Die Kalifonische Hackamore

Merkmale und Qualität

Die kalifornische Hackamore ist vor allem als traditionelle Zäumung der Vaquero-Reitweise bekannt geworden. Immer häufiger sieht man die gebisslose Zäumung jedoch auch in den Jungpferdeklassen verschiedener Disziplinen und im Freizeitbereich. Kay Wienrich, der sich seit Jahrzehnten mit den traditionellen Zäumungen beschäftigt und diese fachgerecht anwendet, erläutert, worauf bei der Hackamore in Sachen Aussehen und Qualität zu achten ist. 

Tatsächlich existieren viele verschiedene Hackamore-Versionen, dennoch vereint sie größtenteils ihre Konstruktion: Sie besteht meist aus einem geflochtenen Rohhaut- oder Leder-Bosal in Verbindung mit einer zirka sieben Meter langen Mecate (Seil) aus Pferdehaar, aus der die Zügel und das Führseil an das Bosal geknüpft werden, und dem Hanger (Kopfstück).  

Zunächst werden Jungpferde mit einer dickeren, eher steiferen Variante trainiert, die etwas mehr Autorität hat.  

Erst allmählich werden die Pferde auf dünnere und leichtere Hackamores umgestellt. Nach einer fundierten Grundausbildung in dieser Zäumung (die Zeitspanne variiert je nach Pferd und Ausbilder) werden die Pferde dann mit vier Zügeln gearbeitet, sodass eine sogenannte „Two-Rein-Hackamore“ (Bosal und Mecate sind dünner als zu Anfang der Ausbildung) und eine Kandare gleichzeitig zum Einsatz kommen. Allerdings trägt das Pferd anfangs die Kandare nur im Maul, geritten wird es tatsächlich über die Hackamore. Erst wenn eine Gewöhnung an das Gebiss stattgefunden hat, wird das Pferd vermehrt über die Kandare geritten. Wie lange dann diese zweizügelige (Two-Rein) Phase andauert, hängt in erster Linie vom Pferd ab, da der Trainingsfortschritt des Pferdes die Zeitspanne festlegt. Wenn das Pferd solide auf Kandare mitarbeitet, bleiben von der ursprünglichen Hackamore nur noch das Pencil Bosal und ein dünnes Führseil, da ein Bridle Horse nie an den Gebisszügeln geführt wird. 

Ansprüche an die Hackamore bzw. das Bosal

Zur Definition der Kalifornischen Hackamore ist wichtig festzuhalten, dass nur die Kombination aus Pferdehaarzügeln, Bosal und Kopfstück eine Hackamore darstellt. Wer sich nun auf die Suche nach einer geeigneten Hackamore macht, der sieht sich mit sehr vielen Varianten, Formen, Farben und Materialien konfrontiert. Aus meiner Erfahrung heraus muss ich feststellen, dass leider die wenigsten Hackamores, die es von der Stange zu kaufen gibt, tatsächlich den Ansprüchen einer qualitativen Zäumung gerecht werden. So wollen wir im Folgenden zunächst einmal darlegen, welche Qualitätsstandards bzw. -merkmale eine gute Hackamore erfüllen sollte. 

Material

Die meisten Hackamores sind aus geflochtener Rohhaut, manche aus Leder gefertigt. Hackamores, bei denen die Rohhaut um Plastikschläuche geflochten ist oder deren Cores (Seele/Innenaufbau) aus unflexiblen Materialien bestehen, sind zwar billig, aber abzulehnen. Ob eine Hackamore aus Rohhaut oder aus Leder geflochten ist, macht mitunter einen Unterschied. So verwende ich beispielsweise gerne eine mittelsteife Latigo-Hackamore (5/8″) zum Starten junger Pferde, denn Latigo ist bekannt dafür, dass es am Kinn etwas weicher ist. 

