Der Meerrettich

Mutter Natur’s Schatzkästchen

In unserer Reihe Mutter Natur’s Schatzkästchen stellen wir bewährte Heilpflanzen und deren Verarbeitung vor. Den Meerrettich kennen viele nur aus der Tube oder dem Glas. Aber die scharfe Knolle hat es in sich! 

Der Meerrettich, eine Heilpflanze? Wir kennen die angenehm scharf und aromatisch schmeckende Wurzel aus der Küche, wo sie in allerlei Zubereitungsformen vor allem zu Rindfleisch oder Lachs – da am liebsten als Sahnemeerrettich – gereicht wird. Auch so mancher Frischkäse, Senf oder Quark bekommt viel aromatische Würze durch eine Beigabe dieser beliebten Wurzel. Weniger bekannt ist die Verwendung der Meerrettichpflanze als Gemüse oder für Tees. Sieht man sich allerdings die Inhaltsstoffe von Armoracia rusticana einmal genauer an, verwundert es nicht, dass der Meerrettich vor allem auf eine lange Tradition als Heilpflanze zurückblicken kann und erst spät auch als Gewürz- und Gemüsepflanze verwendet wurde. Und sein englischer Name „Horseradish“ scheint die scharfe Wurzel geradezu für den Einsatz bei unseren Pferden zu prädestinieren… 

Ein Rettich, der keiner ist

Der Meerrettich gehört wie die „richtigen“ Rettiche zu den Kreuzblütengewächsen, allerdings zur Gattung Armoracia und nicht zur Gattung Raphanus wie diese. Ursprünglich wohl aus Südosteuropa stammend, verbreitete er sich später auch in ganz Mitteleuropa, wo er heute verwildert anzutreffen ist. Er wird in Deutschland in einigen Gebieten angebaut – vorwiegend natürlich für den menschlichen Verzehr.  

Im Handel ist der Meerrettich zerkleinert und getrocknet für den Einsatz beim Pferd erhältlich. Man muss allerdings davon ausgehen, dass im getrockneten Zustand einige der wertvollen Inhaltsstoffe nur noch in geringerer Konzentration vorhanden sind. Auch mit einem speziellen Verfahren in Perlenform verarbeitet ist er im Angebot. Frisch gerieben bzw. geraspelt – empfohlen werden Mengen von etwa 50 Gramm pro Pferd – unters Futter gemischt (über einige Tage langsam anfüttern!) wird er oft erstaunlich gut angenommen und kann seine volle Wirkung entfalten. Lediglich Pferde mit Magenproblemen sollten auf diesen Scharfmacher eher verzichten.  

Antibiotikum – aus der Natur

Beim Anschneiden einer frischen Wurzel nimmt man sofort einen scharfen Geruch wahr, der einem die Tränen in die Augen treibt. Ausgelöst wird dies durch einen hohen Gehalt an verschiedenen Senfölen. Die Meerrettichöle sind – und das ist wissenschaftlich erwiesen – wirksam gegen zahlreiche Infektionen, ausgelöst von Bakterien, Viren und vielen Pilzen. Teils bringen sie das Wachstum der Infektionserreger zum Stillstand, teils töten sie die Keime sogar ab. Meerrettichöl wirkt zudem entgiftend, es neutralisiert vor allem viele von Streptokokken und Staphylokokken abgegebene Toxine sehr effektiv. Wird die Wurzel zerkleinert und getrocknet, entweicht bei diesem Vorgang leider ein großer Teil dieser flüchtigen Öle. Doch auch andere Inhaltsstoffe und Anwendungsgebiete machen den Meerrettich zu einer wertvollen Heilpflanze. 

Power-Wurzel

Bei Pferden kommt frischer oder getrockneter Meerrettich vor allem dann zum Einsatz, wenn chronisch oder akut atemwegserkrankte Pferde von ihrem belastenden Schleim befreit werden sollen. Bei Infektionen der Atemwege ebenso wie bei Allergien kann es zum Problem werden, dass die Pferde in den tieferen Lungenbereichen regelrecht „zu“ sind, da der Schleim sich dort ansammelt und festsetzt. Mit Meerrettichkuren über etwa drei Wochen kann diesem Zustand sehr effektiv entgegengewirkt werden. Gleichzeitig macht die keimtötende Wirkung der Wurzel etwaigen Restinfektionen noch den Garaus… 

Auch andere Anwendungsgebiete der Alleskönnerpflanze sind bekannt: So wird sie auch beim Pferd bei einfachen Harnwegsinfektionen eingesetzt und zur Stärkung der allgemeinen Abwehrkräfte empfohlen. Es wird ihr eine vitalisierende Wirkung auf den Magendarmtrakt sowie auf den ganzen Stoffwechsel nachgesagt, in der Wirkung der von Ingwer vergleichbar. Der hohe Gehalt an Vitamin C, diversen B-Vitaminen sowie wichtigen Mineralstoffen in der Wurzel empfehlen den Meerrettich als Futterbeigabe vor allem bei hoher Beanspruchung oder während der Rekonvaleszenz.  

Text: Angelika Schmelzer, Foto: D. Kayser/pixelio.de