Wie gestalte ich den Auslaufstall?

So viel wie möglich bewegen

Ob klassischer Offenstall oder moderner Bewegungsstall – die Gruppenauslaufhaltung gilt als die artgerechteste Haltungsform für das Herden- und Lauftier Pferd. Und spätestens nach „Corona“ und den damit verbundenen Einschränkungen in Sachen Bewegung fürs Pferd denken viele über alternative Haltungsformen nach. Immer mehr Pferdebesitzer wollen ihrem Westernpferd diese naturnahe Haltungsweise ermöglichen. 

Es gibt unterschiedliche Arten, einen Gruppenauslaufstall zu gestalten. Die klassische Form ist ein entsprechend der Anzahl der Pferde großer Ruheraum, ggf. mit einem Raumteiler längs in der Mitte sowie Fressständen, in denen die Pferde Kraft- und eventuell auch Raufutter aufnehmen. In einer solchen auch als Offenstall bezeichneten Gruppenauslaufhaltung legen die Pferde pro Tag durchschnittlich jedoch nur 1,8 Kilometer zurück, im Bewegungs- beziehungsweise Aktivstall immerhin 4,8 Kilometer. Diese Angaben stammen aus der Untersuchung „Haltung von Sportpferden unter besonderer Berücksichtigung der Leistung“ von Stephanie Arnemann und sind nur richtungweisend zu verstehen, denn die täglichen Wegstrecken von Pferden in der offenen Haltung hängen von vielen Parametern wie etwa der Gruppenzusammenstellung, der Eigendynamik der Pferde und der Gestaltung und Größe der Laufflächen ab und können auf bis zu 10 Kilometer pro Tag ansteigen. Die Konzepte der Offen- bzw. Bewegungsställe können zwar individuell entsprechend den Eigenarten der Pferde gestaltet werden, die Grundidee ist aber bei allen gleich: Ein Bewegungsstall ist pro Gruppe für rund 20 Pferde ausgelegt und umfasst ebenfalls einen ausreichend großen Ruheraum. Die Fütterung wird jedoch anders gestaltet und durch Futterautomaten in täglich mehrere kleine Mahlzeiten aufgeteilt. Um an diese zu gelangen, müssen die Pferde aufgrund eines ausgeklügelten Systems längere Wegstrecken mittels Raumteiler oder ausgelegten Baumstämmen zurücklegen, das A & O des Bewegungs- bzw. Aktivstalls.  

Durch die Automatisierung und Strukturierung werden zudem Einstreu (Softbetten, Pferdetoilette) und Futtermittel (bis zu einem Drittel weniger durch bessere Futterverwertung) eingespart, vor allem aber Arbeitskraft, der größte betriebswirtschaftliche Kostenfaktor eines Pferdebetriebes. 

Schlaf- und Ruhezonen

Zur Verhinderung von Stress durch Rangordnungs-Streitereien müssen in einem Auslaufstall uneingeschränkte und störungsfreie Schlaf- und Ruhemöglichkeiten vorhanden sein. Die einzig zum Ruhen und Schlafen eingerichteten Bereiche müssen über mindestens zwei Ein- bzw. Ausgänge verfügen, die sich so weit wie möglich voneinander entfernt befinden. Ist die Pferdegruppe größer, sollten mehr als zwei Zugänge vorhanden sein. Sehr gut ist auch ein dreiseitig umschlossenes Gebäude wie zum Beispiel eine ehemalige Maschinenhalle. Der Platzbedarf des Liegebereichs sollte laut allgemeinen Richtlinien je nach Größe der Pferde circa sechs Quadratmeter pro Tier betragen. Die Laufstall-Arbeitsgemeinschaft (LAG) empfiehlt, den Platzbedarf auf zehn Quadratmeter pro Pferd zu erhöhen, erwähnt aber auch, dass diese Fläche bei größeren Gruppen reduziert werden kann, weil selten alle Pferde gleichzeitig ruhen. Die Hersteller von Bewegungsställen bzw. Aktivställen empfehlen als Bodenbelag im Ruhebereich sogenannte Weich- oder Softbetten. Das sind fünf bis sieben Zentimeter dicke Matten mit einem Schaumstoffkern, auf die keine Einstreu aufgebracht werden muss.  

Bei einer Pferdetoilette wird auf einer Fläche von etwa 4 x 2 Metern eine Einstreu aus Holzspänen oder Stroh angeordnet und von den Pferden in der Regel gerne zum Stallen und Äppeln aufgesucht. Wichtig ist, die Schichtdicke der Einstreu nicht zu knapp zu bemessen, sodass es beim Stallen nicht spritzt. Das mögen viele Pferde mit ausgeprägtem Eigenhygieneverhalten gar nicht und suchen dann eine alternative Stelle wie etwa den Wälzplatz zum Urinieren auf.  

