Vor der Geburt

Der Abfohltermin rückt näher

Da steht sie, die hochträchtige Stute. Nur noch wenige Tage, dann steht auch das American Quarter Horse Fohlen auf wackeligen Beinen im Stall. Die letzten Tage vor der Fohlengeburt sind wohl die längsten im Leben eines Pferdezüchters. Aber es gibt ja noch ein bisschen was zu tun…

Rund elf Monate bzw. 335 Tage beträgt die normale Trächtigkeitsdauer bei Pferden. Aber natürlich halten sich Fohlen nicht an Zahlen, sondern kommen mal früher, mal später zur Welt. Abweichungen von einigen Wochen – für Menschen fast undenkbar – sind keine Seltenheit. Wann „es“ soweit ist, können selbst erfahrene Züchter nur selten genau voraussagen oder im Voraus an bestimmten Zeichen erkennen.
Eines aber bestätigen alle Züchter: Die meisten Stuten „warten“, bis um sie herum kein Trubel mehr herrscht und kein ungewohntes Gesicht mehr über die Boxenwand schaut. Für das Fluchttier Pferd hat Mutter Natur eingerichtet, dass die Stute die Geburt so lange hinauszögern kann, bis sie sich absolut sicher fühlt. Erfahrene Züchter bestätigen, dass die meisten der Fohlen zwischen der abendlichen Fütterungszeit und dem frühen Morgen zur Welt kommen.

Gut vorbereitet ins Abenteuer Fohlengeburt

In der modernen American Quarter Horse-Zucht gebären die meisten Stuten zumindest im Frühjahr, wenn die Nächte noch kühl werden können, ihr Fohlen in der gewohnten Box. Auch später im Jahr sind Weidegeburten heutzutage eher zufällig und meist von den Züchtern nicht gewollt, da sie immer ein größeres Risiko bergen als die Geburt im Stall und unter Beobachtung des Züchters. Ratsam ist, die tragenden Stuten schon einige Wochen zuvor in eine größere Abfohlbox umzustallen, die mindestens 20 qm misst. Auf diese Weise kann sich nicht nur die Stute selbst, sondern auch ihr Immunsystem auf die neue Umgebung einstellen.
Die Abfohlbox sollte die Zeit kurz vor dem errechneten Termin besonders penibel gemistet und dick eingestreut werden. Das Fohlen kommt ohne ausgereiftes Immunsystem auf die Welt, Hygiene spielt in der Abfohlbox also eine wichtige Rolle!
Als obere Schicht wird immer hochwertiges Stroh gewählt, untendrunter kann eine saugfähigere Schicht moderner Einstreu ausgebracht werden. Diese Kombination ist ausreichend warm für das Neugeborene und zudem feuchtigkeitsabsorbierend und rutschfest. Es versteht sich von selbst, dass Urinstellen täglich und Kothäufen mehrmals täglich entfernt werden.
Sollte die Stute noch Eisen tragen, werden diese beim Einzug in die Abfohlbox abgenommen, um die Verletzungsgefahr für das Fohlen zu minimieren.
Übrigens: Junge, erstgebärende Stuten können beim Berühren am Bauch recht zickig sein. Es ist bei solch sensiblen Erstgebärenden deshalb sinnvoll, sie an Berührungen am Gesäuge zu gewöhnen und diese schon lange vor der Geburt in die tägliche Putzroutine einzubauen. So sollte es für das Fohlen dann keine Probleme geben, an die heiß begehrte Milch zu gelangen.

Gut gewappnet

Nicht erst im letzten Moment, sondern bereits einige Wochen, spätestens Tage vor dem Termin bereitet sich der verantwortungsvolle AQH-Züchter auf den großen Tag vor. Die Telefonnummer des gewohnten Tierarztes, aber auch eventueller Helfer und der Kontakt zu einer Stelle, die Ammenstuten und Waisenfohlen vermittelt, gehören nicht nur ins Mobiltelefon gespeichert, sondern gut sichtbar im Stall oder die „Geburtskiste“ platziert. Wenn alles ganz schnell gehen muss, sind die Nummern für jeden jederzeit griffbereit.

Die Geburtskiste

Nein, für eine Fohlengeburt braucht es keinen voll ausgestatteten OP, aber einige Dinge sollten parat stehen. Dazu gehören:
• Saubere Eimer,
• warmes Wasser, Seife,
• Handtücher,
• Abschwitzdecke für die Stute
• Schweifbandage für die Stute,
• Schere, Einmalhandschuhe,
• Jod-Tinktur/Desinfektionsspray (neu bzw. nicht steinalt und verklebt),
• eine Nabelbinde
• sterile Kompressen,
• ein Klistier (falls das Fohlen das Darm-pech, den ersten Stuhlgang, einhält),
• ein Spray zur Atemstimulanz, das dem Fohlen bei Komplikationen die Atmung erleichtert und eine
• Notpackung Fohlenmilch inklusive Flasche und Sauger, falls die Stute das Fohlen nicht saugen lässt oder gar verstirbt.

Es geht los…

Der lang ersehnte Termin rückt näher? Dann beginnt der Züchter, seine Stute zu überwachen – aber bitte möglichst unauffällig, sonst könnte die Warterei lange dauern, siehe oben. Rein äußerlich kündigt sich bei vielen Stuten gut sichtbar das bevorstehende Ereignis bereits einige Tage vorher an: Das Gesäuge wird prall und füllt sich mit Milch, später können sich die so genannten Harztropfen an den Zitzen bilden. Die Bänder geben noch einmal kräftig nach, es sieht aus, als habe sich der Bauch erneut gesenkt und die Flanken der Stute wirken eingefallen. Zudem kann die Scheide sich röten und anschwellen.
Unmittelbare Zeichen, dass es losgeht, sind Unruhe, Scharren, häufiges Ablegen und wieder Aufstehen sowie Schwanken in der Bewegung. Beginnt die Stute dann noch zu schwitzen und sich unruhig immer wieder Richtung Bauch umzusehen, kann es nicht mehr lange dauern…

Text: Friederike Fritz, Foto: Friederike Brallentin