Blue Socks Only

From Zero to Hero – von ganz unten nach ganz oben

Mit Marlene Stauß im Sattel gewann die Stute Blue Socks Only auf der Q19 in Aachen mit einem überzeugenden Run den Futurity Trail mit 37 Startern. Und damit trat die Stute in die großen Fußstapfen ihrer Brüder Only Good Socks (unter anderem 2011 AQHA World Champion im Jr. Trail) und A Good Order (unter anderem multiple Reichert Celebration Champion Western Pleasure, Scottsdale Classics 2YO Futurity Champion Western Pleasure, Superior Trail Horse Open…). Dabei standen die ersten Jahre ihres jungen Lebens unter keinem guten Stern… 

Nachdem die Stute Four Socks Only in den USA aus der Partnerschaft Meier-Bidmon/Jagfeld bereits mehrere erfolgreiche Fohlen gebracht hatte, holten Gesa und Thomas als schließlich alleinige Eigentümer sie nach Deutschland und paarten sie 2012 das erste Mal mit dem Erfolgshengst Aint It The Blues an. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an das erste Fohlen, welches 2013 in Sparwiesen geboren wurde: ein elegantes und korrektes Stutfohlen, welches sich zunächst prächtig entwickelte. 

Eine Verletzung – das Aus?

Bambi, wie die kleine Stute gerufen wurde, verletzte sich im Alter fünf Monaten auf der Wiese schwer am linken Bein. Bis auf den Knochen herunter war die Haut abgeledert, Teile der Muskulatur waren abgerissen, der Nerv durchtrennt mit kompletter Lähmung der linken Schulter und Gliedmaße. Für jedes andere Pferd hätte dies das Todesurteil bedeutet. Die Prognose war sehr schlecht und es war fraglich, ob das Pferd jemals normal und schmerzfrei laufen können würde.  

Einschläfern? Nicht solange noch eine geringe Möglichkeit der Heilung besteht, nicht mit Gesa! Sie hat nicht nur das Fohlen gezüchtet, sondern ist selbst Tierärztin mit Spezialisierung auf den Bewegungsapparat der Pferde. So wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um es der kleinen Stute so angenehm wie möglich zu machen und ihr bei der Heilung zu helfen. „Wenn wir Bambi soweit wiederherstellen können, dass sie problemlos laufen und schmerzfrei leben kann, dann sind wir glücklich“, so Gesa damals. „Ich würde gerne den Genpool ihrer Mutter erhalten und Bambi im besten Fall ein Leben als glückliche Zuchtstute gewähren.“ An die Belastung im Sinne eines Reitpferdes war gar nicht zu denken. Bambis Leben stand wortwörtlich auf Messers Schneide! 

Ein langer Weg zur Genesung

Zunächst erfolgte die Ruhigstellung in verschiedenen Schienen zur Wundheilung. Schon nach kurzer Zeit war das Karpalgelenk in 90° Stellung versteift und der Huf auf Grund fehlender Gangbelastung verkrüppelt. Nach Abheilung der oberflächlichen Verletzung stand dann langwieriges und mühseliges physiotherapeutisches Arbeiten auf dem täglichen Plan. Vorsichtig, um die noch verletzten Strukturen nicht weiter zu beschädigen, aber dennoch mit so viel Intensität, dass die Faszien-Verklebungen sich allmählich wieder lösen. Immer in der Hoffnung, dass der Nerv sich erholen würde. Da die größeren Nerven des peripheren Nervensystems nur circa 5 mm am Tag wachsen, kann man sich vorstellen, wie langsam der Heilungsprozess vonstattenging. Ein Geduldsspiel für alle: Mutterstute, Fohlen und Besitzer.  

Die viele Arbeit und Pflege, das Hoffen und Bangen, es zeigte Wirkung. Sechs Monate nach der Verletzung zeigte der Nerv wieder erste Funktionen. Somit bestand Hoffnung auf selbstständiges Laufen. Zweijährig konnte die tapfere junge Stute das Bein fast wieder normal bewegen und auftreten. Und endlich konnte sie auch mit den anderen Jungpferden zusammen auf die Wiese, was ihr deutlich erkennbar sehr gut tat. Spielen und Rennen mit den anderen Pferden stimulierte die Nerven weiter, Bambi ging es immer besser. Auch der Huf erholte sich dank der normalen Belastung und mit umfangreicher Pflege wieder. 

