Winter-Wehwehchen

Schnelle Hilfe

Manchmal muss sich auch der wetterfeste Reiter eines robusten American Quarter Horses eingestehen: Das Winterhalbjahr hat es oftmals in sich. Und nicht selten macht der Winter auch vor unseren geliebten Pferde keinen halt. Dann ist schnelle Hilfe gefragt! 

Es sind einige Faktoren, die das Winterhalbjahr zur Zeit der kleinen – und manchmal auch größeren – Wehwehchen machen. Statt frischem Grünfutter gibt’s Konserven, die zwar gut schmecken und bekömmlich sind, aber denen es an manchen wichtigen Inhaltsstoffen fehlt, die den Trocknungsvorgang und die Lagerung des Ausgangsproduktes nicht überstehen.  

Dem Heu mangelt es oft vor allem an bestimmten Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen, und das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Hinzu kommt: Die häufig anhaltend feuchte Witterung sorgt dafür, dass vor allem Pilze und Bakterien ein leichtes Spiel haben. Sie vermehren sich munter mal auf, mal in der Haut und auch in der Umgebung des Pferdes, was den Infektionsdruck erhöht. Zudem macht sich die liebe Sonne rar, die nicht nur Feuchtigkeit trocknet, sondern mittels UV-Strahlung auch desinfizierend wirkt und außerdem die körpereigene Produktion von Vitamin D ankurbelt. Dieses Vitamin aber ist nicht nur wichtig für die Knochengesundheit, sondern auch für die Abwehrkräfte! 

Vor allem aber mangelt es unseren American Quarter Horses im Winterhalbjahr viel zu häufig an ausreichend freier Bewegung: Gemeinsam mit den Kumpels über die Weide toben, auf der Suche nach dem leckersten Grashalm von einer Ecke der Koppel zur anderen schlendern, das ist ein immer noch unterschätzter, ein wirklich elementarer Beitrag zur dauerhaften Gesunderhaltung – und der fehlt im Winter. Es ist nicht alleine die reine Boxenhaltung, die sich durch dauerhaften Bewegungsmangel negativ auswirkt, auch der verglichen damit wesentlich pferdefreundlicheren Einzel-Auslaufhaltung fehlt es sowohl an Bewegungsmöglichkeit als auch an Bewegungsanreizen. Wer bei Nieselregen alleine auf einem 4 x 4 Meter Auslauf steht, hat wenig Gelegenheit und wenig Anreiz, sich stundenlang im gemütlichen Schritt zu bewegen. Darauf aber ist der Pferdekörper mit all seinen Funktionen eingestellt, sodass es bei dauerhaftem Bewegungsmangel an vielen Ecken klemmt: Fehlt der Weidegang und wird nicht anderweitig für Ausgleich gesorgt, leidet der Bewegungsapparat, es leiden die Atemwege, das Herzkreislaufsystem, das Thermoregulationssystem, sodass allerlei Wehwehchen Tür und Tor geöffnet sind. 

Ob kleines Wehwehchen oder großes Aua: Ansprechpartner ist immer der Tierarzt oder Tierheilpraktiker. Aber häufig kann der Pferdefreund selbst auch einiges dazu beitragen, dass es seinem Pferd bald wieder dauerhaft besser geht. 

Hilfe, mein Pferd hustet!

Typisch am Husten ist beim Pferd, dass es eben meistens nicht hustet – eine paradoxe Besonderheit, die sich häufig als verhängnisvoll erweist. Die für das Auslösen des Hustens verantwortlichen Zellen sind beim Pferd im Atmungssystem völlig anders angeordnet als beim Menschen. Dies führt dazu, dass bei Atemwegsproblemen oft kein Husten als typisches Symptom beobachtet werden kann, oder der Husten tritt nur selten bzw. zu einem späten Zeitpunkt im Krankheitsverlauf auf. Ohne das Warnsignal „Husten“ aber werden Atemwegsprobleme häufig übersehen, und das macht Probleme. Der Pferdefreund achtet deshalb vermehrt auf andere Anzeichen einer Atemwegsinfektion oder -allergie wie Nasenausfluss, Schweratmigkeit, geringere Leistungsfähigkeit, schlechte Erholung nach Belastung. 

Neben der medizinischen Therapie ist der Pferdefreund nun aufgefordert, sein Pferd regelmäßig zu bewegen, sofern Gründe wie etwa Fieber nicht aktuell dagegen sprechen. Ruhige Arbeit mit häufigem Dehnen vorwärtsabwärts verbessert die Versorgung der Lunge und fördert den Auswurf. Fehlt die Bewegung in Dehnungshaltung, kommt es zu einem fatalen Versacken des Schleims in tiefere Lungenregionen, was sich dann prognostisch sehr ungünstig auswirkt. 

