Brennnessel

Brennnesselarten wie die Große Brennnessel (Urtica dioica) oder die Kleine Brennnessel (Urtica urens) sind in Mitteleuropa weit verbreitet. Sie wachsen natürlich wild und gelten als typische Stickstoffanzeiger, werden aber auch zunehmend angebaut und vielfältig genutzt: als Faserpflanze zur Herstellung von Textilstoffen, als Bestandteil von Kosmetika, als Futterpflanze, Lebensmittel und eben auch als Heilpflanze.

Die unscheinbare krautige Pflanze hat es nicht leicht und genießt kein allzu hohes Ansehen: In zahlreichen Arten ist sie zwar fast überall auf der Nordhalbkugel verbreitet, aber nur selten gerne gesehen. Wenn sie nicht gerade Geilstellen besetzt und sich von dort aus, von den Pferden und vielen anderen Weidetieren gemieden, hartnäckig ausbreitet, scheint sie mit Vorliebe im Dickicht zu lauern und sommerlich nackte Knie und Waden aus dem Hinterhalt anzuspringen, um sie mit stark juckenden Quaddeln zu überziehen.

Hm, lecker Brennnesseln!

Da vergisst man leicht, dass die Brennnessel auch ein geschätztes Lebensmittel war und ist. Im Salat, als Spinat, in der Suppe, in Pesto, Pürees oder Polenta, im Käse: In vielen Gebieten ist das unscheinbare „Unkraut“ immer noch – oder wieder – geschätzter Bestandteil der Ernährung. Würzig und aromatisch, dazu reich an wertvollen Inhaltsstoffen bereichert es die Küche. Verwendet werden vor allem Blätter und junge Triebe. Die Brennnesselsamen werden getrocknet und geröstet verzehrt oder zur Gewinnung von Brennnesselsamenöl genutzt.

Alles muss raus!

In der Heilkunde werden vor allem Tees eingesetzt, wobei es beim Menschen wie auch beim Pferd zwei Hauptanwendungsgebiete gibt: Als harntreibendes Pflanze regt die Brennnessel – alles muss raus! – die Ausscheidung über die Nieren an. Ein Brennnesseltee tut also vor allem dann gut, wenn es um eine bessere Nierenfunktion geht, darum, harnpflichtige Stoffe gezielt auszuschwemmen – Stichwort Entschlacken, Entgiften. Zudem werden Brennnesselprodukte äußerlich (nur beim Menschen) wie innerlich auch zur Behandlung der Arthrose und ihrer Folgeerscheinungen eingesetzt. Anscheinend hemmt die Brennnessel die Bildung von Zytokinen. Entzündungen und Schmerzen im Zusammenhang mit arthrotischen Gelenksveränderungen können so gelindert werden.
Je nach Darreichungsform und Produkt werden unterschiedliche Mengen und Anwendungszeiten genannt, häufig ist die Brennnessel auch Teil eines Kräutergemisches.

Frisch gemieden, trocken gesucht

Schaut man über eine abgegraste Pferdeweide, fallen nicht selten mehr oder weniger ausgedehnte Brennnesselhorste auf – die Pflanze mit ihren typischen „Brennhaaren wird im frischen Zustand vom Pferd gemieden. Das ist auch gut so, denn der Brennsaft, der bei Berührung aus den Brennhaaren austritt, hat es in sich – er verursacht stark juckende, brennende Quaddeln auf der Haut. Angewelkt oder getrocknet aber wird die Brennnessel gerne aufgenommen.
Sie liefert dem Pferd viel Eiweiß, dazu einige wichtige Vitamine (A und C) in hoher Konzentration sowie Mengen- und Spurenelemente (vor allem Calcium, Phosphor, Natrium, Eisen, Kalium, Mangan). Kein Grund also, die Brennnessel auf der Pferdeweide zu bekämpfen – mit der Sense abmähen, ein paar Tage liegen lassen, fertig!
Wer Brennnesseln frisch verabreichen möchte, kann sie nach dem Abmähen durchwalken (Nudelholz), was die Nesselhaare unschädlich macht. Ganze Pflanzen lassen sich auch hervorragend trocknen (in Bündeln „kopfüber“ aufhängen), wobei sie ebenfalls ihre „reizende“ Eigenschaft verliert.
Kein Unkraut also, sondern eine wertvolle Heilpflanze.

Text und Foto: Angelika Schmelzer