Back Up für Show & Alltag

Reining für alle…

Das Manöver „Back Up“ (auch backing, back) ist ein ebenso entscheidendes wie unterschätztes Element jeder Reining-Pattern. Back Up ist auch im Trainingsalltag eine grundlegende Übung, die das Pferd vermehrt auf die Hinterhand setzt und seine Oberlinie aufwölbt. Auch unterwegs muss Backing jederzeit abrufbar sein, wenn Reiter und Pferd auf schmalem Pfad zurückmüssen, es aber keine Wendemöglichkeit gibt. Und es ist eine Lektion in Gehorsam, vom Boden wie auch unter dem Sattel abgefragt.

Gutes Rückwärtsrichten ist nicht nur im Westernreiten ein Element jedes Trainings; in der Reining erweist sich oft das vergleichsweise unspektakuläre Back Up als entscheidendes Manöver: Bei annäherndem Gleichstand können hier wichtige Punkte geholt oder eben verloren werden. Volker Schmitt weiß aus Erfahrung: „Ein gutes Back Up bringt dem Reiter auch die Sicherheit, dass das Pferd im Stop bleibt, dass es gut an die Hand gestellt ist.“

Wie sieht ein Back Up aus?
Für das Rückwärtsgehen in unterschiedlichen Kontexten gibt es Maßstäbe, die immer und überall gelten, und es gibt Merkmale, die sich je nach Anlass unterscheiden. Die Schnittmengen zwischen Reining-Pattern, Gehorsams-übung, Basis-Element jedes Trainings und Reitpraxis etwa im Gelände überwiegen dabei. Die Gemeinsamkeiten zuerst. Wer einem Pferd beim Back Up auf die Beine sieht, wird erstaunt feststellen: Das Pferd trabt eigentlich rückwärts und geht nicht etwa Schritt, wie man vermuten könnte. Seine Beine bewegen sich annähernd diagonal, wie eben im Trab, allerdings ohne Schwebephase. Man spricht deshalb auch von Tritten und nicht von Schritten. Immer erwünscht: Das Pferd verlagert seinen Schwerpunkt nach hinten, geht also mit aktiver Hinterhand (schiebt sich regelrecht nach hinten) und leichter Vorhand. Dadurch zeigt es sich in den Ganaschen nachgiebig, nimmt das Bit willig an und wölbt seine Oberlinie auf. Das wichtigste Merkmal eines jeden guten Back Up aus Reitersicht ist für Volker: „Je weniger Hand und Bein ich benutzen muss, desto besser ist das Back Up“.
Es gibt aber auch Unterschiede oder, besser gesagt, unterschiedliche Schwerpunkte. Im Rahmen einer Reining-Pattern wird gerades und zügigen Rückwärtsgehen über mindestens drei Meter (10 Feet) ohne Unterbrechung verlangt. Die Abfolge ist dabei immer gleich: Sliding Stop. Mindestens drei Meter rückwärts richten. Verharren. Wie bei jedem Reining-Manöver ist nicht nur die Übung selbst, sondern auch deren Einbindung in das Pattern entscheidend: Misslingt der Sliding Stop, weil das Pferd etwa schief oder mit erhobenem Kopf und geöffnetem Maul gestoppt wurde – meist aufgrund starker Handeinwirkung – dann kann es aus dieser Position heraus kein gutes Rückwärtsrichten zeigen. Geht das Back Up schief, sind damit die Voraussetzungen für das abschließende Verharren eher ungünstig, denn dies gelingt nur, wenn das Pferd am Ende der rückwärts absolvierten Strecke im Gleichgewicht und alle vier Beine sauber belastend stehen kann. Dazu folgt am Ende ein halber Tritt, damit das Pferd auch geschlossen zum Halt kommt. In anderen Kontexten (Trail, Gelände, Grundlagentraining) variieren zum einen die vor und nach dem Back Up verlangten Elemente, zum anderen aber auch das Rückwärtsrichten selbst, nicht nur hinsichtlich des gewünschten Effekts: Das Pferd kann gerade, aber ebenso schräg, um die Ecke oder in Schlangenlinien rückwärts gerichtet werden, es kann für eine beliebige Anzahl Tritte rückwärtsgehen oder der Reiter fordert eine veränderliche Abfolge von rückwärts und vorwärts. Im Gelände kann es vorkommen, dass ein Pferd über eine profilierte Strecke rückwärts treten muss, also bergauf oder bergab, oder dass dabei kleinere Hindernisse wie etwa Schlagreisig überwunden werden. Im Trainingsalltag kann Rückwärtsrichten sowohl als Prüfstein der Durchlässigkeit eines Pferdes eingesetzt werden wie auch zu deren Verbesserung. Und schließlich setzen Reiter kurzes, energisches Rückwärtsrichten auch immer dann ein, wenn die Rangfolge geklärt werden soll, dann meist explosiv und ohne viel Wert auf die Form und Art der Ausführung zu legen. Kurz: Diese Übung mag unspektakulär, ja banal erscheinen, hat aber jede Menge Potential und ist zudem, anders als der Sliding Stop oder Spin, uneingeschränkt alltagstauglich. Aber dieses Manöver hat es in sich, wie auch Volker Schmidt weiß: „Vor allem die seitliche Kontrolle wird beim Rückwärtsgehen oft unterschätzt; viele Pferde gehen schief und werden nicht korrigiert“.

