Jungpferdetraining

Eine gute Grundlage

Zum Thema „Lernen“ haben wir Menschen ein gespaltenes Verhältnis: „Notwendig, aber eher nervig“ ist wohl die verbreitete Einschätzung. Es mag auch daran liegen, dass wir Lernen automatisch mit Schule assoziieren. Dabei übersehen wir, dass Lernen überwiegend außerhalb der Schule stattfindet. In diesen großen Kontext sollten wir auch das Lernen unserer jungen American Quarter Horses stellen und es ganzheitlich auffassen. Damit wird die Ausbildung unterm Sattel ein wichtiger Teil, aber eben nur ein Teil der Lernerfahrungen, zu denen wir den uns anvertrauten Pferden aktiv wie passiv verhelfen. Unsere neue Serie „Jungpferdeausbildung“ schaut deshalb bereits zum Einstieg über den Teller- bzw. Bandenrand.

Der Tag, an dem ein junges Pferd in die Hände eines erfahrenen Trainers gegeben wird, um von und mit ihm zu lernen, was es für den Berufseinstieg braucht, ist ganz sicher ein großer Einschnitt. Aber lange vor den ersten Trainingseinheiten unter dem Reiter hat auch Ihr Jungpferd bereits wichtige Lernerfahrungen gesammelt, die es sein ganzes Leben lang begleiten werden. Wer jetzt an das Fohlen-ABC oder andere „Fächer“ denkt, liegt zwar nicht falsch, greift aber zu kurz.
Wir sollten ALLE Lernerfahrungen unserer Pferde in ihrer Gesamtheit betrachten, also auch solche, die abseits der schulähnlichen Ausbildung zum Reitpferd stetig und weitgehend unbemerkt stattfinden. Lernen, der Zuwachs an Wissen und Fertigkeiten, kann nämlich unterschiedliche Aspekte betreffen – etwa intellektuelle Fähigkeiten (wissen, wie es geht), aber eben auch soziale (wissen, wie man sich verhält), körperliche (leisten können) oder emotional-geistige (damit umgehen können) – und findet nicht nur dann statt, wenn bestimmte Lerninhalte aktiv und bewusst vermittelt und erworben werden wie in der Schule, beim Reittraining, sondern auch beiläufig (inzidelles und implizites Lernen). Beispielsweise dann, wenn Pferde sich im Spiel körperlich weiterentwickeln oder in der Interaktion mit Artgenossen ihr Sozialverhalten verfeinern.

Lernen „nebenbei“
Auch ganz nebenbei wird also gelernt und damit gehen sichtbare Veränderungen im Verhalten einher, aber ebenso emotionale und geistige Veränderungen, die nur indirekt für uns erfahrbar sind. Diese Lernvorgänge finden oft parallel statt und sind nicht trennbar: Der Trainer, der Ihrem Jungpferd nun bald das Angaloppieren beibringt, wird unweigerlich auch Einfluss darauf nehmen, wie Ihr Pferd das Gerittenwerden empfindet, was es von Menschen ganz allgemein hält, ob es sich wohlfühlt.
Eine ganzheitliche Sicht auf den Lernprozess hilft uns Pferdefreunden dabei,
• die Lebensumstände unserer Pferde so zu gestalten, dass sie möglichst viele förderliche Erfahrungen machen können,
• uns selbst und andere, die mit unseren Pferden befasst sind, immer auch als Lehrer oder Lernbegleiter zu begreifen und unser Verhalten dahin-gehend zu optimieren,
• die Ausbildung zum Reitpferd als einen Teil des Lernens anzusehen und sie in den Gesamtkontext zu stellen und
• bei der Auswahl von Trainern und Reitlehrern den Blick nicht alleine auf deren fachliche Qualifikation zu richten, sondern sich zu fragen, was sie über die eher technischen Aspekte des Reitens hinaus unserem Pferd beibringen werden.

Was ist eine„Grundausbildung“?
Ein Jungpferd geht ohne oder mit geringen Vorkenntnissen zum Ausbilder, erhält dort in drei Monaten seine Grundausbildung und ist danach für den Besitzer fast uneingeschränkt reitbar, wobei eine etwaige Spezialisierung nachfolgt. Die Grundausbildung ist eine bleibende, feste Basis, die Pferd und Reiter fortan begleitet und auf die immer zurückgegriffen werden kann. So oder so ähnlich heißt es doch – korrekt?
Wer sich dies fragt, stolpert zunächst über die Tatsache, dass wir für die erste Phase in der „Berufsausbildung“ eines Pferdes keine einheitlichen Begriffe verwenden: Ein Pferd wird nach Abschluss dieser Phase als angeritten, eingeritten, gut geritten, grundausgebildet, gestartet bezeichnet – aber verbirgt sich hinter diesen unterschiedlichen Begriffen eigentlich wirklich dasselbe? Nein – und genau dies führt häufig zu Konflikten: Diese Begriffe werden sehr oft synonym verwendet und so meint der Reiter etwa, er bekäme nach etwa drei Monaten ein grundausgebildetes Pferd zurück, wenn es eigentlich nur angeritten ist. Und dieser Unterschied kann zu Problemen führen. Warum diese Begriffe fein säuberlich getrennt und am besten auch in der Abstimmung zwischen Käufer und Verkäufer, Trainer und Pferdebesitzer individuell und detailliert definiert werden sollten, auch das hängt mit dem Lernen zusammen. Was kann, was sollte Ihr Pferd lernen?

Erste Schritte ins Berufsleben
Schauen wir uns an, was unser junges Pferd alles lernt, wenn es den Schritt vom süßen Nichtstun hin zur „Einschulung“ tut und in seine Ausbildung startet.
Ein wichtiges Fach heißt „Gewöhnung“…..

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Text und Foto: Angelika Schmelzer