War man grade noch glücklich über die positive Entwicklung, stellte sich im Sommer 2015 der nächste Unfall ein: Bambi verletzte sich erneut, diesmal am rechten Vorderbein. Die Sehnen waren teilweise durchtrennt, das komplette Bein offen. Und erneut standen Gesa und Thomas vor der schweren Entscheidung, ob es nicht für das Pferd besser sei, es einzuschläfern. Aber die Stute hatte ihr Kämpferherz ja schon bewiesen, und so begann alles wieder von vorne.  

Rein körperlich erholte sich Bambi relativ schnell, so dass Gesa zu Beginn des dritten Lebensjahres den Belastungstest wagte, den zuvor kaum für möglich gehalten hatte: Das erste Mal wurde Bambi an der Longe bewegt. Von da an wurde in unregelmäßigen Abständen ein leichtes Training mit Bodenarbeit eingebaut. Auch Spaziergänge mit Hund und Pferd wurden unternommen, so dass die Stute viele unterschiedliche Situationen kennenlernte.  

Unglaubliches wird wahr

Im Verlauf ihres vierten Lebensjahres begann Marlene Stauß, zwischenzeitlich als Trainerin im Team in Sparwiesen, mit der vorsichtigen Ausbildung. Was am Unfalltag keiner geahnt hatte: Der Trainingsverlauf war so gut, dass Bambi sogar 2016 auf der Süd-Futurity das erste Mal die Showarena betrat und ihre ersten Erfolge einheimste. Sie wurde Futurity-Champion der 3YO Longe Line und Futurity-Champion in der 3YO Halter Mares. So entschloss man sich, die Stute auch mit zur Q16 nach Aachen zu nehmen, wo sie den Erfolg wiederholte. Sie holte bei der großen Konkurrenz in Aachen ebenfalls den Titel Futurity-Champion 3YO Longe Line und Futurity Reserve-Champion in der Halter 3YO Mares.  

Angespornt von dieser guten Entwicklung und dem starken Willen der Stute entschlossen sich Gesa und Marlene zur weiteren Ausbildung unter dem Sattel. Immer noch mit Rücksichtnahme auf die Verletzungen im Bereich der Vordergliedmaßen, die sich durch bestehende Verkürzungen auch weiterhin bemerkbar machten. Der Sattel und das Reitergewicht im Rücken waren Bambi zunächst mehr als unheimlich. Viel Arbeit zum Vertrauensaufbau war nötig, da bei der Stute immer wieder die alten seelischen Wunden aufbrachen. Sie erschrak schnell, wurde plötzlich ohne ersichtlichen Grund nervös und stieg kopflos aus der Arbeit aus. Für Marlene eine sehr willkommene Herausforderung, hatte sie Bambi doch längst in ihr Herz geschlossen. Mit viel Geduld, Ruhe und intensiver Beschäftigung mit der Stute gewann sie nach und nach das Vertrauen und sie wurden ein eingeschworenes Team!  

Unterm Sattel

Erstmals unter dem Sattel geshowt wurde Blue Socks Only dann auf der Süd-Futurity 2017, wo sie in den Futurity-Klassen achtbare Erfolge holte. Auf der Q17 erreichte sie zusammen mit Marlene das Finale im Junior Trail. Im Laufe der Zeit wuchs das Team immer weiter zusammen und sicherte sich 2018 bereits erste Allroundtitel in der Open.  

Auch in 2019 konnte das Dream Team Marlene und Bambi etliche Erfolge sammeln. Nach mehreren Titeln auf der Mitte-Futurity hieß es noch ein bisschen zu relaxen und zu trainieren bis Aachen. Auf der Q19 wurden Marlene und Blue Socks Only DQHA Trail Futurity-Champion – der bisherige Höhepunkt eines Pferdelebens, welches zu Beginn unter einem schlechten Stern zu stehen schien.  

„Wir sind mehr als glücklich über die positive Entwicklung von Bambi. Ihr Leben hat mehr als einmal auf der Kippe gestanden“, so Gesa Meier. Trainerin und Champion-Reiterin Marlene zu ihrem Erfolg: „Ich bin so stolz auf Bambi. Trotz aller Widrigkeiten ist sie stets mit dem Herzen bei der Sache.  

Es hat ein bisschen gedauert, ihr Vertrauen zu gewinnen, aber mittlerweile können wir uns beide lesen wie ein offenes Buch. Sie vertraut mir, auch wenn ihr Dinge unheimlich sind. Die Futurity zu gewinnen mit einem Pferd, welches dem Tod bereits zweimal von der Schippe gesprungen ist, dass ist für mich etwas ganz Besonderes!“  

Text: Sandra Görtz, Foto: Luxcompany