Problemzone rückwärts?
Erzeugt der Reiter einen Bewegungsimpuls, der nicht zu einer Vorwärtsbewegung führt, gibt es für das Pferd mehrere Möglichkeiten: Es geht geradeaus rückwärts, wenn der Reiter nach hinten „Luft“ lässt und es dabei rechts und links abfängt, es geht schräg rückwärts, wenn dieses Abfangen fehlt, der Reiter Schenkel und/oder Sitz ungleichmäßig einsetzt (ob beabsichtigt oder ungewollt) oder es geht in die Höhe, wenn der Druck vorne zu groß wird oder der Weg nach hinten versperrt ist. Es kommt also auf die Details der Hilfengebung an.
In der Reining wird grundsätzlich sehr auf den Gehorsam des Pferdes geachtet und der ist natürlich auch im Alltag ein erstrebenswertes Ziel der Ausbildung. Die Grenzen aber zur „Pudel-Dressur“ und zur Vorwegnahme einer Übung (Antizipieren) sind fließend. Gerade beim Rückwärtsrichten, das ja im Alltag auch zur kurzen Korrektur bei „Aufmüpfigkeit“ eingesetzt und darüber hinaus in den Patterns in großer Einförmigkeit verlangt wird, besteht diese Gefahr. Der Reiter sollte also beim Training möglichst frühzeitig und möglichst durchgängig darauf achten, dass diese Übung in jeder Phase unter seiner Kontrolle steht. Zudem sei gerade bei diesem Manöver vor übermäßiger Härte gewarnt: Rückwärts auszuweichen heißt, den überlegenen Rang des Reiters anzuerkennen, ja. Geht aber ein Pferd nicht oder nicht willig rückwärts, darf daraus nicht gefolgert werden, dass es damit automatisch den höheren Rang seines Reiters in Frage stellt – dieser Umkehrschluss ist unzulässig. Es kann eine Vielzahl von Gründen geben, warum ein Pferd nicht oder jetzt gerade nicht rückwärtsgeht. Es ist aber wohl auch dieser Zusammenhang zwischen Back Up und Unterordnung, der gerade bei diesem Manöver manche Reiter zu übermäßiger Härte greifen oder den Back Up zur Bestrafung einsetzen lässt. Gute Reiter tun dies nicht.

