A Perfect Pattern

Scoring kurz erklärt

Die den meisten Westernreitern als Königsdisziplin geläufige Reining ist eigentlich kein großes Ding, könnte man bzw. der Laie meinen: drei, vier Minuten – Einreiten, Pattern absolvieren, und das in immer wiederkehrenden Manövern – und fertig. Aber: Jeder, der einmal im Sattel eines Reiningpferdes saß und sich versuchen durfte, weiß, wieviel Können und Sensibilität seitens des American Quarter Horse und seines Reiters notwendig sind, um eine perfekte Pattern zu reiten.

Denn: Zwischen dem Einreiten und dem letzten Manöver – in der Regel ein spektakulärer Stop – liegen lange Minuten, in denen so einiges gut, aber ebenso leicht schief gehen kann. Nur gewissenhaftes Training und ein perfektes Miteinander garantieren, dass aus der „70“ auf dem Score-Sheet, mit der jeder Reiter startet, mehr und nicht etwa weniger wird.
Die anfängliche „70“ als Ausgangswert steht laut NRHA Regelbuch für eine „durchschnittliche Ausführung“. Die einzelnen Manöver werden dann während des Rittes je nach Qualität jeweils mit Plus- oder Minuspunkten in ½-Punkteschritten bewertet (max. + 1,5 bzw. – 1,5). Wird ein Manöver ohne besonderen Schwierigkeitsgrad korrekt geritten, gibt es 0 Punkte, also eine neutrale Wertung, was bedeutet: Manöver durchschnittlich gut gelungen.
Zudem können zusätzliche „Penalties“ (Strafpunkte) zu Buche schlagen; größere Patzer – zum Beispiel, wenn das Pferd buckelt, austritt, steigt oder gar bockt – werden sogar mit satten fünf Punkten Abzug bestraft. Am Ende werden Plus- und Minuspunkte auf die „70“ verrechnet und ergeben das Endergebnis, den „Score“.

Klares Regelwerk

Übrigens: Im NRHA Regelbuch ist exakt aufgelistet, welche Fehler mit welchen Abzügen bewertet werden und wofür es die begehrten Pluspunkte gibt. Und an dieses Regelwerk hat sich jeder Richter ohne Wenn und Aber zu halten. So soll eine möglichst hohe Konstanz, aber auch Transparenz in der Bewertung aller Reiningshows garantiert werden.
Ganz klar heißt es: „Jede eigenmächtige Bewegung (des Pferdes, Anmerkung der Redaktion) wird als mangelhafte Kontrolle ausgelegt. Alle Abweichungen von der exakt vorgeschriebenen Aufgabe bedeuten ein Fehlen oder vorübergehenden Verlust der Kontrolle und gelten deshalb als Fehler, welcher abhängig vom Grad der Abweichung bestraft wird.“ Dafür gibt es Abzüge.
Im Gegenzug führen „Weichheit, Eleganz, Haltung, Schnelligkeit und die Art, die verschiedenen Manöver auszuführen“ zu den begehrten Pluspunkten.

„Willingly guided“

Das ist das Stichwort, wenn es um die Präsentation des Pferdes geht: Reining soll – und so betont es auch das Regelbuch der National Reining Horse Association – leicht und mühelos aussehen. Das Pferd soll perfekt an den Hilfen stehen und „willingly“, also gerne und fleißig unter seinem Reiter arbeiten, auf kleinste Hilfengebung reagieren. Der Reiter zeigt seinem Pferd den Weg und ist in der Lage, jede Bewegung des Pferdes jederzeit zu kontrollieren. Das geht nur mit einem vertrauensvollen Miteinander und Pferd-Reiter-Teams, bei denen es anders ist, werden nie an einen top Score herankommen. In solchen Fällen wird irgendeines der sieben Manöver in der Pattern – von denen mittlerweile im 2020-er Regelbuch der NRHA Germany inklusive der Youth-Pattern 18 zur Auswahl stehen – offenlegen, dass es bezüglich Perfektion und Harmonie noch Nachholbedarf gibt. Und die Richter werden es sehen.

Tempo, Tempo, Tempo?

Für Außenstehende, selbst erfahrene Reiter aus anderen Lagern, sieht es häufig danach aus, dass eine Reining sich im Wesentlichen aus einer Abfolge von temporeich gerittenen Zirkeln, rasanten Wendungen und harten Stops zusammensetzt. Wir Westernreiter im Allgemeinen und die Reiningreiter im Besonderen wissen, dass dem nicht so ist, denn Perfektion in den Manövern kommt vor Tempo.
Reiningreiter, die mit ihrem Vierbeiner eine perfekte Einheit bilden, können sich spektakuläres Tempo und damit ein gewisses Risiko erlauben, für alle anderen gilt: Tempo raus und auf korrektes Reiten Wert legen, um nicht im Punkte-Minus unterzugehen oder gar mit einem 0-ler Score oder einer Disqualifikation aus-zureiten. Während es für eine Disqualifikation („No Score“) schon wirklich schwere Verstöße sind, die den Reiter aus der Arena katapultieren, braucht es für den 0-ler Score gar nicht so viel: Bereits ein Spin zu viel reicht und man fliegt aus der Wertung bzw. kann nicht mehr platziert werden. Heißt: Jeder Fehler in der Ausführung der Pattern ist nicht wieder gutzumachen! Der Unterschied zwischen einem 0-ler Score und einem No Score besteht darin, dass der Reiter mit der „0“ im Falle von mehreren Go Rounds in der nächsten Prüfung starten darf und noch im Rennen ist.

Einfach mal reinschauen

Wer sich einmal genauer mit dem Regelwerk der Reining beschäftigt, merkt ganz schnell, warum die Reining als die Königsdisziplin des Westernreitens gilt, denn neben den anspruchsvollen und perfekt auszuführenden Manövern gibt es eine Vielzahl von Stolpersteinen auf dem Weg zum Siegertreppchen. Eine Lektüre des NRHA Regelbuches beispielsweise klärt nicht nur ausführlich über das Wertungssystem für die Reining auf, sondern erläutert auch klar die Grundsätze des Reiningreitens selbst.
Für ambitionierte Reiter und ihre AQHs gilt deshalb, dass ein Blick in die Regelwerke durchaus Anregung für das eigene reiterliche Verhalten wie aber auch für das tägliche Training sein kann. Und plötzlich macht das Arbeiten an den einzelnen Manövern bis zur harmonische Perfektion mit dem Pferd noch viel mehr Spaß…

Text: Friederike Fritz (Quelle Regelbuch der NRHA Germany 2020) Foto: Luxcompany