Scheren – wenn ja, dann wie?

Jedes Jahr ein Phänomen: Lange bevor es kalt wird, beginnen die Pferde mit den Vorbereitungen auf den Winter: Beim Putzen verfangen sich erste ausfallende dünne Sommerhaare in Kardätsche und Striegel bereits Mitte August und so nach und nach wird der Pelz immer plüschiger und länger. Diese Winterwolle verträgt sich aber nicht immer mit den Haltungs- und Trainingsbedingungen und manchmal geht es halt nicht anders: Der Pelz muss runter, das Pferd wird geschoren.
Hier handelt der verantwortungsvolle Pferdehalter mit Augenmaß und in dem Bewusstsein, dass jede Schur ein erheblicher Eingriff in das Thermoregulationssystem ist. Es muss deshalb nicht immer gleich die Komplettschur sein: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“ lautet die Devise.

Was muss vor jeder Schur beachtet werden?
Mit jeder Schur nehmen Sie Ihrem Pferd seinen natürlichen Witterungsschutz, ganz oder teilweise. Niederschlag kann nun direkt auf die Haut vordringen, ohne den isolierenden Pelz kann das Pferd auskühlen. Werden Pferde nach der Schur dauerhaft eingedeckt, stört dies das Hautmilieu und schirmt sie vor der Sonnenstrahlung ab, durch die Vitamin D gebildet und so für mehr Knochengesundheit gesorgt wird. Andererseits schaffen Sie durch einen teilweisen oder umfassenden „Kahlschlag“ auch die Möglichkeit, Wärme ungehindert von innen an die Umgebung abzugeben – nach dem Training schwitzt Ihr Pferd nun nicht stundenlang ab.
Es gilt also, von Fall zu Fall Vor- und Nachteile abzuwägen und ggf. für Ausgleich zu sorgen. Oft ist tatsächlich eine Teilschur eine super Kompromisslösung: Sie nehmen so viel Pelz weg, dass stundenlanges Nachschwitzen kein Thema mehr ist, aber nur so wenig, dass Ihr Pferd auch ohne Decke zumindest zeitweise draußen zurechtkommt.

Welche Pferde sollten geschoren werden?
Scheren beseitigt ein Ungleichgewicht zwischen dem natürlichen Schutz vor Auskühlung und Durchnässung auf der einen Seite und der durch Muskelarbeit entstehenden Wärme: Übersteigt die Erwärmung die Fähigkeit des Körpers zur zeitnahen Herunterkühlung durch
Schweißbildung, schlägt die Stunde der Schermaschine. Immer dann, wenn Pferde nach der Arbeit übermäßig lange nachschwitzen, sollte man ihnen Erleichterung schaffen. Dies ist insbesondere der Fall bei

• Pferden aus Kaltställen, Offenställen oder Paddockboxenhaltung,

• Pferde, die im Herbst und Winter aus der Weide- oder Robusthaltung kommend in eine stärker abgeschirmte Haltung wechseln (Ausbildungsbeginn, Stallwechsel, Klinikaufenthalt) sowie

• bei älteren, untergewichtigen, am Equinen Cushing-Syndrom erkrankten und allen anderen Pferden, die
entweder dauerhaft eingedeckt werden müssen oder unter übermäßiger Fellbildung leiden.

Nebeneffekt der Schur ist eine einfachere Reinigung und Pflege, sodass im Einzelfall auch beständige Nässe und Verschmutzung ein (zusätzlicher) Anlass für eine Teilschur ist.

Text: Angelika Schmelzer

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