Hartnäckige, chronische Atemwegsprobleme sprechen häufig sehr gut auf Therapieeinheiten in einer Solekammer an. Bei Fütterung und Haltung ist darauf zu achten, die gereizten Atemwege nicht mit Staub zu belasten: angefeuchtetes Heu, Kraftfutter mit geringem Staubanteil (evtl. Stäube durch einen guten Schuss Öl mit anschließendem Vermischen binden) und staubfreie Einstreu.  

Oft bringt bei chronischen Problemen erst eine Haltungsumstellung in Richtung Offenstallhaltung eine entscheidende Verbesserung. Dafür ist das Winterhalbjahr natürlich die denkbar schlechteste Jahreszeit – sollte ein Pferd ausgerechnet jetzt aus einem Warmstall in einen Kaltstall, in Einzel- oder Gruppenauslaufhaltung umgestellt werden, ist es vor allem durch konsequentes Eindecken vorübergehend zu schützen. 

Futterzusätze wie etwa Kräuter sollten in Absprache mit dem Behandler eingesetzt werden. Sie sind kein Ersatz, wohl aber eine sinnvolle Ergänzung zu den erwähnten flankierenden Maßnahmen. 

So ein Pech, hier wächst ein Pilz

Pilze bzw. ihre Sporen finden sich, wie andere Keime auch, auf jeder gesunden Pferdehaut. Probleme machen sie erst, wenn sie sich dort ungehindert vermehren können und zu Krankheitssymptomen führen. Dazu kommt es häufig weniger durch Ansteckung der Pferde untereinander – man kann davon ausgehen, dass sich bei allen Pferden eines Stalls eh annähernd dieselbe Hautbesiedelung findet – sondern durch falsche Hygienemaßnahmen und/oder Bedingungen, die aus dem Pferdefell ein Feuchtbiotop machen. Feucht, warm, dunkel, das mögen Pilze, hier fühlen sie sich wohl – kein Wunder, dass sie vor allem im Winterhalbjahr plötzlich aktiv werden.  

Liegt eine Pilzerkrankung vor, wird der Tierarzt ein antimykotisches Mittel einsetzen. Daneben kann und sollte der Pferdefreund aktiv werden: Er nimmt dem Pilz schlicht die für ihn günstigen Lebensbedingungen und verhindert so sein weiteres Ausbreiten. Das geht am einfachsten, indem mit der Schermaschine oder einer Schere der Bereich rund um die Hautveränderung freigeschnitten wird. Der Hautpilz wächst nach außen, fehlt dort aber das Fell, kommt er nicht weiter – die Haut ist trocken, kühl und wird von der Sonne bestrahlt, was dem Pilz die Lebensgrundlage entzieht. Bei einer Schur ist darauf zu achten, dem Pferd nicht seinen Witterungsschutz zu nehmen.  

Parallel werden Ausrüstungsgegenstände und das Putzzeug gründlich gewaschen, gereinigt, desinfiziert, um eine Reinfektion zu verhindern. Sinnvoll ist dies trotz der „Verseuchung“ des gesamten Lebensumfelds eines Pferdes mit allerlei Keimen vor allem deshalb, weil diese Gegenstände geeignet sind, etwaige Sporen recht tief in die infolge der Infektion beschädigte Haut einzubringen, und das sollte verhindert werden. 

Mist, das sieht nach Mauke aus

Mauke, eine bakterielle Entzündung der Fesselbeuge, gilt immer noch als Schmuddelkrankheit und tritt tatsächlich in der nasskalten Jahreszeit bevorzugt auf, meist an den Hinterbeinen. Oft wird reflexartig ein Zusammenhang zwischen Mauke und – vermeintlichen – Defiziten in der Pflege oder einer unhygienischen Aufstallung hergestellt. Die Ursachen für Mauke – vor allem im Winterhalbjahr – sind aber oft dieselben wie für Pilzerkrankungen der Haut: Feuchtigkeit, mangelndes Sonnenlicht und dazu ein strapaziertes oder nicht optimal leistungsfähiges Immunsystem. Die Fesselbeuge kommt dabei am häufigsten mit Nässe und Schmutz in Kontakt, zudem arbeitet die Haut dort bei jedem Schritt, sie wird beständig gedehnt. Manchmal kommen Faktoren wie eine Milbeninfektion oder ein Sonnenbrand als Verursacher infrage, die Haut wird durch Schneeklumpen oder Eis-kristalle gereizt oder aber durch ungeeignete Frostschutzmittel im Hallenboden, meist aber genügen ganz alltägliche winterliche Verhältnisse. 