Fresseinrichtungen

Um Pferde in einem Auslaufstall individuell zu füttern, bedarf es spezieller Fütterungseinrichtungen. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten: 

• Fressstände gemäß Anzahl der Pferde mit geschlossenen Trennwänden im Bodenbereich und 5 cm hohen Sehschlitzen in Widerristhöhe; 2,00 m hoch, 0,80 m breit und 3,00 m lang;  

• Kraftfutterstation mit Transponder-Technik zur individuellen Erkennung; 

• Raufutterstation mit Transponder-Technik zur individuellen Erkennung und Raufutterzubringung mittels einer sich automatisch öffnenden und schließenden Klappe; 

• Raufutterstation mit zeitlich gesteuerter Fresszeit gleichzeitig für alle durch automatisches Herunter- und Herauffahren von Rollos an jedem Fressplatz; 

• Großballen-Gitterraufe mit Heu/Stroh ohne Beschränkung für mehrere Pferde gleichzeitig; 

• Zutrittsberechtigung für den Weidegang oder zu einem gesonderten Bereich mit Heuraufe aus der individuellen Kraft- oder Raufutterstation mit Transponder-Technik (zweiter Ausgang). 

Bis auf die Fressstände und die Großballen-Gitterraufe werden alle Futterautomaten über einen Fütterungscomputer gesteuert, der auf die jeweiligen Pferde individuell eingestellt werden kann. Den Transponder (= Sender) trägt das Pferd entweder am Halsriemen oder an der Mähne. Er kann inzwischen auch als Chip unter die Haut gespritzt werden, ähnlich wie beim Chippen zur Registrierung von Jungpferden. 

Aufnahme von Kraftfutter

In der Kraftfutterstation kann die Futteraufnahme in kleinen Rationen zum Beispiel stündlich erfolgen. Inzwischen gibt es hierzu seriöse Untersuchungen mit dem Ergebnis, dass bei der automatisierten Fütterung von beispielsweise zwölf kleinen Portionen bis zu dreißig Prozent der Kraftfuttermenge eingespart werden. Die Pferde fressen bei der Vergabe kleiner Portionen langsamer und schlingen diese nicht so hastig herunter wie bei größeren Portionen dreimal am Tag. Das Futter wird besser eingespeichelt (Vorverdauung) und aufgeschlossen, was auch Erkrankungen des Verdauungsapparates wie Magengeschwüren oder Koliken vorbeugt.  

Verbleibt ein Pferd länger in der Kraftfutterstation als vorgesehen, signalisiert ihm ein Pfeifton, dass es herauszugehen hat. Bleibt es dennoch stehen, erfolgt ein sanfter Schubs mit einer „Gerte“. Das ist ein waagrechter, motorangetriebener Metallbügel, der das Tier an der Hinterhand sachte nach vorne treibt.  

Nach der Aufforderung geht das Pferd dann aus der Station hinaus und kann je nach Computereinstellung und über zwei Ausgänge entweder über den Rundkurs zum Paddock zurück oder auf die Weide bzw. in einen separaten Bereich mit Heu ad libitum laufen. Die zweiflügelige Türklappe des Eingangs geht übrigens nach hinten auf, so dass es dem Pferd während des Hineingehens möglich ist, auch wieder rückwärts zu gehen, wenn ihm etwas nicht geheuer vorkommt. Das ist besonders bei der Eingliederung von Neuankömmlingen und beim Erlernen der automatisierten Futteraufnahme wichtig. Befindet sich das Pferd am Trog und beginnt zu fressen, schließt sich die Türklappe am Eingang und bleibt so lange geschlossen, bis es am Ausgang einen Bügel mit der Brust nach vorne schiebt und den Fressstand verlässt. Erst dann öffnet sich die Eingangsklappe für das nächste wartende Pferd, was als „gesteuerte Nachlaufsperre“ bezeichnet wird. 

Raufutterstation mit zeitlich gesteuerter Fresszeit

Die automatisierte Raufutterstation, bei der gleichzeitig alle Pferde aus einer Großraufe ihr Heu aufnehmen, wird durch automatisches Herauf- und Herunterfahren von Rollos an jedem Fressplatz zeitlich gesteuert. Dabei richten sich die Fresszeiten nach dem schwächsten Glied der Gruppe, sprich nach dem Pferd, welches nach der Bedarfsberechnung am wenigsten Heu aufnehmen darf. Das muss sein, damit bei keinem Pferd eine Überfütterung stattfindet. Die restlichen Pferde können dann mit Transponder-Technik in der Raufutterstation zusätzliches und portionsgesteuertes Heu erhalten. 

Die Raufutterstation mit zeitlich gesteuerter Fresszeit kann je nach Raumangebot sowohl im Innen- als auch im Außenbereich angeordnet werden. Während der Heuaufnahme ist aufgefallen, dass sich die Pferde außerordentlich gesittet benehmen und Kopf an Kopf ohne Hektik das ausgelegte Heu zu sich nehmen. Durch die dreiseitige Anordnung der Station können sich die Pferde während des Fressens gegenseitig beobachten. Das ist besonders wichtig, da der angeborene Futterneid durch diese Übersicht beim Fressen herabgesetzt wird und eine entspannte Atmosphäre zulässt. Die Futterzeiten können sowohl durch die Dauer der geöffneten Rollos als auch durch verschiedene Zeitintervalle zwischen den „Öffnungszeiten“ bestimmt werden. Auch hier gilt in der Regel: viele kleine Raufutteraufnahmen in kürzeren Zeitabschnitten.  

