie kommt das Futter ins Pferd?

Stehen die Pferde während der Weidesaison ganztägig draußen, kommt das Futter zum Pferd: Heu, Stroh und Heulage werden dann in Raufen vorgelegt, eingeweichte Cobs und Flakes über Futtereimer (am besten die zum Umhängen, dann gibt es auch keinen Streit) verfüttert. Stehen die Pferde täglich zeitweise am Stall, dann kommt das Pferd zum Futter: Die Stallzeit wird genutzt, um dort das spärliche Weidegras zu ergänzen. In jedem Fall sind Sparsysteme auch der einfachsten Art, also etwa Heunetze, von Vorteil, da sie die Futteraufnahme zeitlich strecken und so dem Weidegang ähnlicher machen.

Immer müssen überweidete Flächen ausgezäunt werden, für die Vierbeiner unzugänglich sein. Dafür gibt es zwei gute Gründe: Die überanspruchte Grasnarbe wird geschützt und kann sich so erholen, um dann im nächsten Jahr wieder gute Erträge zu liefern. Zudem beschäftigen sich manche Pferde oft stundenlang damit, das millimeterkurze Gras oder winzige nachwachsende Hälmchen ab zu raspeln, weil sie den Weideaufwuchs jeder Konserve vorziehen. Dabei nehmen sie aber viel zu wenig Futter zu sich und können so trotz gefüllter Raufe an Gewicht verlieren. Zudem steigt die Gefahr, dass sie aus der überforderten Grasnarbe ein Übermaß an Erde, Staub und verschmutzen Wurzeln aufnehmen, was auf die Dauer nicht gesund ist… 

Text und Foto: Angelika Schmelzer