Back Up, Tritt für Tritt
Für flüssiges Rückwärtsrichten in guter Haltung braucht es eine entsprechend geeignete Ausgangsposition. Solange das Pferd etwa durch Sperren, Einrollen oder Hochnehmen des Kopfes dem Gebiss ausweicht, wenn es nicht gerade steht oder nicht alle vier Beine gleichmäßig belastet, macht es keinen Sinn – diese ungünstigen Körperhaltungen werden durch ein Back Up nicht korrigiert, sondern meist noch verschlimmert. Das Rückwärtsrichten wird also erst eingeleitet, wenn die Voraussetzungen dafür bestmöglich gegeben sind. Üben lässt es sich aber übrigens auch vom Boden aus. Gerade bei Pferden, die sich mit dem Back Up (noch) schwer tun, kann dies den entscheidenden Durchbruch bringen. Anfangs gilt: Rückwärts gerichtet wird Tritt für Tritt und aus der Ruhe in die Ruhe. Nur so gelingt es, dauerhaft die Kontrolle über jede Phase des Manövers zu behalten. Üben Sie entlang der Rail, beginnend auf der „guten“ Seite Ihres Pferdes – so machen Sie es Ihrem Vierbeiner leichter, wirklich gerade rückwärts zu gehen. Später verlagern Sie Ihre Übungen ins Innere der Bahn, können aber durchaus zu Hilfsmitteln wie etwa Stangen greifen, um Ihre Linie seitlich zu begrenzen. Lernt Ihr Vierbeiner das Manöver zunächst an der Hand, ist der nächste Schritt eine Kombination: Sie sitzen im Sattel, während ein Helfer Ihr Pferd vom Boden aus rückwärtsrichtet. Anfangs können Sie Ihr Pferd unter-stützen, indem Sie ein wenig den Sattel freimachen – es kann so seinen Rücken besser aufwölben und die Hinterhand vermehrt unter den Körper bringen.
Eine gute Übung, mit der Sie die Durchlässigkeit Ihres weiter fortgeschrittenen Pferdes jederzeit überprüfen und auch verbessern können, kommt aus dem Bereich der „Englischreiterei“ und nennt sich „Schaukel“. Dabei wird ein Pferd abwechselnd im Schritt vorwärts geritten und wieder rückwärts gerichtet, mit jeweils unterschiedlicher, flexibler Anzahl von Schritten bzw. Tritten und ohne zwischendurch anzuhalten. Gleichzeitig schauen Sie sich bei dieser Übung quasi selbst auf die Finger, denn der Erfolg ist natürlich von der Präzision Ihrer Hilfen abhängig. Fragen Sie von Anfang an unterschiedlich lange Strecken ab und achten Sie auf ruhiges, aber flüssiges Treten. Erst, wenn dies in guter Haltung gewährleistet ist, darf mehr Speed angestrebt werden. Korrektheit und Willigkeit haben oberste Priorität, Ihr Pferd sollte stets sehr weich am Bit stehen und ohne erkennbare Einwirkung Ihrerseits über die Zügel rückwärts treten, ohne ängstlich zu eilen, aber eben auch ohne zu stocken. Ein Pferd, das aus Verunsicherung oder Angst vor Ihrem Signal davonrennt, hört Ihnen nicht mehr zu. Volkers Trainingstipp, wenn es mal nicht so richtig klappt, kennen wir schon: „In der Ruhe liegt die Kraft. Geduld ist das oberste Gebot“.

Show oder Alltag?
Auf der Show wird das Rückwärtsrichten anhand festgelegter Kriterien beurteilt: Ihr Pferd soll willig, gerade und mit klarem Rhythmus rückwärts treten, wobei es seine Hinterhand erkennbar einsetzt und sauber den Start- und Endpunkt beachtet. Es ist von Anfang bis Ende perfekt in Balance und hält geschlossen an, ohne dass Sie korrigieren müssen. Negativ bewertet wird jede Form von Abwehr – Kopf hochreißen, Ausweichen zur Seite, Maul öffnen – wie auch Mängel in der Hinterhandaktivität, erkennbar an einer schweren Schulter.
Im Alltag erkennen Sie an Anzeichen von Widersetzlichkeit vor allem, dass Ihr Pferd (noch) überfordert ist. Der Blick richtet sich wie so oft auf die Hinterhand: Kann sie mit gebeugten Hanken untergeschoben werden, wird dadurch die Schulter frei, das Pferd vorne leicht und damit nachgiebig in Maul und Genick. Es geht hier auch um Kraft und Gelenkigkeit, nicht nur um Willigkeit – und das braucht Zeit. Beim Training des Back Up, so Volker, braucht es zudem bestimmte Voraussetzungen auf Seiten des Reiters: „Er muss ein gutes Gefühl entwickelt haben. Zum einen muss er fühlen, wieviel er seinem Pferd aktuell abverlangen kann. Es geht aber auch um den Blick nach innen – der Reiter muss fühlen, ob er wirklich völlig in Balance sitzt und wenn nicht, dies ggf. korrigieren können “.
Im Alltag richten Sie Ihr Augenmerk vor allem darauf, dass Ihr Pferd jederzeit beliebig lange Strecken und nicht etwa nur die „Norm“ von drei Metern rückwärtsgehen kann, ohne an Form zu verlieren. Es sollte am Ende der Strecke mit erkennbar tiefer Hinterhand stehen und bereit sein, in jede Richtung und in jeder Gangart zu starten. Dann hat Ihr Back Up seinen eigentlichen Sinn erfüllt: die Hinterhand pferdeschonend zu aktivieren (Ihr Pferd zu versammeln) und sich gleichzeitig ein gutes Mittel zu erarbeiten, um den Hindernissen auf realen oder Show-Trails gewachsen zu sein. Manchmal geht es halt rückwärts besser voran…

Text und Fotos: Angelika Schmelzer