Pferden achtsam begegnen: Ganz im Hier und Jetzt beim Pferd

Wir alle kennen das: Wir kommen gehetzt zum Stall, beantworten beim Putzen mal eben noch eine Nachricht auf dem Smartphone. Mist, schon wieder so spät und dann noch die blöde Zicke mit ihrem Riesen-Quarter in der Halle… „Das wird heute nix“, schießt es uns durch den Kopf und genau so wird’s dann auch. Weil wir uns auf alles, nur nicht auf unser erwartungsvolles AQH konzentriert haben.

Antonia Schwarzkopf hat sich intensiv mit dem Thema Achtsamkeit in Verbindung mit unserem täglichen Zusammensein mit dem Pferd beschäftigt und erläutert, warum diese so wichtig ist im Umgang mit unseren Pferden. Wir können in dieser Hinsicht viel lernen von unseren Pferden, denn sie sind immer ganz und gar, mit allen Sinnen und kompromisslos authentisch. Pferde begegnen dem Menschen ohne Erwartungen und frei von Wertung. Sie ignorieren alle Äußerlichkeiten, die nicht der unmittelbaren Kommunikation dienen.

Pferde sind Meister der Achtsamkeit
Achtsamkeit ist eine Geisteshaltung, die alle Bereiche des Lebens erfassen kann. Sind wir achtsam, so sind wir einfach. Dann akzeptieren wir unsere Gefühle und unser Wesen, unsere Umwelt und unsere Mitmenschen, unsere Pferde und die Dinge, die unser Leben bestimmen.
Pferde sind weder gut noch schlecht, weder richtig noch falsch. Sie sind einfach. Und wir können ihnen mit Freundlichkeit begegnen. Mit hochgesteckten eigenen Erwartungen oder der ständigen Beschäftigung damit, was unsere Stallkollegen von uns denken und halten, machen wir uns das Reiterleben jedoch oftmals schwer. Genuss und Dankbarkeit verabschieden sich aus unserem Gefühlsrepertoire. Was bleibt, ist (latenter) Stress. Und genau den haben wir doch im Alltag oft in ausreichenden Mengen. Bei den Pferden hat er nichts zu suchen.

Stress hat beim Pferd nichts zu suchen
Schon deshalb nicht, weil wir alles zu den Pferden tragen, was wir innerlich mit uns verhandeln – sei es positiv oder negativ. Und welches Pferd soll unsere Sorgen verstehen können? Gerade das ist es doch, was wir so an ihrer Gesellschaft schätzen: Pferde interessieren sich nicht dafür, welche Kleidung wir tragen oder welcher soziale Status uns wichtig ist. Sie interessieren sich nur dafür, ob wir sie fair behandeln, ob wir ihre Bedürfnisse befriedigen, ob wir verlässlich sind und ob sie verstehen können, was wir von ihnen wollen. Denn ist etwas davon nicht der Fall, erzeugen wir bei ihnen Stress. Sicher kennst Du aus eigener Erfahrung Momente, in denen Dir klar geworden ist, wie gut Dich Dein Pferd „lesen“ kann.

Pferde spiegeln unsere Emotionen
Ist es Dir auch schon so ergangen, dass unter den Augen von Zuschauern auf einmal Dinge nicht mehr geklappt haben, die eigentlich sonst glänzend funktionieren? Und warst Du dann verärgert über Dein Pferd? Warum sträubt es sich ausgerechnet heute? Ausgerechnet jetzt, wo jemand einen womöglich kritischen Blick auf euch beide wirft?
Dein Pferd hat Deine eigene Unaufmerksamkeit, Deine
eigene Anspannung und die laut polternden Versagensängste in Deinem Kopf nach außen hin sichtbar gespiegelt. Es verhält sich so, wie es Dich gerade wahrnimmt. Es nimmt Dich so wahr, wie Dein Körper es ausdrückt und Dein Körper drückt aus, was Deine Gefühle und Gedanken ihm diktieren.
Tatsächlich besitzen Pferde – ebenso wie Menschen – so genannte Spiegelneuronen. Diese speziellen Nervenzellen bewirken, dass Pferde und Menschen in Resonanz zueinander treten können. Allerdings arbeiten die Spiegelneuronen ohne unseren bewussten Willen: Sie entschlüsseln die Körpersprache, Gestik und Mimik unseres Gegenübers und lösen dann Gefühle in uns aus – und diese wiederum eine Reaktion. Dein Pferd
reagiert unmittelbar auf das, was Du ihm (unbewusst) körpersprachlich mitteilst. Und das ist nicht immer das, was Dir selbst gerade bewusst ist. Sich seiner Gefühle, seiner Gedanken und dessen, was man körpersprachlich ausdrückt, bewusst zu werden, das ist ein wesentlicher Teil der Achtsamkeitspraxis.


Text: Antonia Schwarzkopf, Foto: Andreas Krappweis

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