Viel mehr als nur langsam reiten!

Western Pleasure

Bei kaum einer Klasse des Westernreitsportes sind die Meinungen so gespalten wie in der Western Pleasure. Ob unsaubere Gänge, zu tiefer Kopf oder andere Kritikpunkte, viel wird kritisiert. Doch was ist wahr an diesen Vorwürfen gegen-über der Disziplin? AQHA-Richterin und Trainerin Stefanie Bubenzer erklärt, was die Disziplin auszeichnet, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat und worauf es im Training der Pferde ankommt.

„Pleasure“ heißt auf Deutsch „Vergnügen“ und genau darum soll es in der Prüfung gehen: Ziel ist es, ein Pferd vorzustellen, auf dem jeder Ritt eine Freude ist. Taktklare, bequeme Pferde, die gut an den Hilfen stehen, sollen in allen drei Grundgangarten am langen Zügel ihre Bewegungen präsentieren. Die Beschreibung der Disziplin sollte kaum Anlass bieten, etwas Negatives zu finden. Dennoch sieht die Realität in der gesamten Reitsportszene leider häufig anders aus. Keine Klasse sorgte in der Vergangenheit so zuverlässig für hitzige Diskussionen wie die Western Pleasure.

Forward Motion statt Peanut-Roller

Zuerst war es die „Peanut-Roller“-Halshaltung, darauf folgte eine kaum zu übertreffende Zelebrierung der Langsamkeit und am Ende liefen die Pferde seitwärts auf drei Hufschlägen gleichzeitig. Die im Regelbuch geforderte „forward motion“ fand auf den Turnieren keine Beachtung mehr. Ihren Höhepunkt hatten die Vorwürfe gegen die Disziplin 2015 erreicht, als nach der Veröffentlichung diverser Videos vom American Quarter Horse Congress auf großen Social Media-Plattformen unschöne Beispiele in den Fokus gerieten. Zu behaupten, die Western Pleasure wäre seit Anbeginn der Zeitrechnung eine durchweg pferdefreundliche und vor Positivität überschäumende Disziplin wäre demnach offensichtlich falsch.
Gleichzeitig kann das wohl kaum eine Reitsportdisziplin von sich behaupten. Doch das soll die Probleme nicht klein reden. Auch heute gerät die Disziplin des Öfteren in Verruf. Kritiker finden immer wieder eine Klasse, in der ein nicht so schöner Ritt mit einer blauen Schleife geehrt wird. Dabei würde jedoch laut Bubenzer vergessen, dass dies in jeder Disziplin vorkommt. Das sei auch normal, da nicht jede Klasse ausschließlich perfekte, fehlerfreie Ritte zeigen könne.
„Ein Problem in der Außenwirkung der Pleasure ist in diesem Fall, dass es keine Score-Sheets gibt, die sich Reiter und Zuschauer nach der Prüfung anschauen können“, bedauert Bubenzer. Auch in einer schwachen Klasse muss es am Ende einen Gewinner geben. Wenn dies im Trail passiert, sieht man am Score-Sheet, dass der Ritt zwar keine Glanzleistung war, die anderen Pferd-Reiter-Paare jedoch noch schlechter performt haben. So transparent ist die Bewertung in einer Pleasure-Klasse jedoch nicht. Am Ende könnten die Richter nur das bewerten, was ihnen gezeigt würde. „Das einzige, was man als Richter in so einem Fall machen kann, ist, nach der Prüfung mit den Reitern zu sprechen und ihnen ihre Fehler aufzuzeigen. Während der Ritte ist dies jedoch, wie in allen anderen Disziplinen, nicht möglich“, erklärt die Richterin.