Die Zeiten zwischen den einzelnen Futteraufnahmen sollten jedoch auch nicht zu kurz sein, sonst stehen die Pferde einen Großteil des Tages in der Nähe der Raufutterstation, warten auf die nächste Öffnung und wechseln nur ab und an zur Kraftfutterstation. Günstig ist eine zweistündige Sperre der Raufutterstation, in der die Pferde andere Aktivitäten unternehmen, kurz vor dem Herunterfahren der Rollos aber wie auf Bestellung wieder auftauchen. Das zeigt auch, welches exakte Zeitgefühl Pferde haben.  

Raufutterstation zur individuellen Zufütterung

Für Aktiv- bzw. Bewegungsställe, in denen Pferde mit unterschiedlicher Futterverwertung (schwer- und leichtfuttrig) untergebracht sind, hat sich als zusätzliche Einrichtung zu der zeitgesteuerten Raufutterstation eine zweite mit Transponder-Technik zur individuellen Zufütterung bewährt. Dabei handelt es sich ähnlich wie bei der Kraftfutterstation um ein Selektionssystem, bei dem die ebenfalls computergesteuerte Eingangsschleuse nur bestimmten Pferden der Gruppe Einlass gewährt.  

Hier erhält jedes einzelne Pferd zusätzlich die ihm zustehende und errechnete Menge von Heu in bestimmten Zeitabständen und mit unterschiedlich lang geöffneter Fressgitterklappe. Das Hinein- und Herausgehen funktioniert auch hier ähnlich wie bei der zuvor beschriebenen Kraftfutterstation. 

Computergesteuerter Weidezutritt

Je nach Einsatz, Rasse und Konditionierung bekommen die Tiere beim computergesteuerten Weidezutritt unterschiedlich lange Weidezeiten zugewiesen. Nicht nur bei Sportpferden, bei denen ein „Weidebauch“ unerwünscht ist, sondern auch bei leichtfuttrigen Rassen wie Quarter Horse, Haflinger oder Araber muss wegen drohendem Übergewicht, Koliken oder Hufrehegefahr die Weidezeit eingeschränkt werden.  

Der Zutritt zur Weide kann aus der Kraftfutterstation geregelt werden. Nachdem das Pferd eine Weile auf der Weide verbracht hat, geht es durch eine andere gesteuerte Tür wieder in den Paddock und läuft entweder zur Tränke oder zur Kraftfutterstation. Dabei wird elektronisch geregelt, ob es wieder auf die Weide darf oder den Rundkurs zum Paddock einschlagen muss. Dieses System kann allerdings von Pferden ausgehebelt werden, bei denen „Gras vor Kraftfutter“ kommt, also bei solchen, die sich lange auf der Weide aufhalten wollen. 

Böden, Abmessungen und Einfriedung

Bezüglich der Größe der Paddocks im Verhältnis zum Pferdebestand kommt es in erster Linie nicht so sehr auf die absolute Größe des Areals, sondern vielmehr auf die pferdegerechte Struktur der Gesamtanlage an. So werden etwa 50 bis 100 Quadtratmeter Auslaufbereich pro Pferd empfohlen. Die Auslaufbefestigung sollte zu einem Drittel aus hartem Boden (Betonpflaster o.ä.) und zu zwei Drittel aus einer Sand-Tretschicht entweder mit klassischer Drei-Schicht-Bauweise oder mit Lochplatten bestehen.  

Die Anzahl der Raufutter-Fressplätze sollte immer 20 Prozent mehr als die Anzahl der Pferde betragen, bei beispielsweise 15 Pferden also 18 Fressplätze. Die Anzahl der Pferde pro Kraftfutterstation beträgt maximal 20 Pferde und eine Tränke ist ebenfalls für etwa 20 Pferde ausgelegt. Die Tränke sollte nach neuesten Erkenntnissen aber in Stallnähe installiert werden, weil bei weitentfernten Tränken ältere Pferde nicht ausreichend Wasser aufnehmen. 

Als sichere Begrenzung können Rund- und Halbrundhölzer oder galvanisierte Metallrohre zum Einsatz kommen, am besten kombiniert mit stromführenden Litzen. Bei reinen Elektrozäunen müssen unbedingt drei, vier bis sieben Zentimeter breite E-Bänder montiert werden. Die oberste Querverbindung sollte mindestens auf Widerristhöhe abzüglich zehn Prozent verlaufen. Tore sollten drei bis vier Meter breit sein und nicht in der Ecke liegen. 

Text und Foto: Dipl.-Ing. Romo Schmidt