Stumpfe Verletzungen behandeln

Wenn’s knallt

Spätestens im Oktober ziehen die Pferde von der Weide zurück in den Stall. Für die Vierbeiner bedeutet das Aufstallen nach den vielen Monaten im Freien eine große Umstellung, bei der auch Probleme wie akute Verletzungen oft nicht ausbleiben. Worauf Sie achten sollten, damit der Wechsel von Out- nach Indoor problemlos gelingt, verrät Tierärztin und Pferdespezialistin Tina Wassing.

Auch wenn zum Glück die wenigsten Pferde über die Wintermonate reine Boxenhaltung ohne Auslaufmöglichkeit ertragen müssen – das Ende der Weidesaison ist für unsere Pferde mit Entbehrungen verbunden, insbesondere, wenn sie nicht im Offen- oder Aktivstall gehalten werden. Denn Boxenhaltung, auch mit Auslauf, bedeutet im Vergleich zu 24 Stunden Weide immer weniger Bewegungsmöglichkeiten und damit auch für den Bewegungsapparat weniger Reize. „Das hat Auswirkungen auf die Muskulatur und die Sehnen, der Hufmechanismus wird weniger aktiviert und die Gelenke werden weniger mit Nährstoffen versorgt“, erklärt die auf Pferde spezialisierte Tierärztin Tina Wassing aus Ahaus.
Sofern die Pferdeboxen stabil sind und keine Möglichkeit bieten, mit den Hufen, Beinen oder dem Kiefer an Raufen oder Boxengittern hängenzubleiben, steige das Verletzungsrisiko dadurch aber kaum. Anders kann es dagegen auf dem Paddock aussehen: „Neue Gruppenzusammenstellungen in Kombination mit eingeschränktem Platzangebot erhöhen das Risiko von Schlag- und Bissverletzungen“, so die Tierärztin. Aber auch an den Futterplätzen kann es schnell zu Hämatomen und offenen Wunden kommen, wenn es Gerangel um das Heu gibt. Dagegen seien gefürchtete Sehnen- und Bänderverletzungen laut Wassing meist auf unzureichend befestigte Ausläufe mit schlammigen Böden zurückzuführen, auf denen die Pferde schnell ins Rutschen kommen.

Was tun, wenn das Pferd verletzt ist?

Offene Wunden sind für den Besitzer am einfachsten zu erkennen. Bei gedeckten Verletzungen fallen dagegen meist nur Wärme und Schwellung auf, viele Pferde sind an der verletzten Stelle schmerzempfindlich und reagieren entsprechend abwehrend auf Berührung. Je nach Lokalisation und Schwere der Verletzung können sie auch eine akute Lahmheit zeigen. Liegt eine oberflächliche Verletzung vor, sollte diese gesäubert und desinfiziert werden. „Je nach Lage der Verletzung kann das anschließende Anlegen eines Schutzverbandes mit einer desinfizierenden Salbe sinnvoll sein.“ Die Tierärztin empfiehlt dazu eine Creme mit hellem, sulfoniertem Schieferöl, um die Regeneration der geschädigten Haut zu unterstützen. Größere oder tiefere Verletzungen sowie gelenknahe Verletzungen sollten dagegen immer tierärztlich abgeklärt werden. In diesem Fall sollte laut Wassing keine Desinfektion der Wunde erfolgen, solange nicht sicher ist, ob eine Verletzung genäht oder geklammert werden muss. Die Empfehlung der Tierärztin: „Neben der gegebenenfalls notwendigen tierärztlichen Versorgung mit entzündungshemmenden Medikamenten unterstützen lokale Kälteanwendungen und abschwellende, entzündungsregulierende und schmerzlindernde Medikamente, zum Beispiel biologische Tierarzneimittel mit Arnika, Beinwell und Ringelblume oder Arnica D 12 den Heilungsverlauf.“

Entscheidend: Die richtige Gesellschaft!

„Damit sich das Pferd schnell wieder an die Box gewöhnt, sollte es Nachbarn haben, mit denen es sich versteht – ständige Unruhe und Ärger mit dem Boxennachbarn fördert Unarten wie vor die Trennwand treten, aber auch Koppen oder Weben“, so die Pferdespezialistin. Bei der Gruppenzusammenstellung auf dem Paddock sollte ebenfalls auf Verträglichkeit geachtet werden, außerdem sollte eine ausreichende Anzahl an Fressplätzen vorhanden sein, damit es hier möglichst wenige Reibungspunkte gibt. Gut zu wissen: „Manche Pferde profitieren sogar von der Rückzugsmöglichkeit im Stall. Pferde mit Problemen am Bewegungsapparat legen sich oft nicht zum Ruhen auf der Weide hin, was zu einer REM-Schlafstörung mit Niederstürzen führen kann“, erklärt Wassing. Eine ausreichend große und gut eingestreute ruhige Box könne Ruhen im Liegen dann wieder „schmackhaft“ machen.

Text: Lisa Wölfel, Foto: Adrian Bozai