Durchfallerkrankungen und ihre Ursachen

Verdauung in Aufruhr

Auch toughe Westernpferde sind davor nicht gefeit: Durchfallerkrankungen kommen in den besten (Pferde-)Familien vor. Es sind keine harmlosen Befindlichkeitsstörungen, sondern wichtige Hinweise darauf, dass im Verdauungstrakt des erkrankten Pferdes etwas gewaltig schiefläuft. Innerhalb von Stunden kann so aus einem kraftstrotzenden American Quarter Horse ein Häufchen Elend werden… 

Es kann vorkommen, dass unser Vierbeiner – vielleicht in einer aufregenden Situation – einmal leicht veränderte Äppel absetzt: Statt der üblichen wohl geformten Knödel kommt eine Art Kuhfladen zum Vorschein. Das alleine ist noch kein Durchfall, die Situation normalisiert sich dann sehr schnell von alleine wieder. 

Bei einer ausgewachsenen Diarrhoe dagegen 

• sind die Ausscheidungen stärker wasserhaltig und deshalb von breiiger bis flüssiger Konsistenz, 

• ist auch der Kotabsatz verändert – oft werden häufiger kleinere Mengen abgegeben, manchmal auch pro Ausscheidung eine größere als die normale Menge, 

• können weitere Symptome wie Kot-Beimengungen (z.B. Schleim), Kotwasser, auffallend unangenehme Gerüche der Ausscheidung, starke Blähungen und kolikartige Bauchkrämpfe auftreten. 

Infolge des Flüssigkeitsverlustes und der oft begleitenden Schmerzen leidet auch der Kreislauf des erkrankten Pferdes. Durchfall ist deshalb eine ernst zu nehmende Störung, die zudem Hinweise auf oft bedrohliche Veränderungen der Verdauungsabläufe liefert. 

Was läuft schief im Darm?

Wir sehen nur, was hinten rauskommt, und das ist alarmierend genug. Im Verborgenen sind mehrere Aspekte des Verdauungsvorgangs von den krankhaften Störungen betroffen: 

• Durchfallerkrankungen gehen mit Veränderungen der Darmperistaltik einher, der Futterbrei wird schneller durch den Darm geschleust, wobei statt der geregelten oft krampfartige Bewegungen des Darmes auftreten. Durch die verkürzte Passage gelingen auch die Resorption von Wasser und die abschließende Formung der Äppel im hinteren Darmabschnitt nicht mehr. 

• Die Verdauungssäfte haben weniger Zeit zur Einwirkung, das Futter kann nicht gründlich genug bearbeitet und aufgeschlossen werden. 

• Auch die mikrobielle Besiedelung leidet, wobei Ursache und Wirkung nicht immer klar zu trennen sind: Störungen der Mikroflora können Durchfall verursachen, Durchfall verursacht Störungen der Mikroflora. Veränderungen in der Besiedelung oder gar weitreichendes Ausschwemmen bzw. Absterben der hilfreichen Keime führt ebenfalls zu einer Verminderung der Effektivität des Verdauungsvorgangs. 

• In der Folge kann nicht nur ein Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten, sondern auch eine verminderte Aufnahme der Futterinhaltsstoffe festgestellt werden, was das Pferd weiter schwächt. 

Durchfallerkrankungen können vor allem bei sehr jungen, sehr alten und bei vorerkrankten Pferden fatale Folgen haben und sind immer schon im Ansatz sorgfältig zu beobachten und zu behandeln. 

Viele Ursachen, ein Symptom

Alleine über die möglichen Ursachen für das Symptom „Durchfall“ könnte man Bücher schreiben – als Hauptgrund kommen gerade beim Pferd aber vor allem futterbedingte Probleme infrage.  

Die Palette reicht von verpilztem oder verkeimtem Futter (Heu!) über individuelle Unverträglichkeiten (Silage, Futterzusätze wie Aromastoffe, Farbstoffe, Bindemittel) bis zu allzu abrupten Wechseln (Weideauftrieb) und grundlegenden Fütterungsfehlern (zu große Mengen an Rübenschnitzeln, zu wenig Raufutter bei zu großen Kraftfuttermengen, …). 

Weitere, häufige Auslöser von Durchfall sind Infektionen – mit Pilzen, Bakterien, Viren, aber auch mit Darmparasiten. Nicht selten wird Durchfall auch durch Erkrankungen im Bereich des Magendarmtrakts ausgelöst und tritt dann beispielsweise im Zusammenhang mit Magengeschwüren, Leberproblemen oder Störungen der Funktion der Bauchspeicheldrüse auf.  

Und manchmal ist sogar der Tierarzt der „Schuldige“: Erhält ein Pferd zur Bekämpfung einer schwerwiegenden bakteriellen Infektion ein Antibiotikum, macht dieses häufig keinen Unterschied zwischen „bösen“ und „guten“ Keimen und räumt die Mikroflora des Darmes ungewollt gleich mit auf.  

Da Tierärzte um diese unerwünschte Wirkung wissen, werden sie eine solche Antibiotikagabe immer gut abwägen und geeignete Mittel ergreifen, um die Darmflora so schnell wie möglich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. 

Text: Angelika Schmelzer, Foto: K-J. Guni