Die vielfältigen Erscheinungsformen einer Mauke können über den Ernst dieser Infektion hinwegtäuschen: Was mit einer harmlos erscheinenden, leichten Rötung beginnt, hat sich ohne sachkundige Behandlung binnen kurzem in eine massive, tiefgreifende und von einer deutlichen Lahmheit begleitete Entzündung verwandelt. Der Mauke lässt sich frühzeitig auf die Spur kommen, indem der Pferdefreund bei jedem Auskratzen der Hufe mit einem Finger die Haare der Fesselbeuge teilt und einen Blick auf die Hautoberfläche wirft. Sind erste Symptome – Rötungen, haarlose Stellen, gesträubt wirkendes Fell, Exsudat – zu erkennen, sollte der Tierarzt hinzugezogen werden. Die Therapie muss unbedingt sowohl dem Stadium und als auch dem Verursacher – Bakterien, Pilze, Milben – angepasst werden. 

Unterstützend wie auch prophylaktisch wird der Pferdefreund tätig, indem die Fesselbeuge konsequent trocken und sauber gehalten wird. Zwar schadet Nässe, doch kommt man nicht umhin, den befallenen oder gefährdeten Bereich zu waschen, um ihn sauber zu halten oder für die anschließende Behandlung vorzubereiten. Dann aber muss es schnell gehen: Mit weichen, nicht fusselnden (!) Tüchern wird zart getupft oder sanft gerubbelt, je nach dem Zustand der Haut, bis der Bereich trocken und gut durchblutet ist. Notfalls muss der Fön ran, wenn Ihr Quarti das mitmacht – Hauptsache trocken! Die Heilungschancen sind besser, wenn viel Luft und Licht die Fesselbeuge erreicht, aber manchmal erfordert das Krankheitsbild, dass die Fesselbeuge unter Verband genommen wird. Dieser darf nicht nass werden! Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig wechseln, und lieber konsequent einpacken als einen Rückfall riskieren – hier ist die Abstimmung mit dem Tierarzt besonders wichtig. Um den Verlauf der Abheilung zu dokumentieren und eventuellen Rückfällen frühzeitig auf die Spur zu kommen, sollten Sie zudem täglich ein Foto schießen, nach der Reinigung und vor dem Auftragen des verordneten Medikaments. Wenn Sie zusätzlich die Hautheilung und das Immunsystem durch geeignete Zusatzfuttermittel unterstützen, ist die Mauke bald Geschichte! 

Aua, da meldet sich die Arthrose

Arthrose, der chronisch-degenerative Schwund des Gelenkknorpels und die nachfolgenden, unumkehrbaren Veränderungen am Gelenk ist ein Übel, das zwar vorwiegend altersbedingt ist, sich aber auch als eine Folge von Über- bzw. Fehlbelastungen einstellt. Im Winterhalbjahr melden sich die Symptome oft sehr deutlich: Betroffene Pferde gehen nicht unbedingt lahm, aber häufig steif, müssen sich erst lange warmlaufen, kommen bei Wendungen oder Seitengängen eher aus dem Tritt, zeigen sich auch teils weniger lauffreudig. Es knirscht und knackt, es autscht und ziept. Betroffen ist immer das ganze Pferd, auch wenn sich die Arthrose auf ein Gelenk oder bestimmte Problembereiche beschränkt, denn infolge der Bewegungseinschränkung und der Schmerzen stellen sich Verspannungen und Schonhaltungen ein, die selbst wieder neue Probleme verursachen. Soweit sollte es nicht kommen!  

Ihrem Arthrosepatienten können Sie selbst auf drei Wegen – am besten schon vorbeugend, als Wellnessprogramm über das gesamte Winterhalbjahr – zu mehr Beweglichkeit und Lebensfreude verhelfen. Liegt keine akute Entzündung vor, kann und muss das Pferd unbedingt täglich im Rahmen seiner Möglichkeiten bewegt werden (siehe auch oben), daran geht kein Weg vorbei! Sorgen Sie außerdem dafür, dass es nicht friert (Haltungsoptimierung, Eindecken, Solarium bzw. Infrarotlampe, Wärmedecken, …).  

Halten Sie auch ganz gezielt die betroffenen Gelenke warm, wenn dies möglich ist (Wärmegamaschen). Unterstützen Sie Ihr Pferd zudem über die Futterschüssel – zahlreiche, wertvolle Zusatzfuttermittel aus ganz unterschiedlichen Ausgangsprodukten können hier helfend zum Einsatz kommen, ebenso wie bewährte Mittel aus dem Bereich der Komplementärmedizin. Langes, ausgiebiges Warmreiten und intensives Abwärmen sorgen für einen lockeren Bewegungsablauf. Arthrosepatienten sollten regelmäßig Spezialisten wie etwa Osteopathen vorgestellt werden, die wieder für mehr Beweglichkeit sorgen und zudem individuelle Trainingstipps geben können. 

Die schönen Seiten des Winters wollen entdeckt werden – und manchmal muss der Pferdefreund ein wenig nachhelfen, damit auch die Vierbeiner Ritte oder Spaziergänge durchs weiße Winterwunderland, durch mystische Nebellandschaften, durch die bald wieder erwachende Natur genießen können! 

Text: Angelika Schmelzer, Foto: A. Bozai