Ohne Pad geht gar nichts

Sattelpassform

Das Pad ist die Verbindung zwischen Pferderücken und Sattel und erfüllt vielfältige Funktionen. Was ein gutes Sattelpad ausmacht, worauf es bei der Auswahl ankommt und wie sich ein Pad positiv auf die Sattelpassform auswirken kann, erläutert Pad-Spezialistin Martina Zehrer im Interview.

Martina, bevor wir ins Detail gehen: Welche Eigenschaften sollte ein Pad im Normalfall besitzen?

Da ein Westernsattel im Gegensatz zu den gängigen Englischsätteln keine eigene Polsterung besitzt, ist eine der wichtigsten Funktionen, die das Westernpad übernehmen sollte, die Stoßdämpfung. Ein Westernpad ist das Bindeglied zwischen Sattel und Pferderücken und hat sehr bedeutende Aufgaben, die leider oft verkannt werden. So soll es zum Beispiel Druckspitzen ausgleichen und Stöße abfangen, das Reitergewicht auf dem Pferderücken gleichmäßig verteilen, Feuchtigkeit aufnehmen und ableiten.

Es gibt so viele verschiedene Materialien, Formen und auch Dicken. Wie finde ich das richtige Pad?

Das Pad muss zum Pferderücken und dem dazugehörigen Sattel passen. Außerdem kann es eine große Rolle spielen, was Du hauptsächlich mit Deinem Pferd unternimmst. Es ist wie beim Schuhkauf: High Heels sehen toll aus und Hausschuhe sind bequem, aber weder mit den einen noch den anderen würdest Du eine Bergtour unternehmen. Bist Du ein Wanderreiter und planst eine Alpenüberquerung, hast Du ganz andere Anforderungen an das Pad als wenn Du Dein Jungpferd anreitest oder hauptsächlich auf Turnieren unterwegs bist. Daher gibt es leider nicht das einzig wahre und vollumfänglich zu empfehlende Westernpad.
Es sind immer mehrere Fragen zu klären: Was braucht das Pferd? Was passt zum Sattel? Was ist das Beste für die Pferd-Reiter-Kombination? Welche Materialien haben die passenden Eigenschaften und was verträgt das Pferd am besten? Außerdem spielt auch die Größe eine Rolle. Gute Beratung ist deshalb auch in Sachen Pad so wichtig.

Alle reden von anatomischen Pads – muss es wirklich anatomisch geformt sein?

Grundsätzlich ist ein anatomisch geformtes Pad durchaus von Vorteil. Anatomisch geformt bedeutet ja eigentlich nur, an die Rückenform angepasst. Das hat folgenden Grund: Bei einer Pferderückenform mit viel Schwung und einem Pad, das gerade geschnitten ist, liegt das Pad in der Mitte hohl. Durch den ebenfalls geschwungenen Sattel wird das Pad in die gebogene Form „gezwungen“. Dies kann dazu führen, dass das Pad in der Mitte einen Knick bekommt und gleichzeitig zu viel Druck auf den Widerrist und den Lendenwirbelbereich ausgeübt wird.
Wie stark die anatomische Form gewählt werden soll, hängt von der Rückenform des Pferdes ab. Hat man allerdings ein Pferd mit einer sehr geraden Rückenform, entscheidet man sich besser für ein gerade geschnittenes Pad. Hier kann sich die anatomische Form auch negativ auf die Passform auswirken und im schlimmsten Fall Falten schlagen.

Kann ein Sattelpad kurzfristige Passform-Defizite eines an sich gut passenden Sattels ausgleichen?

Ein klares Ja. Wir haben immer mal wieder Kunden, deren Pferde zum Beispiel durch eine längere Stehpause Rückenmuskulatur abgebaut haben – und jetzt wollen sie ihr Pferd wieder in die alte Form bringen. Für diese Übergangszeit ist es durchaus sinnvoll, ein Korrekturpad einzusetzen. Hier kann man die „hohlen“ Stellen etwas auspolstern, bis die Muskulatur wieder aufgebaut ist.
Wichtig ist aber, dass man die Passform immer gut im Auge behält und evtl. auch durch einen Profi überprüfen lässt. Wird der Sattel nämlich durch die eingesetzten Polster zu eng und es wird dadurch zu viel Druck auf die sich aufbauende Muskulatur ausgeübt, kann sich dies negativ auf den Muskelaufbau auswirken oder im Extremfall sogar zum Muskelabbau führen.
Hier würde ich in erster Linie darum bitten immer wieder zu überprüfen, ob das Pferd noch frei und locker läuft. Meistens merken es die Reiter selbst ganz gut, wenn ihr Pferd „irgendwie komisch“ läuft. Auch ein Blick auf das Schweißbild kann hier möglicherweise einen Hinweis geben. Wenn das Pferd gut durchgeschwitzt ist und am Rücken aber einzelne trockene Stellen vorhanden sind, kann dies ein Indiz dafür sein, dass an dieser Stelle zu viel Druck ausgeübt wird. Dies gilt aber nicht, wenn das Pferd nur ein kleines bisschen geschwitzt hat.
Fazit: Ein Korrekturpad ist eine super Sache, sollte aber mit Bedacht verwendet werden und es muss immer wieder überprüft werden, ob die Korrektureinlagen wieder herausgenommen werden können.
Wenn das Pferd insgesamt stark abgebaut oder durch besondere Umstände viel abgenommen hat kann es auch weiterhelfen, wenn man vorübergehend zwei Pads übereinander legt oder ein dickes Pad verwendet, bis das Pferd wieder in den Sattel „reingewachsen“ ist. Aber, ganz wichtig: Ein Pad macht einen grundsätzlich unpassenden Sattel nicht passend.

Viele Reiter stehen ja vor dem Problem, ihr Jungpferd zu be-satteln, dessen Muskulatur noch nicht entsprechend ausgebildet ist. Kann hier ein Korrekturpad oder ähnliches sinnvoll eingesetzt werden, um bis zum endgültig nach der Ausbildung angepassten Sattel zu überbrücken?

Besonders bei einem Jungpferd lege ich großen Wert auf eine gut passende Ausrüstung. Es sind die ersten Erfahrungen, die das Pferd mit dem Sattel und dem Reiter macht und diese sollten, soweit es in unserer Hand liegt, durchweg positiv sein. Hier sollte alles gut sitzen und nichts darf wackeln oder drücken, denn das könnte sich sehr negativ auf die Akzeptanz des Sattels und des Reiters auswirken. Wenn das Pferd asymmetrisch bemuskelt ist, kann man durchaus mit einem Korrekturpad arbeiten.
Wir bekommen immer wieder die Frage, ob man einen viel zu breiten Sattel nicht einfach so lange mit Pads aufpolstern kann, bis er dann vorübergehend passt. Hiervon würde ich aus den vorher genannten Gründen abraten.
Ich habe aber einen anderen Tipp: Kauft Euch für die Ausbildungsphase einen gebrauchten Westernsattel bei einem Profi, der eine optimale Passform wählt. Der Verlust beim Wiederverkauf ist deutlich niedriger als bei einem Neusattel und man hat trotzdem einen passenden Sattel.
Das ist eine bessere Lösung als der Versuch, diese extreme Aufbauphase mit einem Pad auszugleichen.

Das Interview führte Friederike Fritz. Foto: SattelMax