Beim Gebrauch einer Hackamore können sich die Cheeks leicht verdrehen, wenn das Hairrope immer am Bosal gelassen wird. Dann heißt es, dass die Hackamore nicht mehr einsetzbar ist, weil die Cheeks nicht genau parallel liegen. Das kann ich so nicht bestätigen, denn bislang hatte ich noch kein Pferd, das sich dadurch irritiert gefühlt hat.  

Ist die Mecate an das Bosal geknüpft, fällt dieser „Twist“ in den Cheeks kaum mehr ins Gewicht. Ich habe einige Hackamores, die diesen „Mangel“ aufweisen und trotzdem hervorragend funktionieren. Dennoch empfehle ich, die Mecate nach Gebrauch immer wieder abzunehmen. Damit bleibt die Form der Hackamore erhalten und das Hairrope bekommt keine unschönen und lästigen Knicke im Bereich, wo es um das Bosal gewickelt wurde. 

Flechtung

Hackamores bzw. Nose Buttons können in unterschiedlicher Stärke geflochten sein. Zwei Hackamores können sich trotz gleicher Stärke (z. B. 1/2″) voneinander unterscheiden.  

So wirkt eine 16-fache Flechtung rauer am Unterkiefer als eine 24-fache, die eine glattere Oberfläche entstehen lässt. Obwohl sie also im Durchmesser gleich sind, sorgt eine Hackamore mit einer gröberen Flechtung für eine stärkere Einwirkung; eine feinere Flechtung ist hingegen weicher.  

Wichtiges Kriterium bei der Auswahl einer Hackamore ist, dass die einzelnen Strings, mit denen die Hackamore geflochten ist, an den Kanten der Haarseite gebrochen (bevelled) sind. Wenn das Bosal durch Schweiß oder Nässe feucht wird, dann gewährleisten die an der Haarseite rechts und links abgekanteten Strings, dass sich diese nach dem Trocknen nicht aufwölben und sich dann wie eine Raspel verhalten.  

Funktionsweise

Die Funktion der Hackamore besteht darin, dass sie beim Nachgeben der Reiterhand in ihre Ausgangsposition zurückfällt und damit Nase und Kinn sofort entlastet werden. Um das zu gewährleisten, muss das Verhältnis von der Länge des Nose Buttons zum Innenmaß des Bosals und zum Gewicht des Heel Knots zusammen mit den Hairrope-Windungen abgestimmt sein. 

Immer wieder individuell entscheiden

Um ein Pferd in der Hackamore auszubilden, ist es sehr wichtig, individuelle Entscheidungen bezüglich dieser zu treffen. So ist es nicht ungewöhnlich, dass ich die Dicke und die Stärke einer Hackamore im Laufe des Trainingsweges mehrfach wechsle (sogar mitunter im vierzehntägigen Rhythmus). Wesentlich dabei ist: Im Zuge des Trainings (bei zunehmender Sensibilität) nehmen die Dicke der Hackamore und die Steifheit graduell ab. 

Zum Starten junger Pferde verzichte ich gerne auf die Nerv Knots an den Seiten des Nose Buttons, denn: Es ist ein wichtiger Punkt in dieser Reitweise, dass wir auch in der Lage sind, eine Stufe höher gehen zu können (z. B. auf ein Bosal mit Nerv Knots und/oder Swelled Nose Button), wenn wir mit einer Hackamore, die wir derzeit verwenden, noch nicht beim Pferd durchkommen.  

Daher ist zu Beginn des Trainings eine besonders weiche Hackamore nicht unbedingt die richtige Wahl. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, dass wir mit einer Hackamore starten, die mehr Autorität hat, wobei diese weniger eingesetzt wird, als mit einer, die weich ist (mit dem Hintergedanken, dem Pferd entgegenzukommen), wir aber dann mehr daran ziehen müssen. Daher sollte zu Beginn zunächst der Griff zu einer tendenziell steiferen Hackamore erfolgen.

Text: Kay Wienrich, Foto: V. Markova