Eine Western Pleasure verlangt weder Trab noch Galopp

Dennoch zeigt die Entwicklung der letzten Jahre: Die Klasse hat ihre schlechte Reputation nicht mehr verdient. Es hat sich viel getan. Die Aussage „der Langsamste gewinnt“ ist längst überholt und die Richter legen großen Wert auf taktreine Gänge und eine korrekte Oberlinie. Insbesondere auf den großen Shows in Aachen und Kreuth, die für die Turnierszene wegweisend sind, sieht man weder Peanut-Roller noch Seitwärts-Läufer platziert. Trotzdem sollte man keinen falschen Anspruch an die Disziplin erheben. „Das Problem ist, dass wir in Deutschland grundsätzlich versuchen, die Gänge der Pleasurepferde anhand der gleichen Kriterien zu bewerten wie die der Dressur- und Springpferde. Das ist aber in etwa so, als würde man versuchen, den Tölt eines Islandpferdes anhand der Kriterien für eine gute dressurmäßige Trabverstärkung zu bewerten“, so Bubenzer. Die Aussage der erfahrenen Richterin und Trainerin zeigt, dass ein Jog kein Trab und ein Lope kein Galopp im herkömmlichen Verständnis ist. Das müsse unbedingt verinnerlicht werden, bevor man sich eine Pleasure-Klasse anschaut und bewertet. Ohne diese Erkenntnis vergleicht man Äpfel mit Birnen. Ein Jog hat per Definition keinen großen Raumgriff und benötigt somit auch nicht zwangsläufig eine Schwebephase. Ein Lope muss ein Dreitakt sein und sauber durchgesprungen werden. Trotzdem sieht er anders aus als ein Galopp. Das sind keine Taktfehler. Am Ende kommt es darauf an, ob etwas dem Pferd schadet oder nicht. Bei korrekt ausgeführten Pleasuregängen ist das nicht der Fall. Im Gegenteil erklärt Bubenzer: „Die Pferde, die exzellente Gänge in der Klasse zeigen, sind sehr ausbalanciert. Damit sie überhaupt in der Lage dazu sind, müssen sie ein hervorragendes Exterieur mitbringen, eine gute Oberlinie vorweisen und im Rücken mitschwingen. Das sind jahrzehntelange Zuchtziele, die in den heutigen Pleasurepferden ihren Erfolg finden.“
Problematisch wird es für die Pferde demnach nur, wenn sie Takt- oder Haltungsfehler vorweisen. Das ist aber kein Problem, dessen Ursprung ausschließlich in großer Langsamkeit liegt. Es gibt Pferde, die auch im hohen Tempo zu einem Viertakt im Galopp neigen. Dazu bedarf es keiner Western Pleasure. Genauso, wie es nicht nur disziplin-, sondern reitweisenübergreifend Pferde gibt, die unter dem Reiter ihren Rücken wegdrücken oder auf der Vorhand laufen. Das schadet den Pferden extrem und sollte durch zielgerichtetes Training unbedingt verhindert werden. Sehr gute Pleasuregänge, auch in langsamer Abfolge, können diese Probleme per Definition nicht vorweisen. Für eine extrem langsame Schrittfolge muss das Pferd eine große Last in der Hinterhand aufnehmen und leicht in der Schulter sein. Das ist das Ziel in der Western Pleasure. Ein langsamer Rhythmus bei gleichzeitig erhaltener Bewegungsqualität weist einen höheren Schwierigkeitsgrad auf und ist laut Regelbuch gewünscht.
Das erklärt zum einen, wie es dazu kommen konnte, dass die Langsamkeit der Bewegung ad absurdum geführt wurde. Zum anderen bedeutet es aber auch, dass die stumpfe Beschleunigung der Gänge nicht zielführend ist. Wer also glaubt, dass er sein Pferd am langen Zügel erfolgreich durch die Prüfung rennen lassen kann, irrt. Die Western Pleasure ist mehr denn je eine hoch anspruchsvolle Disziplin, die viel Training erfordert.

Training für die Pleasure

„Es gibt drei Hauptkriterien, nach denen beim Richten bewertet wird. An denen sollte man sich auch im Training orientieren, “ erklärt Bubenzer. Es geht um „Korrektheit, Qualität, Schwierigkeitsgrad“.
Die Korrektheit fragt zunächst ab, ob die Gangart taktrein ist. Außerdem dürfen keine…

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Text: Ally Hochstädt, Foto: Luxcompany